Mitarbeiter: Die heimlichen Helfer im Parlament

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Früher war es eine gute Gelegenheit, um als Praktikant Parlamentsluft zu schnuppern. Mittlerweile sind parlamentarische Mitarbeiter für viele zu unverzichtbaren Experten geworden. Abhängig ist dies vom Chef – und vor allem vom Klub.

Es gibt Dinge im Hohen Haus, die schon etwas verwunderlich sind. Dass tatsächlich noch via Rohrpostsystem miteinander kommuniziert wird. Dass es im Keller einen gesponserten Fitnessraum gibt. Oder dass man als parlamentarischer Mitarbeiter gar nicht im Parlament arbeiten muss. Und das Hohe Haus verhältnismäßig selten betritt.

Ulrike Klima, eine dieser Mitarbeiter, sitzt allerdings nur wenige Meter davon entfernt: Im Palais Epstein sind die Assistenten der SPÖ-Abgeordneten untergebracht. In Klimas Büro stapeln sich Aktenordner mit der Aufschrift „Elisabeth Grossmann“ und „Walter Bacher“. Beide Nationalräte haben Klima als Teilzeitkraft unter Vertrag. So kümmert sie sich im Endeffekt Vollzeit um die Anliegen ihrer Chefs. Was sie als parlamentarischer Mitarbeiter allerdings genau macht, ist nicht wirklich bekannt. Denn die Gehilfen arbeiten meistens im Hintergrund.

Insofern war es für ihre Berufsgruppe etwas ungewöhnlich, als sich die Mitarbeiter von SPÖ und ÖVP Anfang der Woche in eigener Sache öffentlich zu Wort meldeten. In einer Aussendung plädierten sie dafür, ihr Gehalt nach oben zu schrauben. Derzeit hat jeder Abgeordnete für die Vergütungen seiner Mitarbeiter rund 3200 Euro brutto zur Verfügung. Zieht man die für den Arbeitgeber anfallenden Lohnkosten und Steuern ab, bleiben netto nur mehr rund 1700 Euro übrig. Außerdem stellen Nationalräte oft zwei Mitarbeiter an – einen im eigenen Wahlkreis, einen in Wien –, die sich das Budget teilen müssen.

Die Entlohnung sei außerdem das letzte Mal im Jahr 2005 erhöht worden, beklagen die Mitarbeiter von SPÖ und ÖVP. Automatische Gehaltsvorrückungen wie Biennalsprünge seien nicht vorgesehen, außerdem handle es sich um All-in-Verträge. Überstunden werden also nicht extra bezahlt.

Abstimmung im Herbst
. Daher fordert die Koalition in einem Initiativantrag im Parlament, die Budgets für Mitarbeiter sowie die Spesenobergrenzen (etwa für Fahrtkosten) ihrer Parlamentarier zu erhöhen. Vor allem Letzteres stieß bei den Oppositionsparteien auf breite Ablehnung. Die Abstimmung soll daher aller Voraussicht nach auf den Herbst verlegt werden.

Die Debatte über die Gehälter bleibt allerdings. Ulrike Klima hat dazu einiges zu sagen. Schließlich arbeitet sie bereits seit 14 Jahren für das Hohe Haus. Aber: „Verhältnismäßig verdiene ich gleich viel wie jemand, der gerade begonnen hat und vielleicht auch keinen Abschluss hat“, sagt sie. Außerdem sei man immer an den Abgeordneten gebunden. Verliert dieser den Job, ist auch der eigene nicht mehr sicher. Das Arbeitsverhältnis ist nämlich an die Person und nicht an Klub oder Partei gebunden.

Trotz allem – die 45-Jährige macht den Job nach eigenen Angaben gern. Warum? „Weil es eine vielfältige Arbeit ist.“ Von inhaltlichen Recherchen über die Beantwortung von Bürgeranfragen bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit sei sie für alles zuständig.

