Kern: "Können ja gar keine Ausländerbremsen machen"

APA/HELMUT FOHRINGER
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Der Kanzler sieht den auf einheimische Arbeitnehmer fokussierten Beschäftigungsbonus mit dem EU-Recht vereinbar. Der Vorschlag könnte am Dienstag den Ministerrat passieren.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) geht davon aus, dass sein auf einheimische Arbeitnehmer fokussierter "Beschäftigungsbonus" mit dem EU-Recht vereinbar ist. "Ich gehe davon aus, dass das halten wird", sagte Kern am Dienstag im Ö1-Morgenjournal. Er verwies auf die umstrittene deutsche Pkw-Maut, gegen die Österreich Bedenken habe: "Da ist eine Konstruktion gewählt worden, die die EU akzeptiert." Auch Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) sah am Dienstag keinen Grund warum diese Förderung rechtlich nicht halten sollte. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sprach zwar von einer  umstrittenen Frage, hielt die Vorgangsweise aber für gerechtfertigt.

Kern wies im ORF-Radio indes auch Kritik zurück, wonach die Maßnahme EU-Ausländer diskriminiere. "Wir können ja gar keine Ausländerbremsen machen, wir sind ja Teil der Europäischen Union." Wenn aber die Arbeitslosigkeit wegen des Zuzugs von EU-Ausländern auf den Arbeitsmarkt steige, dann müsse Österreich seine Interessen verteidigen. Der SPÖ-Chef verwies darauf, dass es 180.000 Entsendungen aus dem EU-Ausland gebe und es dabei zu Lohndumping komme. Wenn Strafen ausgesprochen würden, seien diese "kaum einzuheben", weil die Sitzstaaten der entsendenden Unternehmen nicht kooperierten.

Österreicher mit ausländischem Abschluss umfasst?

Der Kanzler wies die Darstellung der ÖVP zurück, dass er einen Schwenk vollzogen habe. "Der Vorschlag ist immer noch der gleiche", betonte Kern. Er sei vielmehr "ergänzt" worden um Vorschläge der ÖVP, verwies er auf die Ausweitung der Anspruchsberechtigten. Ursprünglich wollte Kern die Registrierung beim Arbeitsmarktservice (AMS) als Anknüpfungspunkt - und Weg zum Ausschluss von zuziehenden EU-Ausländern - nehmen. Nunmehr sind auch Absolventen einer österreichischen Ausbildungsstätte, Jobwechsler oder Personen mit Rot-Weiß-Rot-Karte umfasst. Insgesamt haben diese Bestimmungen jedoch zur Folge, dass bei der Neu-Beschäftigung von Personen, die erst nach Österreich zuwandern, keine Förderung möglich wäre.

Kern wies Befürchtungen zurück, dass Österreicher mit ausländischem Schulabschluss nicht für den Beschäftigungsbonus infrage kommen, der einen Erlass der Hälfte der Lohnnebenkosten für einen Zeitraum von drei Jahren vorsieht. "Ich denke, dass sie von unserem Vorschlag umfasst werden." Man müsse dies aber "im Detail prüfen". Gegen Kritik der Gewerkschaft verteidigte der SPÖ-Chef auch, dass Teilzeitjobs ebenfalls in den Genuss der Förderung kommen sollen. Dies sei "legitim", aber: "Mir sind Vollzeitjobs lieber als Teilzeitjobs."

Der Beschäftigungsbonus solle Unternehmen erleichtern, "Menschen Arbeit zu geben", betonte Kern. Zusätzlich soll durch die niedrigeren Lohnnebenkosten auch "die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen" gegenüber ausländischen Konkurrenten verbessert werden. Schließlich gehe es bei der Maßnahme auch um "Psychologie".

Kosten belaufen sich auf zwei Milliarden Euro

Die Regierungsvorlage könnte jedenfalls am Dienstag den Ministerrat passieren.  Als Referenzwerte werden die Beschäftigtenstände zum Zeitpunkt der Antragstellung sowie zwölf Monate davor herangezogen. Um förderungsfähig zu sein, muss im Vergleichszeitraum ein Zuwachs an Beschäftigungsverhältnissen von zumindest einem zusätzlichen Vollzeitäquivalent vorliegen. Für Unternehmen, die erst im Laufe der letzten zwölf Monate vor Antragstellung gegründet wurden, gilt als Berechnungsgrundlage ein Mitarbeiterstand von null. Die Beschäftigungsdauer muss zumindest sechs Monate betragen.

Doppelförderungen sollen vermieden werden. Daher wird für einen Beschäftigten, für den eine Lohnnebenkostenförderung gemäß Start-up-Förderung bezogen wird, nicht gleichzeitig auch ein "Beschäftigungsbonus" gewährt. Betriebe, die dem Sektor Staat zugerechnet werden, können nicht gefördert werden.

Die Antragstellung ist ab 1. Juli möglich und hat grundsätzlich vor Schaffung des ersten zu fördernden zusätzlichen Arbeitsplatzes zu erfolgen. Die Kosten über den kommenden Finanzrahmen 2018-21 belaufen sich auf zwei Milliarden Euro. Nach spätestens zwei Jahren erfolgt gemäß Wunsch des Finanzministeriums eine Evaluierung. Abgewickelt wird das Förderprogramm nicht nur über die Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) sondern auch über die Österreichische Hotel- und Tourismusbank (ÖHT). Die Inhalte dieses Ministerratsvortrags müssen nun noch in die Förderrichtlinien der Regierung eingearbeitet werden. Diese werden gemeinsam von Kanzleramt, Finanz- und Wirtschaftsministerium festgelegt.

Strache goutiert "löblichen Versuch"

Die FPÖ goutiert die Pläne der Regierung zum Beschäftigungsbonus. "Das ist ein Versuch, der löblich ist", sagte Obmann Heinz-Christian Strache am Dienstag. Die Themenführerschaft sieht er in diesem Bereich weiterhin bei seiner Partei. Es handle sich nämlich dabei um eine langjährige Forderung der Freiheitlichen, die - wie viele - noch vor kurzem verteufelt worden sei.

(APA)

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