"Irrsinnig schwer umzusetzen": Mitterlehner erteilt Kern Abfuhren

Bei Claudia Reiterer ''Im Zentrum'' diskutieren: Peter Kaiser, Heinz Christian Strache, Reinhold Mitterlehner und Margit Schratzenstaller
Bei Claudia Reiterer ''Im Zentrum'' diskutieren: Peter Kaiser, Heinz Christian Strache, Reinhold Mitterlehner und Margit Schratzenstaller(c) APA/ORF
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Der Vizekanzler kritisiert zahlreiche Punkte von Kanzler Kerns "Plan A" und besteht auf der Reduktion der Asyl-Obergrenze. Mit dem Wort Neustart kann er "mich nicht mehr anfreunden".

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner bremst bei diversen Vorhaben, die Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) zuletzt in seinem "Plan A" vorgelegt hat. So zeigte sich der Ã–VP-Bundesparteiobmann am Sonntagabend in der ORF-Sendung "Im Zentrum" äußert skeptisch gegenüber einer Wahlfreiheit in Sachen Arbeitszeit sowie einer Einschränkung der Personenfreizügigkeit am (EU-)Arbeitsmarkt. Auch einen gesetzlichen Mindestlohn in der Höhe von 1500 Euro lehnte er ab. Würde man einen solchen festlegen, müsste man auch ein Mindest-Wirtschaftswachstum festlegen können, ätzte Mitterlehner. Selbst ÖGB-Präsident Erich Foglar habe gesagt, "Hände weg von den Kollektivverträgen", betonte Mitterlehner. Er selbst sei ebenfalls der Meinung, dass diese Frage bei den Sozialpartnern besser aufgehoben sei.

Ein wenig besser sah es in Sachen Arbeitszeitflexibilisierung aus. Hier hoffte der ÖVP-Obmann immerhin, dass man sich in der Koalition treffen kann. Eine Schwierigkeit ortete Mitterlehner allerdings darin, dass die SPÖ auf ein Recht der Arbeitnehmer drängt, je nach Bedarf Teil- oder Vollzeit zu arbeiten. Dies wäre in kleinen Betrieben "irrsinnig schwer umzusetzen". Nämliches gilt für das SPÖ-Vorhaben, Arbeitnehmer aus ärmeren EU-Ländern nicht mehr in Branchen mit hoher Arbeitslosigkeit zuzulassen. Er wolle nicht nur abblocken, aber es handle sich um eine schwierige Angelegenheit, so Mitterlehner. Denn es sei relativ unrealistisch, "dass wir die Zustimmung der anderen EU-Länder kriegen".

Letzteres gab auch Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) als Vertreter Kerns zu. Dennoch will er nicht locker lassen. Denn man nehme Ungarn Arbeitslosigkeit ab und gleichzeitig betreibe das Nachbarland Steuerdumping für Betriebe.

Der ebenfalls in die Sendung geladene FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache argumentierte, dass durch die Arbeitnehmerfreizügigkeit den osteuropäischen Ländern "Entwicklungskapazität" genommen werde und gleichzeitig durch die Verdrängung hierzulande die Arbeitslosigkeit nach oben gehe. Mitterlehner wiederum glaubte, dass die in Österreich höhere Arbeitslosigkeit nicht in erster Linie mit Ausländern zusammenhänge sondern mit der erschwerten Möglichkeit, vorzeitig in den Ruhestand zu treten.

"100-prozentigen Rechtsanspruch brauchen wir nicht"

Was Kerns Forderung nach einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung angeht, bremste der Vizekanzler abermals: "Einen 100-prozentigen Rechtsanspruch brauchen wir nicht." Immerhin, für sinnvoll hielt er frühkindliche Betreuung schon: "Je früher desto besser." Strache wiederum drängte auf wirksame Entlastungen für Familien, womit auch eine Betreuung der Kinder daheim leistbar werden könnte.

Worauf Mitterlehner hingegen bestand, ist eine Senkung der Höchstgrenze für Asylanträge: "Wir müssen nach unten gehen." Mit der Zahl alleine sei freilich nichts getan, man müsse etwa auch die Grenzen lückenlos abdichten. Kaiser zeigte sich skeptisch: "Man kann nicht mit einer Zahl ein Problem lösen." Grundsätzlich war aber auch er der Meinung, dass man nur so viele Flüchtlinge aufnehmen könne, wie man auch integrieren könne. Nichts von einer Höchstzahl hielt unverändert Strache, der immer wieder auf das "Dublin"-Abkommen verwies, wonach Flüchtlinge in jenem EU-Land aufgenommen werden müssten, wo sie erstmals den EU-Raum betreten haben. Damit dürften eigentlich gar keine Asylwerber in Österreich landen.

Grundsätzlich hielt Mitterlehner die Arbeit der rot-schwarzen Koalition aber für nicht so schlecht, wie er im ORF betonte: "Wir sind ganz gut unterwegs." Allein deshalb will er von einem geplanten Neustart auch nichts wissen: "Ich kann mich mit dem Wort Neustart nicht mehr anfreunden." Das habe jeder schon 100 mal gehört. Strache gab dem Wirtschaftsminister in diesem Punkt indirekt recht: Unverändert vermisse man in der Regierung nach den Worten auch Taten.

>>> ORF-Sendung "Im Zentrum"

(APA)

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