Was sonst noch anfalle, hänge stark vom eigenen Chef ab. „Ist der Abgeordnete neu, muss man sich überlegen, wie man ihn in die Medien bringt. Ist er schon länger dabei und Bereichssprecher, kann man sich in ein Thema stärker einarbeiten.“ Man sei auch eine enge Vertrauensperson des Mandatars. Geschwätzig dürfe man nicht sein.

„Ich sitze im Pool von Glawischnig.“ Was zum Job eines parlamentarischen Mitarbeiters gehört, hängt allerdings nicht nur vom Chef ab. Auch die Klubs behandeln den Umgang mit ihren Angestellten vollkommen unterschiedlich. Und das hat auch Auswirkungen auf das Gehalt.

Bei den Grünen etwa schließen sich Nationalräte in Pools bis zu sieben Abgeordneten zusammen. Diese stellen dann gemeinschaftlich Mitarbeiter an. So gibt es in Summe zwar weniger (persönliche) Assistenten, dafür soll das Personal qualifizierter arbeiten und besser bezahlt werden.

Der 31-jährige Lukas Hammer ist einer davon. Sein Büro ist im Parlamentsklub der Grünen in der Löwelstraße, dort konzentriert sich der Politikwissenschaftler auf sein Fachgebiet: Umweltpolitik. „Ich sitze im Pool von Eva Glawischnig“, wie er es formuliert. Für sie und andere Parlamentarier beantwortet er zwar auch Bürgeranfragen.
Hauptsächlich bereitet er aber Umweltausschüsse vor, analysiert Gesetzesanträge und gibt „seinen“ Abgeordneten Abstimmungsempfehlungen. Das macht ihn eigentlich mehr zum politischen Referenten als zum Mitarbeiter. Die Grenzen zwischen Klub- und Parlamentsarbeit verschwimmen bei den Grünen ganz besonders.

Im Endeffekt macht Hammer also selbst Politik. Nur eben in der zweiten Reihe. Warum eigentlich nicht an vorderster Front? „Das sind ganz andere Karrierewege“, erklärt er. Abgeordneter zu werden sei ein langwieriger Prozess. Zudem würden sie im Rampenlicht stehen – und so Kritik, aber auch Lob ernten. Dass er im Hintergrund arbeite, störe ihn nicht. „Ich habe keine Profilierungsneurose.“ Er wolle genau diesen Job. „Das ist kein Zwischenschritt in Richtung Kabinett.“

Managerjob
. Therese Kaiser sieht die Sache etwas anders. Sie könne sich gut vorstellen, später selbst in die Politik einzusteigen – also in die erste Reihe. Ein primäres Ziel sei dies jetzt aber nicht. Die 25-Jährige ist Mitarbeiterin von Neos-Mann Rainer Hable. Jetzt sei es ihre Aufgabe, „einen Parlamentarier zu managen“. Dafür brauche man ein breites Basiswissen über das politische System, aber auch „gute Kommunikations-Skills“. Mit dem Gehalt sei sie „sehr zufrieden“, sie habe aber natürlich nichts gegen Gehaltserhöhungen.

Die Neos haben allerdings auch einen Weg gefunden, ihren Mitarbeitern mehr zu bezahlen: Der Abgeordnete nutzt den eigenen Spesentopf, um das Budget des Mitarbeiters zu verbessern. Die eigentlichen Kosten werden wiederum zum Teil vom Klub bezahlt.

Man muss also nur kreativ sein. Eine weitere Fähigkeit, die man in der Politik braucht.

In Zahlen

260 Mitarbeiter arbeiten etwa für die 183 Nationalratsabgeordneten. Die Mitglieder des Bundesrates bekommen kein Budget für Assistenzkräfte.

1700 Euro netto sind für die Entlohnung der Mitarbeiter vorgesehen.

1992 war das Jahr, in dem die Regelung für solche Gehilfen eingeführt wurde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2014)

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