ÖVP und FPÖ einigen sich auf massive Verschärfungen im Asylwesen. Und die Polizei bekommt mehr Befugnisse.
Wien. Weit waren ÖVP und FPÖ im Themenbereich „Ordnung, Sicherheit und Heimatschutz“ ja nie auseinandergelegen. So gesehen kommt es auch nicht überraschend, dass dieses Kapitel der Koalitionsverhandlungen als Erstes abgeschlossen werden dürfte. Man sei noch nicht ganz, aber fast fertig, erklärten die Parteichefs, Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache, am Freitag nach einer Sitzung der Steuerungsgruppe im Palais Epstein. Die Vereinbarungen, die in den nächsten Tagen noch genau ausformuliert werden, beinhalten massive Verschärfungen im Asylwesen und eine Ausweitung der polizeilichen Befugnisse. Doch der Reihe nach.
Asylwesen
Für Asylwerber in der Grundversorgung wird es – von einem Taschengeld abgesehen – nur noch Sachleistungen geben. Außerdem sollen sie primär in Landesquartieren untergebracht werden. Abschiebungen wollen ÖVP und FPÖ beschleunigen, wobei man hier vorerst nur Schlagworte zu bieten hat: „Effizientere Verfahren, verkürzte Beschwerdefristen, Rückführungsabkommen mit den Herkunftsstaaten“ – für die seit 2013 freilich Kurz als Außenminister zuständig war.
Asylberechtigte sollen in den schwarz-türkis-blauen Plänen nicht mehr nach sechs Jahren, sondern – wie Zuwanderer – erst nach zehn Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen können. Und die Obergrenze bei den Asylverfahren bleibt? „Wir sind da ambitionierter“, sagte Kurz. Nämlich „gegen jegliche illegale Migration“.
Mindestsicherung
Für anerkannte Flüchtlinge soll es nur noch eine „Mindestsicherung light“ geben, finanziell „deutlich reduziert“, wie der ÖVP-Obmann erklärt hat. Das Vorbild sind Oberösterreich und Niederösterreich (siehe dazu Bericht auf Seite 2). Für Familien ist eine „Deckelung“ vorgesehen. Die Details in Form von Zahlen blieben die Verhandler vorerst schuldig.
Das Ziel ist eine bundeseinheitliche Regelung, die „im Konsens“ mit den Ländern gefunden werden soll. Kommt es zu keiner Einigung (15a-Vereinbarung), wollen Kurz und Strache ein Grundsatzgesetz beschließen lassen, „in dem wir den Bundesländern einen gewissen Rahmen vorgeben“.
Migration
Auch im Bereich Arbeitsmigration sieht der vorläufige Koalitionspakt Verschärfungen vor. So soll beispielsweise die Mangelberufsliste überarbeitet werden. Kurz bekannte sich zwar zur innereuropäischen Migration. „Wir sind aber dagegen, dass sich jemand das beste Sozialsystem aussuchen kann.“
Terrorprävention
Das seit Monaten umstrittene Sicherheitspaket zur Terrorprävention dürfte mit einigen Änderungen wiederbelebt werden. Damit soll die Polizei im Verdachtsfall Messenger-Dienste wie WhatsApp überwachen dürfen. Außerdem sieht es mehr Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen und eine automatische Erfassung von Autokennzeichen vor.
Dass im Nationalrat auch die FPÖ gegen diese Pläne gestimmt hat, rechtfertigt Strache so: Man habe aus Sorge um die Bürgerrechte nur den „Bundestrojaner“ abgelehnt, eine staatliche Spionagesoftware. Da suche man nach wie vor einen Kompromiss mit der ÖVP. Aber im Grunde sei man sich einig, es gehe jetzt nur noch „um technische Details“. Zudem soll ein nationales „Cybersicherheitszentrum“ geschaffen werden.
Polizei
Die Polizei wollen ÖVP und FPÖ personell aufstocken. Strache denkt an „2500 bis 2800 neue Polizeischüler pro Jahr“ – um die Aufnahmestopps der vergangenen Jahre zu kompensieren und die anstehende Pensionierungswelle abzufedern. Daneben soll der Lehrberuf Verwaltungs- und Exekutivlehrling geschaffen werden. Strache, der mutmaßlich nächste Innenminister, versprach auch Änderungen im Besoldungsrecht: Viele Polizisten gingen mit 60Jahren in Pension, weil dann die Außendienstzulagen wegfielen. Dabei brauchte man sie im Innendienst.
Straches Aussprache mit Van der Bellen
Im Anschluss hatten die Parteichefs einen Termin beim Bundespräsidenten. Strache wollte sich versichern, ob es denn stimme, dass Alexander Van der Bellen weder FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky noch den Wiener Vizebürgermeister, Johann Gudenus, als Minister angeloben würde. Er würde das nicht verstehen. Denn beide hätten sich nichts zuschulden kommen lassen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2017)