Die Managerin, die plötzlich in der Politik landete

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Bettina Glatz-Kremsner. Die langjährige Vorständin der Casinos Austria wird als künftige ÖVP-Ministerin gehandelt. Entweder für Wirtschaft oder für Finanzen – oder für beides. Mächtig wird sie auf jeden Fall sein.

In den Casinos Austria war die Stimmung schon einmal besser. Dabei ist das Unternehmen Kummer schon gewohnt: Die lang andauernden Querelen und die Ungewissheit um die neue Eigentümerstruktur haben die Mitarbeiter gewissermaßen abgehärtet. Trotzdem sind die jüngsten Entwicklungen ein harter Schlag. Offiziell ist noch gar nichts, trotzdem gilt es im Haus als ausgemachte Sache: Vorständin Bettina Glatz-Kremsner wird das Unternehmen verlassen. Und das tut weh: Glatz-Kremsner wird im Unternehmen als kommunikative, umgängliche, offene und integrative Person geschätzt. Offenbar hat das auch Sebastian Kurz erkannt. Bettina Glatz-Kremsner wird also als ÖVP-Wirtschaftsministerin oder als Finanzministerin gehandelt. Oder als Superministerin für beides.

Die 55-Jährige selbst schweigt dazu eisern. Und das passt eigentlich recht gut ins Bild: Vertraute berichten, dass sie die Dynamik in der Politik etwas unterschätzt habe.

Sie habe sich von Anfang an wunderbar mit Sebastian Kurz verstanden. Daher habe sie im Sommer auch spontan sein Angebot angenommen, ÖVP-Vize zu werden. Schlicht und einfach, weil sie der Partei als Managerin wertvollen Input geben wollte. Erst nach und nach sei Glatz-Kremsner bewusst geworden, dass sich ihre Führungsfunktion bei den Casinos Austria nur schwer mit der politischen Funktion unter einen Hut bringen lasse. Inhaltlich und zeitlich. Da gibt es nur ein Entweder-oder. Und so wurde es zum Oder.

Glatz-Kremsner landete schnurstracks in den Koalitionsverhandlungen. Und siehe da: Ihr gefällt diese völlig neue Art des Teamgeistes dort und die Möglichkeit zu gestalten. Politik macht ihr Spaß. Noch.

Dabei ist das Neue gar so neu nicht. Glatz-Kremsner war immer schon ein politisch engagierter Mensch. Schon als Studentin. Für das Studium war sie, die in Ungarn aufgewachsen ist, wieder in die Heimat zurückgekehrt. Und bald engagierte sie sich in der niederösterreichischen Landespolitik.

Wie sie Erwin Pröll kennenlernte

Gern wird in diesem Zusammenhang folgende Anekdote erzählt: Bei einer Wahlkampfveranstaltung im niederösterreichischen Himberg 1983 schwirrte die junge Studentin Kremsner umher und versuchte, unter anderen einen anwesenden Mann davon zu überzeugen, die ÖVP zu wählen. Es war Erwin Pröll. Er war damals stellvertretender Landeshauptmann und offenbar nicht allzu bekannt.

Es war der Beginn einer engen Freundschaft – bei den jüngsten Wahlen in Niederösterreich war Glatz-Kremsner in Prölls Personenkomitee aktiv.

Trotzdem: ÖVP-Mitglied wurde sie über die Jahre nicht. Das hat Glatz-Kremsner erst nachgeholt, als sie Parteivize wurde. Warum eigentlich? Glatz-Kremsner: „Die Frage einer Mitgliedschaft hat sich nie gestellt.“ Nachsatz: „Bis zu dem Moment, als es um die Funktion als stellvertretende Obfrau ging.“ So einfach ist das.

Ja, Bettina Glatz-Kremsner gilt als Frau der klaren Worte. Sie wird als sehr umgänglich und sehr kontrolliert beschrieben – von Letzterem zeugt die Tatsache, dass sie vor Jahren radikal mit dem Rauchen aufgehört hat. Und ihr wird so etwas wie natürliche Autorität zugeschrieben. Was wohl auch daran liegt, dass sie oft unbequeme Wahrheiten offen anspricht.

Bleibt die Frage: Wofür steht Bettina Glatz-Kremsner eigentlich? Wirtschaftspolitisch nämlich. Bislang hat sie sich da ja ziemlich bedeckt gehalten. Einziges überliefertes Zitat: „Ich glaube, dass ich im Bereich Wirtschaft einen wichtigen Beitrag leisten kann.“

Gegenüber der „Presse“ geht sie mehr ins Detail: „Für mich muss Wirtschaftspolitik verlässliche Rahmenbedingungen für den Standort Österreich schaffen. Ein stabiler und qualitativ attraktiver Wirtschaftsstandort ist auch wesentlicher Baustein eines funktionierenden Staates. Gerade auch für Investitionen stellen Nachhaltigkeit, Stabilität und Zuverlässigkeit wesentliche Rahmenbedingungen dar. Für österreichische Unternehmen müssen auch optimale Rahmenbedingungen im internationalen Wettbewerb bestehen, um den Standort langfristig abzusichern. Dazu gehören auch Themen wie eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten.“

Das klingt dann wieder ganz nach geschulter Politikerin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.12.2017)

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