Nationalrat kleiner? Spindelegger bleibt dabei

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Das Parlament lehnt eine Verkleinerung des Nationalrats von aktuell 183 auf 165 Abgeordnete ab - und erteilt der Regierung damit eine Absage. Widerstand gab es aber nicht nur von den Oppositionsparteien.

Wien. Die verantwortlichen Herren in der Regierung waren mäßig erfreut: Die Entscheidung sei zu akzeptieren, hieß es am Montag aus Werner Faymanns Kanzleramt. Michael Spindelegger will hingegen noch nicht aufgeben: Er werde – aus Gründen der Glaubwürdigkeit – „weiter auf eine Umsetzung der Pläne drängen“, ließ der Vizekanzler der „Presse“ ausrichten.

Was war geschehen? Der Nationalrat wird seine aktuelle Größe – 183 Abgeordnete – auch nach der Wahl 2013 beibehalten. Eine Verkleinerung um zehn Prozent, wie sie die Regierung in ihrem Steuer- und Sparpaket vorgesehen hat, war in der Arbeitsgruppe „Parlamentarismusreform“ nicht mehrheitsfähig. Das Thema sei „abgeschlossen“, stellte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) via „Kurier“ klar.

Theoretisch hätten SPÖ und ÖVP, die im März einen entsprechenden Antrag eingebracht haben, diese Maßnahme mit einfacher Mehrheit durchsetzen können. Praktisch halten es die beiden Klubchefs, Josef Cap und Karlheinz Kopf, für demokratiepolitisch bedenklich, den Nationalrat gegen den Willen der Opposition zu reformieren. Denn FPÖ und Grüne lehnen eine Verkleinerung auf 165 Abgeordnete ab. Dem BZÖ gingen die Pläne nicht weit genug: Es will ein Gremium mit nur 100 Mandataren.

„Parteiübergreifend abgewehrt“

Die Begeisterung hielt sich jedoch auch in den Reihen von SPÖ und ÖVP in Grenzen. Immer wieder hatten sich Abgeordnete – mal öffentlich, meist hinter vorgehaltener Hand – kritisch zum Vorhaben der Regierung geäußert. Den Bedenken verlieh Cap am Montag im ORF-Radio Ausdruck: Die Wähler erwarteten Präsenz in den Wahlkreisen. Außerdem sei die Arbeitsintensität nach dem EU-Beitritt gestiegen. Diese Aufgaben wären mit einer geringeren Zahl von Abgeordneten „nur geringer erfüllbar“, meint der SPÖ-Klubchef. Auch im Büro des Vizekanzlers sucht man die Schuld nicht nur bei den anderen Parteien: Die Klubs hätten das Vorhaben „parteiübergreifend abgewehrt“.

Dementsprechend ist auch eine Verkleinerung des Bundesrats von 62 auf 56 Mandatare hinfällig. Dazu bräuchte es tatsächlich eine Zweidrittelmehrheit, denn die Zahl der Bundesräte ist in der Verfassung festgeschrieben. Ob es andere Änderungen in der Länderkammer geben soll, will man den Bundesländern überlassen. Zur Debatte stand zuletzt der Vorschlag, den Bundesrat mit Landtagsabgeordneten zu beschicken. Doch das gilt derzeit als unwahrscheinlich.

Demokratiereform Anfang 2013

Dafür sind andere Reformen im Parlament geplant. Die Arbeitsgruppe will demnächst ein Paket vorlegen, das Anfang 2013 in Kraft treten soll. Die nächste, möglicherweise finale Sitzung findet am 29. November statt. Unter anderem soll das Persönlichkeitswahlrecht gestärkt werden: Künftig dürften weniger Vorzugsstimmen vonnöten sein, um auf der Wahlliste vorzurücken. Auf eine Zahl hat man sich aber noch nicht verständigt.

Unterstützungserklärungen für ein Volksbegehren sollen ab 2014 auch elektronisch gesammelt werden können – dafür wird ein zentrales Wählerregister geschaffen. Derzeit muss man am Gemeindeamt bzw. am Magistratischen Bezirksamt unterschreiben. Einen Automatismus wird es aber höchstwahrscheinlich nicht geben. Hintergrund: Die ÖVP will, dass Volksbegehren automatisch zu einer Volksabstimmung führen, wenn zehn Prozent der Wahlberechtigten (rund 650.000 Personen) unterschrieben haben. Doch die SPÖ lehnt das ab: Eine solche Praxis würde das Parlament schwächen. Dafür ist man sich einig, dass die Bürgeranfrage eingeführt werden soll. Sprich: In Zukunft sollen nicht nur Abgeordnete Anfragen an Regierungsmitglieder stellen dürfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2012)

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