"Österreich soll sich aus Kopftuchdebatte heraushalten"

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"Österreich soll sich aus Kopftuchdebatte heraushalten"(c) Fabry
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"Die Bestimmungshoheit über Glaubensinhalte obliegt den Gläubigen selbst", betont die türkisch-nationalistische Bewegung Milli Görus.

Die weltweite türkisch-nationalistische Bewegung Milli Görus hat sich in der österreichischen Kopftuchdebatte zu Wort gemeldet. "Muslime sind darin frei, selbst festlegen zu dürfen, was sie für ihre Glaubensausübung als verpflichtend erachten und was nicht", meinte Vorsitzender Kemal Ergün in einer Aussendung. Er forderte von österreichischen Politikern, sich aus der Debatte herauszuhalten.

"Staatliche Akteure sollten sich in Fragen, in denen ihnen sowohl die rechtlichen wie auch die fachlichen Kompetenzen fehlen, zurückhaltend äußern", so Ergün. Muslime müssten sich nicht für die Ausübung ihres Glaubens erklären, denn: "Religionsfreiheit bedeutet insbesondere auch Definitionsfreiheit. Die Bestimmungshoheit über Glaubensinhalte obliegt den Gläubigen selbst." Diese Selbstverständlichkeit dürfe nicht zur Diskussion gestellt werden.

"Anlass zur Sorge gegeben"

"Wenn Muslime zunehmend ihren theologischen Standpunkt gegenüber staatlichen Übergriffen rechtfertigen müssen, ist Anlass zur Sorge gegeben", meinte Ergün zur laufenden Kopftuchdebatte in Österreich. So eine Praxis sei unvereinbar mit dem Neutralitätsgebot. Der Staat sei nicht befugt, sich in die inneren Angelegenheiten einer Religionsgemeinschaft einzumischen.

Anlass für die Einmischung von Milli Görüs in die Debatte in Österreich ist ein theologisches Gutachten der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ), dass das Tragen eines Kopftuchs als Gebot bezeichnet hatte und auch von Regierungsvertretern kritisiert wurde. Ergün stellte in den Raum, dass in Österreich die Trennung von Staat und Religion offenbar nicht sehr ernst genommen werde. Das Gutachten bringe ein religiöses Gebot zum Ausdruck, dessen tatsächliche Befolgung in der Verantwortung des Individuums liege.

Die Bewegung Milli Görüs ("Nationale Sicht") geht auf den 2011 verstorbenen türkischen Politiker Necmettin Erbakan zurück und ist in Deutschland der größte staatsunabhängige sunnitische Verband. Er wird dort vom Verfassungsschutz beobachtet und setzt sich für die Errichtung einer "gerechten Ordnung" ein, die sich ausschließlich an islamischen Grundsätzen orientiert. In Österreich soll der ehemalige IGGiÖ-Präsident, Fuat Sanac, dem Verein nahe stehen.

(APA)

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