Riskante Veranlagung: Niederösterreich spekuliert weiter

(c) Michaela Bruckberger
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Landeshauptmann-Vize Wolfgang Sobotka (ÖVP) verteidigt im Interview mit der "Presse" die riskanten Veranlagungen des Landes. Ein Ausstieg sei kein Thema.

Die Presse: Es heißt, Sie seien – „Landesfrisur“ inklusive – prädestiniert, Niederösterreichs nächster Landeshauptmann zu werden...


Wolfgang Sobotka:
Die Diskussion stellt sich nicht. Wenn man in der Politik mit Überlegungen anfängt, wohin man kommen könnte, steht man schon auf verlorenem Posten.


Unter Ihnen hat seit 2002 das Land 4,4 Milliarden Euro, der Großteil aus verkauften Darlehensforderungen, veranlagt. Wie viel ist davon übrig?


Sobotka: Der Buchwert steht bei 3,6 Milliarden, das ist aber die falsche Frage. Die Frage ist, wie viel ist der Ertrag: Bisher ist über eine Milliarde in das Landesbudget geflossen. Ohne die Veranlagungsgewinne hätten wir viele Maßnahmen – von der 24-Stunden-Pflege bis zur Senkung der Klassenschülerhöchstzahl auf 25 – nicht finanzieren können. Auch 2009 und 2010 werden die Veranlagungen Erträgnisse abwerfen.


Das heißt, mit 4,4 Milliarden Euro wurde in sieben Jahren ein Nettoplus von 200 Millionen erwirtschaftet. Hätte man nicht mehr davon gehabt, die Darlehensrückzahlung weiterlaufen zu lassen, anstatt sie zu verkaufen?


Sobotka: Nein, wir hätten aufgrund der niedrigen Zinsen einen hohen Wertverlust durch die Inflation erlitten, daher war die Kapitalisierung notwendig. Der Finanzminister hat 2000 aufgrund der Maastricht-Kriterien vorgeschrieben, die Wohnbauförderungsdarlehen besser einzusetzen, ansonsten würden sie überhaupt gestrichen. In dieser Situation haben wir uns für die Veranlagung entschlossen – ich würde das heute genau so wieder machen.


Glauben Sie, dass der Buchwert in den nächsten Jahren wieder auf die 4,4 Milliarden zurücksteigen wird?
Sobotka: Wir gehen davon aus, es wird aber länger dauern. Ein Ausstieg ist aber kein Thema. Die Veranlagungen waren sehr, sehr erfolgreich, wir haben dem Land damit viel Spielraum verschafft. Man darf eine langfristige Veranlagung nicht vom Buchwert eines Tages aus beurteilen – die Frage muss lauten: Ist das Investment in der Lage, jährlich eine Ausschüttung zu tätigen? Und das ist unser Ziel.


Ist es überhaupt legitim, öffentliche Gelder mit einem solchen Risiko zu veranlagen, dass so hohe Verluste möglich werden?


Sobotka: Zu der Frage haben wir vorab ein Rechtsgutachten eingeholt: Es ist zulässig. Außerdem haben wir einen Zinssatz von sechs Prozent 2002 noch für konservativ gehalten und uns danach orientiert. Uns war dabei aber klar, dass es auch bei diesem Ziel eine Schwankungsbreite von zehn Prozent nach oben und 16 Prozent nach unten gibt – in diesem Spread bewegen wir uns noch immer, obwohl inzwischen eine gewaltige Finanzkrise stattgefunden hat. Wir haben nie hoch spekulativ gearbeitet, aber in einem Fonds sind natürlich auch Aktien.


Die Opposition kritisiert, dass sie keinen Einblick in die Fonds hat.


Sobotka: Die Opposition war von Anfang an in die Veranlagungen eingebunden – es sitzt sowohl im Aufsichtsrat der Trägergesellschaft Fibeg ein Vertreter der SPÖ als auch im Beirat. Die einzelnen Titel in den Fonds kann man nicht bekannt geben, das ist das Geheimnis der Fondsmanager – dieses Know-how kaufen wir zu – die strategische Steuerung bleibt aber bei uns.


Der Landesrechnungshof wirft Ihnen unter anderem vor, dass Sie 2,5 Millionen Euro Förderungen ohne Landtagsbeschluss gewährt haben...


Sobotka: Wir haben diesen Beschluss damals wie zig andere getroffen, bei denen die Vergabe in den Erläuterungen genehmigt worden ist. Diese 16-jährige Praxis bezeichnet der Landesrechnungshof jetzt als falsch, sie ist nachträglich zu einem Formfehler geworden. Die Kritik setzen wir in allen neuen Beschlüssen um. Dass hier aus einer Mücke ein Elefant gemacht wird, liegt daran, dass die SPÖ nach ihrer Niederlage im Vorjahr in eine Oppositionsrolle zu finden versucht.


Haben Sie angesichts der Kritik der vergangenen Wochen – alle anderen Parteien fordern Ihren Rücktritt, die FPÖ bezeichnete Sie als „Triebtäter“ – daran gedacht, zurückzutreten?


Sobotka: Nein, nie. Wenn man überzeugt ist, positiv für die Menschen zu gestalten, darf man einer Spezies wie Strache oder Waldhäusl (FPNÖ-Klubobmann Gottfried, Anm.) und Co. nicht das Feld überlassen: Man muss dem mit Ruhe und Besonnenheit entgegenhalten – auch wenn man damit nicht immer durchkommt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2009)

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