Helmut Graupner: Der Homosexuelle, der gegen Diskriminierung aller Art kämpft

Helmut Graupner, Gründer des Rechtskomitees Lambda.
Helmut Graupner, Gründer des Rechtskomitees Lambda. (c) APA
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Der Wiener Anwalt Helmut Graupner hat die Öffnung der Ehe ebenso erreicht wie den gleichen Seniorentarif für Männer und Frauen bei den Wiener Linien.

Wien. Die Diskriminierung von Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung hat den Verfassungsgerichtshof schon auf vielfältige Weise beschäftigt. Doch immer wieder stand für die Betroffenen ein und dieselbe Person dahinter: Helmut Graupner.

Der heute 52-jährige Rechtsanwalt aus Wien war es, der im Jahr 2002 die Streichung des Homosexuellen-Paragrafen erreicht hat – § 209 des Strafgesetzbuchs hatte gleichgeschlechtliche Sexualkontakte mit Gefängnis bedroht, die unter Heterosexuellen erlaubt waren –; Graupner hat bewirkt, dass gleichgeschlechtliche Paare Kinder adoptieren dürfen; er vertritt derzeit eine Person, die vor dem Höchstgericht um die rechtliche Anerkennung eines dritten Geschlechts kämpft, weil sie sich weder als Mann noch als Frau fühlt; und er ist vor dem Höchstgericht als Anwalt jener beiden Frauen aufgetreten, die gestern die Öffnung der Ehe für Homosexuelle erreicht haben.

Schon als 20-Jähriger engagiert

1965 als Sohn einer Wirtin und eines Kaufmanns im niederösterreichischen Tullnerbach geboren, hat Graupner schon als 20-Jähriger begonnen, sich für Homosexuelle zu engagieren. Er studierte noch Jus an der Universität Wien, als er 1985 Mitglied der Homosexuelleninitiative – kurz „Hosi“ – Wien wurde. Anfang der 1990er-Jahre kam es dort zu einem Streit über die künftige Strategie gegen die homosexuellenfeindlichen Bestimmungen im Strafgesetzbuch. Also gründete Graupner eine eigene „Vereinigung zur Wahrung der Rechte gleichgeschlechtlich l(i)ebender Frauen und Männer“, das Rechtskomitee Lambda (RKL). Das war 2001, nachdem er bereits eine Dissertation über das Recht von Kindern und Jugendlichen auf sexuelle Selbstbestimmung geschrieben hatte und in die Liste der Wiener Rechtsanwälte eingetragen worden war.

Als RKL-Präsident wurde Graupner zum Sprecher der „Plattform gegen § 209“ gewählt, zu der sich rund 30 Organisationen im Engagement gegen die strafrechtlichen Sonderbestimmungen gegen Homosexuelle zusammengeschlossen hatten. Seither wurde Graupner nicht müde, Diskriminierungen von Personen anzuprangern und zu bekämpfen, die sich unter dem Kürzel LGBTI zusammenfassen lassen. Das ist die Abkürzung von (englisch) Lesbian, Gay, Bisexual, Transsexual/Transgender und Intersexual. Mit Gerichtsverfahren und Lobbying ist es Graupner gelungen, die Zahl der Unterschiede zwischen der Ehe und der Eingetragenen Partnerschaft von anfangs 100 schrittweise zu reduzieren. Nach der am Dienstag bekannt gewordenen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs fällt noch eine weg, ist doch die (Un-)Gleichgeschlechtlichkeit der Partner spätestens ab 2019 kein Unterscheidungsmerkmal mehr.

Graupner selbst ist bekennender Homosexueller; er lebt seit 20 Jahren in einer Partnerschaft mit einem Tschechen. Es würde Graupner nicht gerecht werden, würde man ihn nur mit einer LGBTI-Punze versehen. Der Anwalt tritt gegen Diskriminierungen aller Art ein. Er war es, der beispielsweise (wieder mithilfe des Verfassungsgerichtshofs) die Wiener Linien zwang, den Seniorentarif mit einem einheitlichen Mindestalter für Frauen und Männer festzulegen (derzeit 62 Jahre). Graupner hatte sich in diesem Fall für die Männer eingesetzt, die ursprünglich erst mit 65 als Senioren galten, während Frauen schon ab 60 günstiger die Öffis benützen durften.

„Alle können sich freuen“

Der gestrige Tag ist für Graupner denn auch aus drei Gründen ein Jubeltag. Einmal, weil damit die lang ersehnte Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare erreicht ist; dann auch, weil Österreich das erste Land in Europa ist, in dem diese Gleichstellung von einem Verfassungsgericht als menschenrechtlich geboten – und damit dem politischen Ermessen entzogen – erkannt worden ist. Und schließlich, weil nicht nur Homosexuelle davon profitieren, sondern auch verschiedengeschlechtliche Paare. Diese werden ja ab 2019 statt einer Ehe auch eine Eingetragene Partnerschaft eingehen können. „Damit haben alle die gleiche und umfassende Wahlfreiheit“, sagt Graupner. „Alle können sich gleichermaßen freuen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2017)

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