Blasphemie: Justizminister will weiter strafen

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Während SPÖ-Justizsprecher Jarolim es für überholt hält, die Verspottung von Religionen zu ahnden, möchte Brandstetter die Norm behalten.

Wien. „Meiner Meinung nach gehört er weg:“. Das sagt SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim zu § 188 des Strafgesetzbuchs (StGB), der für die Herabwürdigung religiöser Lehren bis zu sechs Monaten Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen vorsieht. Im Sinn der Trennung von Staat und Religion solle man hier „einen klaren Schritt machen“, sagt Jarolim im Gespräch mit der „Presse“. Wobei er betont, dass der Vorstoß seine persönliche Ansicht sei und noch nicht mit der Partei abgesprochen.

Das Thema Meinungsfreiheit war nach dem Pariser Anschlag auf die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ wegen deren islamkritischer Karikaturen in die Diskussion geraten. In Österreich wird die Meinungsfreiheit etwa durch § 188 StGB begrenzt. Am Sonntag hatte bereits Neos-Chef Matthias Strolz die Abschaffung des sogenannten Blasphemie-Paragrafen erwogen. „Ich persönlich kann mir das vorstellen“, sagte Strolz in der ORF-„Pressestunde“. Denn „auch wenn mir die Mohammed-Karikaturen nicht gefallen, die zu den Anschlägen geführt haben – so etwas muss möglich sein“, erklärte Strolz. Man solle daher „nach einer Abkühlungsphase“ über eine Novelle diskutieren.

Für Justizminister Wolfgang Brandstetter kommt eine Abschaffung der Norm hingegen nicht infrage. Die Expertengruppe zur Reform des Strafgesetzbuchs habe sich für die Beibehaltung des Paragrafen ausgesprochen. Und diese Position sei auch „die persönliche Meinung“ Brandstetters, erklärte seine Sprecherin der „Presse“.

„Schutzobjekt ist nicht Gott“

Bestraft wird laut § 188 StGB, wer eine Person oder eine Sache, die von einer Kirche oder Religionsgesellschaft verehrt wird, „unter Umständen herabwürdigt oder verspottet, unter denen sein Verhalten geeignet ist, berechtigtes Ärgernis zu erregen“. Das Verbot gilt auch, wenn es um einen Brauch oder die Einrichtung einer Religion geht.

Karikaturen, aber auch Filme oder Texte können gegen die Norm verstoßen. Schutzobjekt der Bestimmung ist laut der Judikatur freilich „nicht Gott, die Heiligen oder die Religion als solche, vielmehr ausschließlich der religiöse Friede“, erklärte das Oberlandesgericht Wien in einer Entscheidung im Jahr 1995.

Geschützt sind laut einem älteren Urteil sowohl „das Papsttum in seiner Gesamtheit als auch die Päpste im einzelnen, ebenso auch päpstliche Enzykliken“. Wobei für die Strafbarkeit nötig ist, dass die Herabwürdigung zumindest mittelbar auf das Amt des Papstes als solches und nicht bloß auf den Amtsinhaber abzieht. Die Freiheit der Kunst jedenfalls sei „kein Freibrief für eine öffentliche Verspottung oder Herabwürdigung religiöser Lehren“, wie das Oberlandesgericht Innsbruck einmal festhielt.

„Schwert des Strafrechts“ unnötig?

Richard Soyer, Sprecher der Vereinigung der Strafverteidiger und Universitätsprofessor, hält den Blasphemie-Paragrafen – seiner persönlichen Meinung nach – für überholt. „Der gesellschaftliche Störwert ist nicht so groß, dass man mit dem Schwert des Strafrechts vorgehen muss“, sagt Soyer. Er bedauert generell, dass im Zuge der für heuer geplanten Strafrechtsreform nicht mehr überholte Normen aus dem Gesetz gestrichen werden sollen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2015)

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