ÖVP-Klub stellt sich hinter SPÖ

Neos-Chef Matthias Strolz (vorne) lockt die ÖVP und Finanzminister Hans Jörg Schelling, um die Abschaffung der kalten Progression vor der Wahl zu beschließen.
Neos-Chef Matthias Strolz (vorne) lockt die ÖVP und Finanzminister Hans Jörg Schelling, um die Abschaffung der kalten Progression vor der Wahl zu beschließen.(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Die SPÖ lehnt Sobotkas Vorstoß für ein strengeres Versammlungsrecht ab, auch die ÖVP bremst. Ein Überstimmen in der Koalition soll es auch bei der Steuerentlastung nicht geben.

Wien. Das vorzeitige Ende der Legislaturperiode wird heute, Donnerstag, im Hohen Haus mit dem Beschluss zur Auflösung des Nationalrats formell besiegelt. Dennoch herrschte vor dem letzten Sitzungstag des Hohen Hauses vor der Sommerpause beträchtliche Nervosität. Flirtversuche der Opposition und mögliche Soloaktionen der Regierungspartner sorgten für Unruhe.

Auch wenn die SPÖ Ende Juni die ÖVP bei der Universitätsfinanzierung überstimmt hat, ist heute keine Retourkutsche bei der letzten Nationalratssitzung vor der Sommerpause geplant. Nach Informationen der „Presse“ haben einander SPÖ und ÖVP bereits im Vorhinein informiert, sich gegenseitig nicht mit etwaigen Anträgen und Abstimmungen auszutricksen.

„Wir werden keine Aktionen gegen die SPÖ machen“, wurde der „Presse“ am Mittwoch im ÖVP-Klub versichert. Das bedeutet, es wird keinen Alleingang bei der von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) schon für heute angestrebten neuerlichen Verschärfung des Versammlungsrechts und keinen Beschluss mit den Neos und der FPÖ zur Abschaffung der kalten Progression, wegen der Steuerzahler automatisch jährlich mehr zahlen müssen, geben.

Drozda gegen Sobotka-Pläne

In der SPÖ war Sobotkas Vorgehen beim Versammlungsrecht ohnehin als „Provokation“ eingestuft worden. Regierungskoordinator Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) betonte, man sehe keinen Bedarf für Änderungen.

Sobotka war selbst für schwarze Parteifreunde überraschend nach den Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg mit einem weiteren Vorhaben vorgeprescht. Demnach sollten die von ihm angestrebten und von der SPÖ bisher abgelehnten strengeren Vorschriften im Versammlungsrecht rasch vor der Neuwahl am 15. Oktober durchgeboxt werden. Auch im ÖVP-Klub wurde Sobotka aber gebremst. „Wenn er sich einigt mit der SPÖ“, lautet die Vorgabe an den Minister. Man werde „keinen Koalitionsbruch“ begehen. Damit wird die Linie von ÖVP-Obmann Sebastian Kurz weiter verfolgt, der das schon bei der Ausrufung von vorzeitigen Neuwahlen am 12. Mai angekündigt hat.

Es wird auch bei der Abschaffung der kalten Progression zur Steuerentlastung kein Fremdgehen der ÖVP mit Neos und FPÖ geben. Neos-Chef Matthias Strolz hatte Dienstagabend im ORF-Report mit der Bemerkung aufhorchen lassen, er habe wegen eines gemeinsamen Vorgehens mit Kurz telefoniert. Im ÖVP-Klub als auch Finanzministerium wurde der „Presse“ einhellig versichert, es werde in der Donnerstag-Sitzung kein Vorgehen ohne SPÖ geben. Freilich schließt das einen Beschluss im Nationalrat im September oder Oktober nicht aus.

Islamvereine: Druck der ÖVP

Selbst in der ÖVP wächst die Ungeduld. Oberösterreichs ÖAAB-Vizechef Helmut Feilmair – Landes- und Bundeschef ist August Wöginger – drängte vehement darauf, das Aus für die kalte Progression heute zu beschließen. Die Abschaffung der automatischen Steuererhöhung als Folge der kalten Progression ist in der Regierung blockiert, weil SPÖ und ÖVP uneinig sind, ob nur Bezieher niedriger Einkommen, wie das die SPÖ will, oder alle, wie das Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) anstrebt, von der Abschaffung profitieren sollen. Die ÖVP ist unter Druck, weil Kurz eine viel größere Steuerentlastung von zwölf bis 14 Milliarden nach der Wahl versprochen hat.

Die ÖVP versucht auch beim Islamgesetz, die SPÖ vor sich herzutreiben. ÖVP-Neo-Kandidat Efgani Dönmez hat am Dienstag von Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ) eine schärfere Überwachung islamischer Vereine gefordert. Nun bringt die ÖVP dazu eine Anfrage an Bundeskanzler Christian Kern dazu ein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2017)

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