Fünfter Tag im Grasser-Prozess: "Petrikovics hat niemanden bestochen"

Christian Thornton, Karl Petrikovics und Peter Hochegger
Christian Thornton, Karl Petrikovics und Peter HocheggerAPA/HELMUT FOHRINGER/APA-POOL
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Die Vorwürfe gegen Ex-Immofinanz-Chef Petrikovics seien unberechtigt, sagt Anwalt Dietrich.

Der fünfte Tag im Prozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 13 andere Angeklagte hat heute, Dienstag, mit dem Plädoyer des Anwalts von Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics begonnen. Anwalt Otto Dietrich vertritt den Fünftangeklagten Petrikovics, der derzeit eine Haftstrafe aus einem anderen Verfahren absitzt.

Dietrich bezeichnete die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft als unberechtigt: "Petrikovics hat keine strafbare Handlung gesetzt, er wird daher freizusprechen sein." Petrikovics habe nichts von einer allfälligen Involvierung "eines Beamten" gewusst, so Dietrich in Hinblick auf Grasser. Er habe daher niemanden bestochen.

Petrikovics habe auch keine Untreue begangen. Der damalige Immofinanz-Chef und Chef der Constantia Privatbank habe den Berater Peter Hochegger schon zehn Jahre lang gekannt. Als Hochegger daher im Vorfeld der Buwog-Privatisierung zu ihm kam und ihm zugesichert habe, er könne ihm "Informationen aus dem Markt" anbieten und für ihn lobbyieren, habe er zugestimmt und einen Vertrag auf Erfolgsbasis gemacht. Für ihn sei auch wichtig gewesen, dass der erfolgreiche Lobbyist Hochegger nicht für andere Mitbewerber bei der Privatisierung der Bundeswohnungen gearbeitet hätte.

Petrikovics habe mit Hochegger ein Erfolgshonorar vereinbart. "Es war Diskretion vereinbart", so der Anwalt. Die Staatsanwaltschaft behaupte, jeder habe gewusst, dass Hochegger, Grasser und Walter Meischberger befreundet gewesen seien - "das ist ja kein Beweis, das ist allenfalls ein Indiz". Petrikovics habe jedenfalls Meischberger nicht gekannt und ihn erst hier im Prozess getroffen.

"In der Wirtschaft braucht man Vertrauen"

Als Hochegger ihm sagte, dass das Österreich-Konsortium (mit Immofinanz, RLB OÖ und anderen, Anm.) mehr als 960 Mio. Euro bieten solle, habe Petrikovics diese Einschätzung sofort an Georg Starzer von der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich weitergegeben. Nachgefragt, woher Hochegger diese Information hatte, habe Petrikovics nicht. "In der Wirtschaft braucht man Vertrauen", meinte der Verteidiger.

Das Österreich-Konsortium bot 961 Mio. Euro und gewann den Zuschlag. Dann sei das Erfolgshonorar Hocheggers abgerechnet worden. "Der Einsatz von ausländischen, hier zypriotischen Firmen, ist nicht ungewöhnlich", so der Anwalt. Dass Hochegger für die Abrechnung "Diskretion" gewünscht habe, sei auch nicht ungewöhnlich - "und nicht strafbar". Auch die Immofinanz und Immoeast hatten Immobiliengesellschaften auf Zypern. Dass die Provision mit 9,61 Mio. Euro 370 Jahresgehälter eines Durchschnittsösterreichers ausmachte, wie die Staatsanwaltschaft ausgeführt hatte, sei anders zu sehen aus Sicht des Unternehmens, denn hier gehe es um ein Prozent der Transaktionssumme. Bei Immobiliendeals gebe es einen Anspruch von ein bis drei Prozent des Kaufpreises.

Der zweite Teil der Provision wurde von der RLB OÖ so abgerechnet, dass bei der Übernahme der zuvor gemeinsam besessenen ESG Villach durch die Immofinanz das Hochegger-Honorar einberechnet wurde. "Die RLB wollte keine Rechnung mit dem Namen Hochegger oder Buwog", sagte der Anwalt. Daher sei das so erfolgt und die Immofinanz habe die ganze Provision an Hochegger ausbezahlt.

Der Anwalt kritisierte auch, dass im Anklagevortrag der Staatsanwälte ein E-Mail von Hochegger an Petrikovics angeführt war, das aber falsch adressiert gewesen sei, nämlich an "Petrikovic". Daher habe dieses E-Mail gar nicht bei Petrikovics ankommen können - was dem Sachverständigen entgangen sei. Und schließlich habe Petrikovics im Constantia-Konzern gar kein eigenes E-Mail-Konto gehabt.

Diese Woche sind noch für Mittwoch und Donnerstag Verhandlungstage geplant, dann geht der Mega-Korruptionsprozess in die Weihnachtspause. Vergangenen Freitag hatte das Teilgeständnis des früheren PR-Agentur-Besitzers Peter Hochegger für Aufsehen gesorgt. Hochegger hatte Grasser massiv belastet, der Ex-Finanzminister habe 2,4 Mio. Euro der Provision aus der Buwog-Privatisierung kassiert.

Auf einen Blick

Im Korruptionsprozess sind neben Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, den (früheren) Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger sowie dem Immobilienmakler Ernst Karl Plech zehn weitere Personen angeklagte. Allesamt teilen sich den Grundvorwurf der Untreue. Für sie gilt die Unschuldsvermutung.

Causa Buwog: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft – in personam die Oberstaatsanwälte Alexander Marchart und Gerlad Denk - geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro, was einem Prozent des Buwog-Verkaufspreises entspricht). Gekommen sein soll das Geld von dem im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ – gegangen über Umwege auf diverse Konten. Die Millionenzahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist aber die zentrale Frage: Hat Grasser sein Insiderwissen genutzt und über seine Vertrauten entscheidende Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern?

Causa Terminal Tower: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft vermutet, dass rund um die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower ein rechtswidriger „Tatplan“ zur Anwendung kam. Dieser habe (wie schon beim Buwog-Deal) gelautet: bei Privatisierungsprojekten „mitschneiden“. Konkret: Ex-Finanzminister Grasser soll während seiner Amtszeit einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der Dienststellen in den Tower geflossen sein soll.

(APA)

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