Kern zur ÖVP: "Eure Finanzmacht beeindruckt mich nicht"

SPÖ-BUNDESPARTEIRAT: KERN
SPÖ-BUNDESPARTEIRAT: KERN(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Die SPÖ stellte heute die Weichen für die Wahl am 15. Oktober. Kanzler Kern ruft eine Entscheidung zwischen "ein paar flotten Sagern" und "einem ernsthaften Plan" aus. Seine Partei fordert er auf, zu kämpfen.

Bei brütender Hitze stellte die SPÖ bei einem Bundesparteirat am heutigen Donnerstag die Weichen für die Wahl am 15. Oktober stellen. 344 ordentliche Delegierte und 300 Gäste waren in die Messe Wien geladen, um dem zweithöchsten Gremium der SPÖ beizuwohnen. Im Saal prangte, gerichtet an die "Österreicherinnen und Österreicher", der Slogan "Holen Sie sich, was Ihnen zusteht". Parteivorsitzender Christian Kern holte sich beim Einzug - begleitet von seiner Frau und Partei-Prominenz zum Justin-Timberlake-Hit "Can't stop the feeling" - zunächst, wie bei derartigen Partei-Inszenierungen üblich, eine Portion Applaus, bevor der Mini-Parteitag im gut gekühlten Saal los ging.

Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler strapazierte das Temperatur-Thema in seiner Begrüßung: "Heute soll der heißeste Tag des Jahres werden, das passt ganz gut, denn es wird auch mit Sicherheit der heißeste Wahlkampf werden." Und: "Wir sind auch die heißeste Bewegung. Man habe die besten Kandidatinnen und Kandidaten auf den Listen, "und wir haben nicht nur den absolut besten, sondern auch den coolsten Spitzenkandidaten, den man haben kann".

Kern: "Wir sind nicht neu"

Ohne Sakko und Krawatte ("wir werden es bei den Temperaturen etwas lockerer angehen") trat dieser schließlich ans Podium. Kerns Rede stand ganz im Zeichen der Abgrenzung zu Sebastian Kurz und seiner "Neuen Volkspartei". "Wir sind nicht neu - unsere Idee hat eine stolze Geschichte, die Idee, dass alle Menschen gleich viel wert sind und ein Recht haben auf ein gutes Leben", betonte der Parteichef. Daher brauche die SPÖ nichts neu zu erfinden, "keine neue Farbe und kein Popstar-Casting für die Liste." Vor 100 Jahren schon habe die SPÖ etwa für das Frauenwahlrecht gekämpft, heute kämpfe man dafür, dass Frauen gleichen Lohn für gleiche Arbeit bekämen. "Wir haben viele Kämpfe geführt und viele gewonnen, aber manche sind nie zu Ende. Wir sind noch lange nicht fertig."

Anders als die ÖVP wisse die SPÖ, wo sie stehe und lege daher nicht erst im September ein Programm vor. Und anders als die ÖVP vertrete die SPÖ auch jene Menschen, "die auf ihre Arbeit angewiesen sind und keine Millionen erben".

"Auf der einen Seite stehen die, die von denen finanziert werden, die sich jeden Tag die Taschen vollstopfen, und auf der anderen Seite stehen wir. Eure Finanzmacht beeindruckt mich nicht", sagte Kern. "An unserer Seite sind nicht die Millionenspender, sondern die Millionen, die darauf warten, dass sie sich holen, was ihnen zusteht."

Menschliche Grundbedürfnisse wie Gesundheit, Bildung oder Sicherheit dürften nicht käuflich sein. Daher müsse man in ein effizientes Gemeinwesen investieren. Kern versprach erneut 200.000 neue Arbeitsplätze durch seinen "Plan A". Man werde in den Wirtschaftsstandort investieren, erwarte sich dafür aber auch ein Entgegenkommen der Wirtschaft - etwa durch eine faire Bezahlung von Lehrlingen und gleiche Bezahlung für Frauen.

"Ein paar flotte Sager oder ein ernsthafter Plan", das sei die Entscheidung bei der Wahl am 15. Oktober. Die jüngsten Umfragen, die die ÖVP auf Platz eins sehen, bereiten Kern "Spaß" - er glaube daran genauso wenig wie an Horoskope. Der Kampf werde aber sicher nicht leicht, denn die ÖVP habe mehr Geld und Medien hinter sich und wolle "den ganzen Tag nur über Migration sprechen". Im Vergleich zu den Kämpfen der vergangenen 150 Jahre sei dieser aber eine Leichtigkeit. "Wir können diesen Kampf mit reinem Herzen führen, weil wir für die richtige Sache eintreten." Die roten Funktionäre sollten die nächsten Wochen jeden einzelnen Tag dafür nützen, "eine einzige Botschaft unter die Leute zu bringen: Holt euch, was euch zusteht." Wer zu bequem sei, um diesen Kampf zu führen, der solle es jetzt sagen.

Häupl: "Hab schon bessere Verarsche gehört"

Auch Wiens Bürgermeister Michael Häupl schoss sich auf Kurz ein: Er habe von dem Außenminister "noch nichts gehört zu wesentlichen Fragen der österreichischen Innenpolitik". Stattdessen spreche Kurz nur vom Schließen der Mittelmeerroute: "Das ist seine Hackn, er soll's tun."

Für Ankündigungen, wonach Kurz das Wahlprogramm der ÖVP erst Ende September präsentieren würde, hatte der Wiener Bürgermeister nur Häme übrig. "Na super. Ich hab schon eine bessere Verarsche gehört. Ich bin dafür, dass das Wahlprogramm der ÖVP am 16. Oktober veröffentlicht wird, da is Zeit gnua."

92,66 Prozent für Bundesliste

Die Bundesliste der SPÖ wurde schließlich am Abend von 92,66 Prozent der Delegierten abgesegnet, das Wahlprogramm wurde einstimmig beschlossen.

(Red./APA)

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