Ministerrat: Wenn Strache die EU retten muss

Ein Fall für zwei: Ministerin Schramböck und Vizekanzler Strache stellen die umgefallene EU-Fahne wieder auf.
Ein Fall für zwei: Ministerin Schramböck und Vizekanzler Strache stellen die umgefallene EU-Fahne wieder auf.(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Das Migrationsthema sorgt für einen Schlagabtausch zwischen der Regierung und der SPÖ. Beim Thema Digitalisierung verspricht die Koalition den per App gespeicherten Führerschein.

Wien. Da gibt sich Heinz-Christian Strache neuerdings EU-freundlicher und dann fällt ihm das thematisch erst recht auf den Kopf. Also fast, denn nur knapp verfehlte eine zu Boden gehende EU-Flagge nach dem Pressefoyer der Regierung den Vizekanzler. Gemeinsam mit Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck richtete Strache die Fahne im Kanzleramt wieder auf. „Ich habe heute die EU gerettet und aufgefangen“, sagte Strache und lachte über die Geschehnisse laut auf.

Das Fahnenmeer beim Pressefoyer nach dem Ministerrat gehört zur Inszenierung der neuen Regierung dazu. Gleich in doppelter Zahl stehen die Flaggen der Bundesländer, der Republik und der EU hinter den Regierungsvertretern. Ebenso gehört es zur neuen Regierung, möglichst oft zu versprechen, sich um die die Themen Sicherheit und Migration zu kümmern. Einmal mehr betonte Kanzler Sebastian Kurz zu Beginn des Pressefoyers am Dienstag Vormittag die Wichtigkeit dieser Vorhaben. Dass die SPÖ neuerdings auch verstärkt auf diese Schiene setzen will und der Regierung vorwarf, mehr Zuwanderer als bisher ins Land zu lassen, stört die Koalition.

Koalition verärgert, Kern warnt

„Eine Angstmache“ sei die Kritik der SPÖ im Zusammenhang mit der für die Zuwanderung relevanten Mangelberufsliste, befand Kurz. Es sei „unredlich und auch nicht sinnvoll, mit falschen Zahlen zu hantieren“, meinte der ÖVP-Chef. Die SPÖ hatte vor 150.000 Zuwanderern durch die Regierungspläne gewarnt.

Strache erklärte, die Aussagen von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher hätten ihn „sehr zum Schmunzeln“ gebracht. Lercher hatte erklärt, dass Jörg Haider heute wahrscheinlich SPÖ wählen würde. Ein Konter auf Straches Behauptung, wonach Bruno Kreisky heute wohl FPÖ wählen würden. „Nicht mehr amüsant, sondern schon ärgerlich“, findet Strache die Aussagen der SPÖ zur Mängelberufsliste, gehe diese doch auf Vorarbeiten des früheren SPÖ-Sozialministers Alois Stöger zurück.

SPÖ-Chef Christian Kern wies im ORF-Radio den Vorwurf, mit falschen Zahlen zu hantieren, zurück. Die Regierung habe eine Verdreifachung der Mangelberufliste vorgeschlagen habe. Und das hätte dann auch eine Verdreifachung der momentan 47.000 Rot-Weiß-Rot-Karten-Beziehern zur Folge, so Kerns Rechnung.

Aber eigentlich war das Thema des Ministerrats am Dienstag ein anderes, nämlich die Digitalisierung. Wie bereits mehrfach angekündigt, will die Regierung hier eine Offensive starten. Bisherige Online-Plattformen des Staates sollen zu einer verschmolzen werden, eine App dafür sorgen, dass Behördenwege wie die Verlängerung des Passes von zu Hause erledigt werden können. Auch den Führerschein soll man per App auf dem Handy mit sich tragen können. Österreich sei beim Thema Digitalisierung einst Vorreiter gewesen, zuletzt aber etwas zurückgefallen, sagte Kurz. Das wolle er wieder ändern.

Ministerin Schramböck (ÖVP) betonte, dass auf längere Sicht jeder Österreicher schon bei der Geburt mit einer eigenen digitalen Identität ausgestattet werden solle. Zunächst werde es aber noch auf Freiwilligkeit beruhen, ob sich jemand eine digitale ID zulegt, mit der er dann die staatlichen Angebote nutzen kann.

Schon jetzt können bestimmte Behördenwege per Handy-Signatur erledigt werden, wobei noch immer viele Leute den persönlichen Kontakt zum Amt suchen. Dies werde weiterhin möglich bleiben, versicherte die Regierung. Die Kosten für die Digitalisierungsoffensive seien bereits budgetiert, erklärte Kurz. Langfristig erwarte er sich durch die Digitalisierung Einsparungen bei den Behörden, meinte Kurz, ohne die Summe zu beziffern.

Der flächendeckende Breitbandausbau solle wiederum durch den Lizenzverkauf Erlöse bringen, die man wieder in den Ausbau investieren will. Sprach Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ), bevor die Regierungsvertreter von dannen schreiten wollten – und die EU-Flagge zu Boden stürzte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2018)

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