Grasser-Prozess

Hochegger-Mail: "Alle wollen khg aufhängen"

GRASSER-PROZESS: HOCHEGGER
GRASSER-PROZESS: HOCHEGGER(c) APA/HANS PUNZ
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Ticker Verhandlungstag 9 Der Ex-Lobbyist belastete Ex-Minister Grasser und dessen Trauzeugen Meischberger. Letzterer habe ihm vom Teilgeständnis abgeraten - mit den Worten: "Das kannst du nicht machen, wo wir jetzt so gut liegen."

Tag neun im Korruptionsprozess gegen den früheren Finanzminister Karl-Heinz Grasser, den einstigen Lobbyisten Peter Hochegger sowie zwölf weitere Angeklagte brachte eine Reihe von Wortgefechten und Anschuldigungen mit sich. Zunächst sagte der teilgeständige Hochegger aus, dass der mitangeklagte Grasser-Vertraute Walter Meischberger am Tag seines Teilgeständnisses zu ihm gesagt habe: „Das kannst du nicht machen, wo wir jetzt so gut liegen.“ Darauf habe er geantwortet: „Es gibt kein Wir.“ Seine Aussage sei „weit weg von einem PR-Gag.“ Er wisse, dass er damit nicht nur andere, sondern auch sich selbst belaste – und ihm deswegen bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe drohten.

Außerdem schilderte Hochegger auf entsprechende Fragen der Oberstaatsanwälte Alexander Marchart und Gerald Denk, dass die Buwog-Provision (siehe Infobox unten) über seine zypriotische Firma Astropolis geflossen sei – und zwar an die US-Gesellschaft Omega und von dort weiter nach Liechtenstein. Ein Bankberater habe ihm in diesem Zusammenhang einen „Zettel“ gezeigt, auf dem die Kontonamen Natalie, Karin und 400.815 zu lesen gestanden seien, führte Hochegger aus – und er habe ihm gesagt, dass hinter 400.815 Grasser stehe. Daraufhin sei er „geschockt“ gewesen, habe es aber niemanden erzählt.

Ein Punkt, bei dem im Anschluss die Grasser-Verteidiger Manfred Ainedter und Norbert Wess einhakten. Denn zu dem Zeitpunkt, als Hochegger den Zettel gesehen haben wollte, hätte es die Konten Karin und Natalie noch gar nicht gegeben. Hochegger beharrte darauf, dies gesehen zu haben, räumte dann aber ein, es könne sein, dass das Treffen später als von ihm angegeben stattgefunden hatte.

Kronzeugenregelung?

Auf die Frage der Oberstaatsanwälte nach dem Zustandekommen seiner Selbstanzeige im Herbst 2009 meinte Hochegger, damals habe es Medienberichte über die Buwog-Provision gegeben, weshalb er sich an Meischberger gewandt hätte. Letztlich hätten beiden eine Selbstanzeige erstattet - weil die Provision in Österreich nicht versteuert worden war. In diesem Zusammenhang fiel denn auch ein pikantes Zitat. Auf die Leinwand im Gerichtssaal wurde ein E-Mail Hocheggers aus dieser Zeit projiziert, in dem er schrieb: „Alle wollen khg (Kürzel von Grasser, Anm.) aufhängen, ich bin nicht das Haupttarget.“

Lauter wurde es, als die Grasser-Anwälte Hochegger nach dem Zustandekommen seines Teilgeständnisses fragten. Dazu zitierten sie eine Twittermeldung eines Journalisten, in der es heißt: „Dass Hochegger auspackt war seit Dezember 2016 in höchsten Justizkreisen bekannt. Ich bekam die Info auch (war aber streng off records).“ Ob er sich da etwas ausgedealt habe? Hochegger verneinte entschieden: „Ich habe zu keiner Zeit mit der WKStA (Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, Anm.) oder sonst jemanden in Justizkreisen über eine Kronzeugenregelung oder eine Sonderregelung gesprochen.“ Wess konterte daraufhin: „Wir haben massive Zweifel, dass Sie geläutert sind." Hochegger konterte: „Ihre Schlussfolgerung ist falsch."

Ob er etwas gegen einen der anderen Angeklagten habe, fragte Wess Hochegger dann noch. Letzterer verneinte das. Zu seinem Verhältnis zu Grasser meinte er lediglich, dass der Ex-Minister – der einst sein Geschäftspartner gewesen war – am ersten Verhandlungstag zu ihm gekommen sei und gemeint habe: „Peter, das gewinnen wir.“

Morgen, Donnerstag, sind die übrigen Verteidiger an der Reihe, ihre Fragen an Hochegger zu richten. Die übrigen Angeklagten bestreiten, anders als Hochegger, allesamt die gegen sie vorgebrachten Vorwürfe. 

Die Vorwürfe auf einen Blick

Die Oberstaatsanwälte Alexander Marchart und Gerald Denk gehen davon aus, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (fast zehn Millionen Euro, was einem Prozent des Buwog-Verkaufspreises entspricht). Gekommen sein soll das Geld von dem im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ – gegangen über Umwege auf diverse Konten.

Die Millionenzahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist aber die zentrale Frage: Hat Grasser sein Insiderwissen genutzt und über seine Vertrauten entscheidende Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern? Grasser bestreitet das, der frühere Lobbyist Peter Hochegger behauptet das Gegenteil. 

Ähnlich lauten die Verdächtigungen beim Komplex Terminal Tower: Wie beim Buwog-Deal soll auch hier ein "Tatplan" (bei Privatisierungsprojekten serienweise "mitschneiden") befolgt worden sein. Und zwar: Grasser soll einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower geflossen sein soll.

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