Die Mitgliederversammlung hat Matthias Strolz zum Spitzenkandidaten gekürt. Wiens Klubchefin Meinl-Reisinger tritt auf Platz drei an.
Wien. Die Neos haben die Nase vorn. Zumindest beim Beschluss eines Wahlprogramms sind sie die Ersten. Die Mitgliederversammlung, die am Sonntag zu Ende gegangen ist, hat sich darauf genauso geeinigt wie auf die Bundesliste für die Nationalratswahl am 15. Oktober. Spitzenkandidat ist erwartungsgemäß Matthias Strolz. Er kündigte einen Kampf gegen das „Kartell“ der zwei politischen Kräfte SPÖ und ÖVP an. Es gebe zu viel an Streit, wechselseitiger Geringschätzung, Blockade und Stillstand. Strolz: „Das geht besser.“
Hinter ihm auf Platz zwei der Kandidatenliste wurde am Samstag schon die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss gewählt. Nach ihr wurde die nächste Frau gereiht: die Klubchefin im Wiener Rathaus, Beate Meinl-Reisinger, wechselt ins Parlament. Es folgen der Vorarlberger Abgeordnete Gerald Loacker, der Salzburger Sepp Schellhorn und Claudia Gamon. Junos-Vorsitzender Douglas Hoyos und Michael Bernhard, der für die Neos im Eurofighter-Untersuchungsausschuss sitzt, belegen die Plätze sieben und acht.
Die wichtigsten Punkte aus dem Wahlprogramm der Neos:
? Staat: Verlangt wird unter anderem die Kürzung der Parteienförderung um die Hälfte, das Ende des „Spendierföderalismus“ und die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger. Um die Zinslast jährlich schrittweise abzubauen, soll eine Schuldenbremse in der Verfassung verankert werden. Sozialleistungen sollen zu einem „Bürgerinnengeld“ zusammengelegt, mobile Pflegedienste ausgebaut werden. Die Abgabenquote soll auf 40 Prozent gesenkt werden, ein Entlastungspaket sieht neun Mrd. Euro vor.
? Bildung: Verlangt wird die volle personelle, finanzielle und pädagogische Autonomie für Schulen. Die Bezahlung der pädagogischen Fachkräfte in Kindergärten und anderen Bildungseinrichtungen soll erhöht, die „Mittlere Reife“ als Abschluss eingeführt werden. Zudem wird die Umsetzung einer Qualitätsoffensive an den Hochschulen gefordert.
? Wirtschaft: Gefordert werden eine „Bürokratiebremse“ und eine moderne Gewerbeordnung. Daneben wird ein flexibles Jahresarbeitszeitmodell mit Tagesarbeitszeiten von bis zu zwölf Stunden bei gleichbleibender Wochenhöchstarbeitszeit angeregt. Und die Neos haben ihre Forderung nach einem Ende der Pflichtmitgliedschaft zu den Kammern bekräftigt.
? Integration: Das Wahlprogramm wendet sich wörtlich gegen „linke Träume“ und „rechte Hetze“. Gefordert wird ein eigenes Ressort in der Regierung sowie schnellere und effizientere Asylverfahren. Der Staat soll verpflichtet werden, das Verfahren binnen 180 Tagen in zweiter Instanz rechtskräftig abzuschließen. Ein positiver Asylbescheid soll rasche Integration inklusive der Möglichkeit zu arbeiten bedeuten – ein negativer hingegen die unverzügliche Rückführung und Konsequenzen bei Unterstützungsleistungen. Verlangt wird der Abschluss verbindlicher Rückführungsabkommen mit den wichtigsten Herkunftsländern von abgelehnten Asylwerbern. Bei Einhaltung sollen als Gegenleistung die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit deutlich erhöht werden. Asylwerber und -berechtigte sollen, solange sie Sozialleistungen beziehen, zu einem bestimmten Wohnort verpflichtet (Residenzpflicht) werden.
? Europa: Die Zusammenarbeit in der EU soll „mit kritischem Blick verbessert und mit mutigen Entscheidungen vertieft“ werden, wie es im Neos-Wahlprogramm heißt. Die Union soll sich auf große Themen konzentrieren und alltagsnahe Bereiche den Ebenen darunter überlassen. Das EU-Budget muss nach den Vorstellungen der Neos effektiver und effizienter eingesetzt werden. Die EU soll von einer Subventions- zu einer Investitionsunion weiterentwickelt werden. Im Schengen-Raum soll es gemeinsamen Grenzschutz und gemeinsame Asylregeln geben. Und es wird eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie eine EU-Armee gefordert.
? Gesellschaft: Die Neos treten im Wahlproramm gegen einen „ausufernden Überwachungsstaat“ auf. Ein Informationsrecht der Bürger gegenüber dem Staat soll eingeführt, das Amtsgeheimnis hingegen abgeschafft werden. (red./APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2017)