Nach Abwahl auf dem grünen Bundeskongress lässt sich der prominente Abgeordnete nicht zu einer Kandidatur und zu einem Vorzugsstimmenwahlkampf überreden.
Wien. Montagvormittag wollte die frisch gewählte grüne Spitzenkandidatin, Ulrike Lunacek, den Medien ihre Nationalratsliste präsentieren. Doch der Auftritt wurde von der Panne beim Bundeskongress tags davor überschattet: Ausgerechnet das grüne Urgestein Peter Pilz, prominentester Mandatar und Aufdecker etlicher Skandale, war bei der Kandidatur gescheitert und will die Politik verlassen.
Lunacek versuchte, Pilz wieder ins Boot zu holen: Sie bot dem Mandatar, der nur für Listenplatz vier kandidiert hatte und dabei Jungmandatar Julian Schmid unterlegen war, einen hinteren Listenplatz an. Diese werden nicht vom Bundeskongress gewählt, sondern vom Vorstand vergeben. Über einen Vorzugsstimmenwahlkampf könnte Pilz doch noch in den Nationalrat kommen. „Ich möchte ihn dabeihaben“, sagte Lunacek. Der Vorstand würde den Vorzugsstimmenwahlkampf unterstützen.
Kein Parteiwechsel
Doch der Umworbene lehnte postwendend ab: „Die Entscheidung ist endgültig“, sagte Pilz der „Presse“. Auch das Angebot von SPÖ-Klubchef Andreas Schieder, die Partei zu wechseln, war für ihn kein Thema. „Jetzt fehlt nur noch ein Angebot vom Team Stronach“, scherzte Pilz. Wie es nun mit ihm persönlich weitergeht, wisse er noch nicht.
Auch in einem persönlichen Gespräch konnte Lunacek Pilz nicht mehr umstimmen. „Er hat klar gesagt, dass für ihn die Entscheidung stehe“, berichtete sie nach dem „sehr wertschätzenden Gespräch“. Sie freue sich aber, dass er die Bereitschaft geäußert habe, über gemeinsame Wahlkampfaktivitäten Gespräche zu führen.
Pilz ist nicht der einzige, der bei den grünen Vorwahlen gescheitert ist. Auch Kultursprecher Wolfgang Zinggl, Agrarsprecher Wolfgang Pirklhuber und Finanzsprecher Bruno Rossmann bekommen kein Mandat mehr. Die Abgeordnete Gabriela Moser – die sich ebenso wie Pilz einen Namen als Aufdeckerin gemacht hat – wurde in Oberösterreich nur auf Platz drei gesetzt, womit ein Wiedereinzug ins Parlament schwierig wird.
Kritik der Ex-Mandatare
Der frühere Parteichef Johannes Voggenhuber – seit etlichen Jahren schärfster Kritiker seiner einstigen Partei – bemühte unterdessen seine Facebook-Seite, um zur Causa Stellung zu beziehen: „Hüte Dich vor den Schwachen“, schrieb er dort und setzte fort: „Nun haben sie es also geschafft und endlich auch Peter Pilz zur Strecke gebracht. Endlich sind sie ganz unter sich.“ Nun sei niemand mehr da, der an „irgendwelche ihrer längst begrabenen Gründungsideen erinnert“, beanstandete der ehemalige Klubobmann der Grünen. Auch der ehemalige grüne Bundesrat Efgani Dönmez äußerte harsche Kritik. Dass Pilz nach 31 Jahre abgewählt wurde, erinnere an die Vorgänge auf dem gesunkenen Luxusschiff Titanic: „Weitsicht bis zur Nasenspitze“. Der gestrige Sonntag sei daher „ein schlechter Tag für Österreich“ und ein „noch schlechterer für Grüne“.
Junge Grüne wechseln zur KPÖ
Unterdessen hat die Führungsspitze der von den Grünen ausgeschlossenen Jugendorganisation Junge Grüne neue Bündnispartner gefunden: Vereinsvorsitzende Flora Petrik kündigte am Montag eine gemeinsame Plattform mit der KPÖ an, die unter dem Namen KPÖ Plus bei der Nationalratswahl antreten wird. Petrik wird auf der Liste kandidieren, allerdings nicht an vorderster Stelle. Bei den Grünen verweist man darauf, dass es keinen Beschluss der Jungen Grünen für ein gemeinsames Antreten mit der KPÖ gebe. Es handle sich dabei um einen Alleingang einzelner Funktionäre.
Petrik erklärte, es sei noch offen, was mit dem Verein Junge Grüne selbst geschehen werde. Dies werde sich beim Bundeskongress im Juli entscheiden. Die KPÖ lobte sie ausdrücklich: „Sie macht dort, wo sie politisch verankert ist, gute Arbeit“, sagte Petrik. In den vergangenen Wochen habe man sich nun zum Wahlbündnis entschlossen. Eine Stimme für die Grünen sei hingegen eine für eine „angepasste“ Oppositionspartei, mit der man den Aufstieg der Freiheitlichen nicht verhindern werde.
Aber nicht nur in der FPÖ allein sehen die Jungen Grünen eine Gefahr. Auch andere etablierte Parteien drifteten mehr und mehr nach rechts, angefangen bei der Kürzung der Mindestsicherung und der Vertretung von Investoreninteressen. „Die SPÖ macht schon jetzt bei jeder politischen Sauerei mit“, kritisierte Petrik. Selbst sei man hingegen kein Teil dieses „verkrusteten Systems“.
Zur Person
Peter Pilz war schon 1986, als die Grünen erstmals in den Nationalrat einzogen, mit dabei. Von 1992 bis 1994 war er auch Bundessprecher der Grünen. Einen Namen machte er sich als Aufdecker – etwa in den Untersuchungsausschüssen zu Lucona, Noricum und zu den Eurofightern.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2017)