Caritas-Präsident Landau sieht Regierungsprogramm nur "für die Starken"

Michael Landau
Michael LandauAPA/ROLAND SCHLAGER
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Caritas-Präsident Michael Landau sieht Arbeitslose und Asylwerber besonders von den geplanten Maßnahmen betroffen. Dennoch lobt er einzelne Vorhaben der türkis-blauen Regierung und hofft auf gute Zusammenarbeit.

Caritas-Präsident Michael Landau übt deutliche Kritik am Regierungsprogramm. "Ich habe das Gefühl, es gibt hier einen beinahe darwinistischen Ansatz - nach dem Motto: Der Stärkere setzt sich durch", sagt er im Weihnachtsinterview mit der Austria Presseagentur. Arbeitslose und Asylwerber sieht er von den geplanten Maßnahmen betroffen. Dennoch lobt Landau auch einzelne Vorhaben und hofft auf gute Zusammenarbeit.

"Es ist ein Programm für jene, die über ausreichend Einkommen und Vermögen verfügen. Der Staat ist aber keine Firma, die Schwächere und Ärmere kündigen kann", fasst Landau seinen Eindruck des Koalitionsprogramms von ÖVP und FPÖ zusammen. Er findet: "Die neue Bundesregierung muss eine Regierung sein, die alle Menschen in diesem Land - die schwachen und die starken - nach bestem Wissen und Gewissen vertritt."

Dennoch wünscht der Caritas-Präsident der Regierung erst einmal alles Gute für die kommenden Jahre. "Die Arbeit, die ansteht, erfordert zuallererst ein hohes Verantwortungsbewusstsein. Und dazu wird es nötig sein, den Blickkontakt mit armutsbetroffenen Menschen nicht zu verlieren", mahnt er. Um sogleich zum Kernpunkt seiner Kritik zu kommen: "Das Regierungsprogramm schwächelt massiv, wo es um armutsbetroffene Menschen geht."

Sorgen macht Landau etwa der Umgang mit Arbeitslosen - "wenn die ohnehin niedrige Leistung in diesem Bereich weiter gekürzt werden soll". Die Integration der Notstandshilfe lasse vermuten, dass sich die Regierung in Richtung eines Hartz-IV-Systems bewege. "Auch bei der Ausweitung der zumutbaren Wegzeiten wird man sich genau ansehen müssen, was das für das Familienleben bedeuten wird", so der Caritas-Präsident, der vor allem eine Zunahme der Kinderarmut befürchtet.

Verschärfungen im Asylbereich für Landau nicht weniger problematisch

Nicht weniger problematisch sieht Landau Verschärfungen im Asylbereich. "Wahr ist einfach, dass die Zahl der Anträge zurückgeht, doch die Aufgeregtheit, mit der die Debatte geführt wird, ist anhaltend hoch", berichtet er aus seiner Erfahrung. Dem entgegen stünden etwa die geplante Abnahme von Bargeld und das Auslesen von Handydaten. "Auch hier muss die gleiche Würde der Menschen das Maß sein", findet der Caritas-Chef und weiter: "Ich halte es für problematisch, dass Menschen auf der Flucht unter einen generellen Kriminalitätsverdacht gestellt werden."

Unter keinen Vorbehalt will Landau den neuen Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) stellen. "Es ist wie bei jeder neuen Bundesregierung. Unsere Aufgabe ist, jedem Minister gegenüber dieselbe", sieht er die Angelegenheit erst einmal pragmatisch. Und: "Ich habe in der Schule gelernt, die Polizei ist Freund und Helfer der Menschen in Österreich. Und daher will ich zunächst einmal davon ausgehen, dass auch der neue Innenminister der oberste Freund und Helfer aller Menschen in Österreich sein möchte. Mein Appell lautet: Er möge die Würde eines jeden Menschen in Österreich schützen."

Lichtblicke im Regierungsprogramm

Ein paar Lichtblicke im Regierungsprogramm kann Landau dennoch ausmachen. Etwa den angekündigten Ausbau bei Pflege und Hospiz. Grundsätzlich gut findet der Caritas-Präsident auch den "Familienbonus Plus", da dieser Familien unterstütze. Was ihn dabei stört: "Es ist hier explizit keine Negativsteuer geplant, wie etwa bei den Kinderabsetzbeträgen. Dies sei der falsche Ansatz, da die Regierung hier auf die Ärmsten vergesse. "Sinnvoll wäre hier etwa eine Entlastung bei den Sozialversicherungsbeiträgen", so Landau.

"Ich warne ausdrücklich vor sozialen Einschnitten", warnt Landau zusammenfassend. Viele tun so, als wäre der Sozialstaat eine Armenkasse, die sie gnädig mit ihren Beiträgen zu füllen ohne zu bedenken, dass es von einem Augenblick auf den anderen sein kann, dass sie genau diesen Sozialstaat dringend brauchen. Wir können uns den Sozialstaat leisten. Was wir uns nicht leisten können ist, ohne ihn zu sein."

(APA)

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