Sobotka mit nur 61,3 Prozent zum Nationalratspräsidenten gewählt

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Der frühere Zweite Präsident Karlheinz Kopf erhielt wieder etliche Stimmen. SPÖ und Neos zeigten sich verärgert, dass die nunmehrige ÖVP-Ministerin Köstinger im Parlament "zwischengeparkt" wurde.

Wolfgang Sobotka (ÖVP) ist am Mittwoch mit dem schwachen Ergebnis von 61,3 Prozent zum Nationalratspräsidenten gewählt worden. Der frühere Innenminister erhielt 106 von 173 gültigen Abgeordneten-Stimmen. Die Wahl war notwendig geworden, weil Elisabeth Köstinger (ÖVP) das Parlament nur knapp sechs Wochen nach der Wahl der Nationalratspräsidenten wieder in Richtung Regierung verlassen hat.

Köstinger war am 9. November mit knapp 67 Prozent (117 der 175 gültigen Stimmen) gewählt worden. Schon damals war von der Opposition befürchtet worden, dass sie im Parlament nur "zwischengeparkt" wurde. SPÖ und Neos hatten nun deshalb angekündigt, Sobotka nicht zu wählen. Wieder etliche Stimmen erhielt der frühere Zweite Präsident Karlheinz Kopf, nämlich 65 an der Zahl. Zwei Stimmen entfielen auf andere Abgeordnete.

Kitzmüller-Wahl: Sieben Stimmen für Lugar

Anneliese Kitzmüller (FPÖ) wurde mit 71,8 Prozent zur Dritten Präsidentin des Nationalrats gewählt. Sie folgt Norbert Hofer, der nach gut vier Jahren im Amt als Ressortchef ins Infrastrukturministerium gewechselt ist. Kitzmüller, die dem rechten Rand der FPÖ zugezählt wird, erhielt ein schlechteres Ergebnis als Hofer bei dessen zwei Wahlen.

Bei Kitzmüllers Wahl war eine relativ große Zahl an Stimmen ungültig. Sie erhielt gesamt 102 von 142 gültigen Stimmen, gleich 34 waren ungültig. Sieben Abgeordnete waren entschuldigt bzw. nahmen nicht an der Abstimmung teil. Damit haben auch einige Koalitionsmandatare nicht für sie votiert. Denn ÖVP und FPÖ verfügen zusammen über 114 Mandate. Etwas überraschend erhielt auch der in mittlerweile drei Parlamentsfraktionen erfahrene Freiheitliche Robert Lugar sieben Stimmen. Der Rest verteilte sich auf unterschiedliche Abgeordnete.

Sobotka verspricht Äquidistanz

Sobotka sagte in seiner ersten Rede Äquidistanz in der Führung seines Amtes zu. "Demokratie ist eines der höchsten Güter, die es zu schützen gilt in allen Fragen. Er lud die Abgeordneten "zu einem gemeinsamen Miteinander" ein. Dass im Hohen Haus verschiedenste Meinungen pointiert und vielfältig vertreten seien, sei gut und notwendig, um nach außen das Bild eines lebendigen Parlamentarismus zu zeigen. 

Wie schon bei seinen Vorgängerinnen werde es auch sein Ziel als Präsident sein, das Parlament als "Stätte der Begegnung" zu öffnen, kündigte Sobotka an. Er wolle Wissenschaftler und Künstler zum Dialog laden. Wichtig sei aber auch der Dialog mit der Bürgergesellschaft. Um verstärkt die Jugend anzusprechen, will Sobotka die Demokratiewerkstatt ausbauen.

"Ansehen des Parlaments aufs Spiel gesetzt"

Der geschäftsführende SPÖ-Klubchef Andreas Schieder kritisierte, dass ein Parteivorsitzender die Vergabe von Posten nur nach innerparteilichen Notwendigkeiten ausrichte. Daher habe die Ablehnung des neuen Präsidenten nicht mit ihm als Person zu tun, sondern mit dem Umgang mit dem Amt.

Noch schärfer formulierte der stellvertretende Neos-Klubobmann Nikolaus Scherak. Mit seinem Vorgehen habe ÖVP-Obmann Sebastian Kurz das Ansehen des Parlaments für machtpolitische Spielchen aufs Spiel gesetzt. Hier sei Postenschachter auf Kosten des Amts betrieben worden. Scherak kündigte an, dass seine Fraktion wie schon bei der Köstinger-Wahl wieder den Namen des Zweiten Präsidenten Karlheinz Kopf auf den Stimmzettel schreiben werde.

Die Liste Pilz wählte Sobotka dagegen, auch wenn man mit diesem in nahezu keiner inhaltlichen Position Übereinstimmung habe, wie Klubobmann Peter Kolba kundtat. Aus Sobotkas Initiative, mit allen Fraktionen gleich ein Gespräch zu suchen, habe er aber die Hoffnung mitgenommen, dass er sein neues Amt mit entsprechender Äquidistanz anlegen werde. Nein sagt die Liste Pilz zu Kitzmüller angesichts dessen, dass diese laut Medienberichten in deutschnationalen Mädelschaften aktiv sei und altgermanisches Brauchtum feiere. Kitzmüller ersetzt ja Norbert Hofer, der ins Infrastrukturministerium gewechselt ist.

(APA)

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