Sammelklage: Bartenstein lehnt Berger-Vorschlag ab

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Die Pläne von Justizministerin Berger zur Erleichterung von Sammelklagen wurden vom Wirtschaftsministerium kritisiert. Verein für Konsumenteninformation verteidigt den Berger-Entwurf.

Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) lehnt die Pläne von Justizministerin Maria Berger (SPÖ) zur Erleichterung von Sammelklagen ab und schließt sich der Kritik von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung an. Dem Entwurf "kann in der vorgelegten Fassung nicht zugestimmt werden", heißt es in der Begutachtungsstellungnahme des Bartenstein-Ressorts zum Gesetzesentwurf. Verteidigt wird das Vorhaben dagegen vom Verein für Konsumenteninformation (VKI), der sich aber ebenfalls einige Nachbesserungen wünscht.

Aus Sicht des Wirtschaftsministeriums weist der Entwurf zum Gruppenverfahren "etliche Mängel" auf. Von Berger wird daher ein Überblick über die einschlägige Rechtslage in allen EU-Ländern gefordert. Rundweg abgelehnt wird das geplante "Musterverfahren", konkret dessen Herzstück, der Verjährungsverzicht. Dieser würde für beklagte Unternehmen "eine unzumutbare Rechtsunsicherheit" bedeuten, heißt es in der Stellungnahme. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass im Regierungsprogramm kein Musterverfahren vorgesehen ist: "Es darf daher im Sinne des Regierungsprogramms angeregt werden, ebendort vorgesehene und noch nicht erledigte Projekte in Angriff zu nehmen."

Die geplante Ermöglichung von "Gruppenklagen" wird zwar begrüßt, die Berger-Pläne im Detail jedoch abgelehnt. Konkret wünscht sich das Bartenstein-Ministerium eine deutlich höhere Mindestzahl an Klägern (zehn statt drei), die vor Gericht eine deutlich höhere Mindestzahl an Ansprüchen vertreten müssen (100 statt 50). Grund: Das Wirtschaftsministerium wittert Missbrauchsgefahr durch "Keiler", die sich die erforderlichen Ansprüche von den Betroffenen "zur quasi geschäftsmäßigen Ausnutzung des neuen Systems" abtreten lassen könnten.

Außerdem fordert das Wirtschaftsministerium einen Mindeststreitwert von 36.000 Euro zur Vermeidung von "Bagatellklagen". Abgelehnt wird auch der Plan, dass der Beitritt zum Gruppenverfahren ohne Rechtsanwalt möglich sein soll. Außerdem wird die Forderung der Wirtschaft nach einer Art "Prozesskostenvorschuss" für die Gruppenkläger unterstützt. Damit soll vermieden werden, dass ein beklagtes Unternehmen im Fall eines Sieges vor Gericht auf seinen Prozesskosten sitzen bleibt.

"Sehr taugliches Instrumentarium"

Grundsätzlich verteidigt wird der Entwurf vom Verein für Konsumenteninformation, der darin ein "sehr taugliches - wenn auch in einigen wenigen Punkten noch zu optimierendes - Instrumentarium zur künftigen Führung von Massenverfahren" sieht. Schadensfälle der jüngsten Vergangenheit (etwa im Zusammenhang mit Hepatitis C-Infektionen bei der Blutspende) hätten "klare Defizite der österreichischen Zivilverfahrensgesetze" aufgezeigt. Daher brauche es eine "ausdrückliche gesetzliche Regelung" der Sammelklagen.  (APA)

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