Der Landeshauptmann legt nach 25 Jahren sein Amt als ÖVP-Landeschef nieder. Seine einstündige Rede war gespickt mit Erinnerungen – und Kritik an „Zentralisten“ wie Medien.
St. Pölten. „,Oh Heimat, dich zu lieben, getreu in Glück und Not‘ – das ist nicht nur eine leicht gesungene Hymne, sondern mein Leben. Mein Herz wird, ob mit oder ohne Funktion, immer an diesem Land hängen.“ Mit diesen Worten verabschiedet sich Landeshauptmann Erwin Pröll offiziell am Freitag beim ÖVP-Landesparteitag in St. Pölten von den Parteifreunden.
Tosender Applaus folgt, Tränen fließen – auch Prölls Augen sind feucht. Taschentücher haben viele schon parat, die wurden vor Beginn der Veranstaltung ausgetauscht, denn dass der Abschied nach 25 Jahren doch schwerfallen würde, das hatte man erwartet.
Rund 1200 Gäste waren zum letzten Auftritt des Landeshauptmanns gekommen – darunter fast alles, was in der Volkspartei Rang und Namen hat: Von den ÖVP-Ministern Wolfgang Sobotka, Wolfgang Brandstetter und Hans Jörg Schelling, über den EU-Abgeordneten Othmar Karas bis zu den ÖVP-Vertretern der niederösterreichischen Landesregierung und etlichen Bürgermeistern.
»"Ich war nie Fürst, sondern gewählter Landeshauptmann, der mit Herz und Leidenschaft bei den Menschen war."
Erwin Pröll
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Mehr Land, weniger Bund
Nach der Abstimmung des Parteistatuts, einem Totengedenken und Wortmeldungen von Funktionären betritt Pröll am späten Nachmittag die Bühne. Eine Stunde lang schwelgt er in Erinnerungen, dankt und lobt die niederösterreichische Volkspartei und die Entwicklung des Bundeslandes. Aber auch in seiner letzten Rede spart er nicht mit Kritik an der aktuellen politischen Lage Österreichs und den Medien.
„Was waren wir vor drei Jahrzehnten: gehemmt vom Eisernen Vorhang, im Schatten der Bundeshauptstadt Wien ohne eigene Hauptstadt, von Selbstbewusstsein und Landesidentität ist wenig zu spüren gewesen“, sagt er. Das sei heute alles anders: „Man kennt uns, und man schätzt uns.“
Er wisse aber auch, dieses Selbstbewusstsein Niederösterreichs gefalle nicht allen. „Vor allem nicht den Zentralisten, die immer, wenn etwas falsch läuft in der Politik, auf die Länder zeigen und dem Föderalismus die Schuld geben“ – ein Seitenhieb in Richtung Finanzminister Hans Jörg Schelling, mit dem er in der Vergangenheit einige Konflikte ausgetragen hatte. Er gebe aber nichts auf „Oberkritiker“, die „Einkommensmilliardäre“ oder die „Mäzene, die sich gern Parteien und Politiker kaufen, die aber auch gern bestimmte Experten und Journalisten bedienen.“
Zu kritischer Berichterstattung rund um seine Privatstiftung – dort sollen rund 150.000 Euro Steuergeld hineingeflossen sein – sagt er: „Ich wurde im Netz gejagt“, spricht von Nachrichtenabsprachen und der Demokratiefeindlichkeit mancher Medien.
Vertrauen für Mikl-Leitner
Die Kritiker könnten eben nicht ertragen, dass seine niederösterreichische Partei stark und gesund sei – niemand anderer habe in der Vergangenheit so einzigartige Wahlergebnisse einfahren wie seine Partei. Seiner Meinung nach deswegen, weil die ÖVP stets bei den Menschen sei – anders als die SPÖ, die sich teure Spin-Doktoren und Streit-Strategen aus dem Ausland einfliegen lasse. Pröll hat in seiner Amtszeit sieben Nationalrats-, fünf Europa-, fünf Gemeinderats- und fünf Landtagswahlen bestritten.
Schlussendlich bricht er noch eine Lanze für seine Nachfolgerin, Johanna Mikl-Leitner, die am Samstag offiziell gewählt wird. Er fordert sie zu einer entschiedenen Politik auf – denn es sei modern geworden, sich hinter Gesetzen zu verstecken. „Hanni kommt aus unserem Land, sie liebt es, sie ist seit Jahrzehnten mit euch – daher bitte ich euch: Seid morgen mit ihr“, appelliert er an seine Partei.
Pröll hatte im Vorfeld angekündigt, nach seinem Ausscheiden aus dem Amt nicht als Schattenlandeshauptmann weiter mitmischen zu wollen. Ob er das wirklich durchhält, ist fraglich: „Niederösterreich hat mein ganzes politisches Leben bestimmt und mehr als die Hälfte meines persönlichen Lebens“, sagt er am Ende seiner Rede. „Davon Abschied zu nehmen, ist unmöglich. Da müsste ich mein Leben umschreiben oder neu definieren. “
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2017)