Die Grünen auf ihrem langen Weg aus der Krise

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Nach dem Ausscheiden aus dem Nationalrat setzt die Öko-Partei einen Erneuerungsprozess in Gang. Bei den Landtagswahlen im Frühjahr rechnen die Grünen mit guten Ergebnissen in Tirol und Salzburg und mit dem Einzug in den niederösterreichischen Landtag.

Wien. Vorbei sind die Zeiten, als die Grünen noch über einen komfortabel ausgestatteten Raum für Pressekonferenzen verfügten. Jetzt empfängt der interimistische Bundessprecher Werner Kogler die Journalisten im Vorzimmer zu den Büros der Bundesratsabgeordneten – einem engen, rund 15 Quadratmeter großen Raum. Hier war noch vor zwei Monaten das Team Stronach untergebracht, das inzwischen völlig von der Bildfläche verschwunden ist. Die Grünen dagegen haben sich noch nicht aufgegeben, auch wenn sie nicht mehr im Nationalrat vertreten sind.

Werner Kogler ist derjenige aus der Riege der Alt-Abgeordneten, der den Neustart organisieren soll. Immerhin: Die Partei ist noch in etlichen politischen Gremien vertreten: Vier Bundesratsabgeordnete gibt es, was gerade noch für einen eigenen Klub ausreicht, dazu drei Abgeordnete im Europäischen Parlament. Und: Die Grünen sind in allen Landtagen und in fünf Landesregierungen vertreten. Das soll auch so bleiben. In den kommenden Monaten stehen vier Landtagswahlen an, von denen schon sehr viel abhängt für die Grünen.

In Niederösterreich und in Kärnten geht es um den Wiedereinzug ins Landesparlament, in Tirol und Salzburg um ein annäherndes Erreichen des sehr guten Ergebnisses von 2013 und um den Verbleib in der Landesregierung. Kommendes Jahr steht dann mit der EU-Wahl der nächste bundesweite Wahlgang an. Das werde die Nagelprobe, sagt der Parteichef.

Bei den Landtagswahlen ist Kogler in drei von vier Fällen optimistisch. In Niederösterreich – da wird schon am 28. Jänner gewählt – soll sich der Einzug ausgehen. Die Grünen hoffen diesmal auf die „taktischen Wähler“. Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) als Landeshauptfrau stehe jetzt schon fest, SPÖ und FPÖ würden mit Sicherheit in die Proporz-Landesregierung einziehen. Den Grünen komme die Rolle der Kontrollpartei zu – und die habe sie bisher schon gut ausgeübt: Bei der umstrittenen Erwin Pröll-Stiftung etwa, oder bei den Spekulationsverlusten des Landes. In Salzburg und Tirol verweist Kogler auf überraschend gute Umfrageergebnisse: In beiden Bundesländern sei man zweistellig.

Wobei von diesen beiden Wahlen einiges abhängt für die Grünen: In beiden haben sie 2013 auch ein Bundesratsmandat erreicht. Verlieren sie auch nur eines davon, geht der Klubstatus im Bundesrat und damit die Klubförderung verloren. Als schwierig schätzt auch Kogler die Situation in Kärnten ein, wo sich die Grünen gespalten haben. Dort werde es an Landesrat Rolf Holub liegen, ob der Wiedereinzug in den Landtag gelingt. Das Wahlergebnis von 2013 – da erreichten die Grünen 12 Prozent – ist völlig außer Reichweite.

Spenden für die Bundespartei

Schwierig ist auch die Situation der Bundespartei selbst. Immerhin ist inzwischen die finanzielle Sanierung der Altlasten gelungen. Fünf Millionen Euro betrugen die Schulden, die nach der Einigung mit den Banken in den kommenden drei bis fünf Jahren abgetragen werden sollen. Dafür müssen mangels Parteienförderung im Bund die Landesorganisationen tief in die Tasche greifen. Für die Zukunft ist nichts übrig geblieben. Infrastruktur und Personal sollen nun über Spenden finanziert werden, wobei man aber keine Großspender im Visier habe. „Chemiekonzern hat sich noch keiner bei mir gemeldet“, so Kogler. Er selbst macht die Arbeit vorerst einmal für sechs Monate ehrenamtlich. Auch den „Nachschlag“ für ausgeschiedene Abgeordnete (75 Prozent des Gehalts für drei Monate) nimmt er nicht in Anspruch.

Was danach passiert, ist noch offen – so wie auch die gesamte künftige Ausrichtung der Partei. In den kommenden Monaten sollen in ganz Österreich Kongresse stattfinden, in denen der Erneuerungsprozess der Partei eingeleitet wird. Gestartet wird Mitte Februar an der Wiener Wirtschaftsuniversität. Diese Kongresse sollen bis zum Jahresende zu einem „grünen Manifest“ führen: Eine „Streitschrift im besten Sinne des Wortes“, die Orientierung nach innen und Magnetwirkung nach außen bieten soll. „Wir müssen diese existenzielle Krise als Chance begreifen“, sagt Kogler. „Etwas anderes bleibt uns auch gar nicht übrig.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2018)

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