Der Grasser-Prozess und der bedenkliche Schwund der Schöffen

Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser.
Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser.(c) APA (Helmut Fohringer)
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Fünf von zwölf Laienrichtern wurden seit Prozessbeginn ausgeschlossen. Ginge es beim Laienrichterschwund im bisherigen Tempo weiter, würde das Verfahren Ende Februar platzen.

Und da waren es nur noch sieben. Seit dem Beginn des Korruptionsprozesses gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) am 12. Dezember des Vorjahres und nur neun Verhandlungstage später wurden bereits fünf der ursprünglich zwölf Schöffen wegen Krankheit, bzw. einer wegen einer Verspätung von einer dreiviertel Stunde, von Richterin Marion Hohenecker aus der Hauptverhandlung ausgeschlossen.

Sinkt die Zahl der Schöffen - und Ersatzschöffen - unter zwei, dann platzt der Prozess, da die zwei Schöffen, die dann gemeinsam mit den beiden Berufsrichtern das Urteil fällen, jede einzelne Minute des Verfahrens über die ganze Dauer anwesend sein müssen. Selbst wenn einer der Schöffen nur kurz vor die Tür muss, wird die Hauptverhandlung für diese Zeit unterbrochen.

Ginge es beim Laienrichterschwund im bisherigen Tempo weiter, dann wäre das Verfahren bereits Ende Februar - ohne Urteil - gescheitert. Prozessbeobachter gehen von einer Verfahrensdauer bis zu einem Richterspruch von einem Jahr aus.

Nicht nur Krankheit als Risikofaktor

Ein Blick in die Statistik offenbart dazu folgendes: Pro Jahr gehen rund 60 Prozent der Arbeitnehmer in den Krankenstand - allerdings umfasst dies nur die Krankmeldungen. Ist jemand nur ein bis zwei Tage im Krankenstand und wird vom Arbeitgeber für einen derart kurzen Zeitraum keine Krankenbestätigung eingefordert, fällt er aus der Fehlzeitenstatistik des Wifo heraus.

Eng werden könnte es nicht nur durch Krankheit, Stau oder schlichtes Verschlafen, sondern auch durch die Nachforschungen der Anwälte der insgesamt 14 Angeklagten. Grasser-Verteidiger Manfred Ainedter musste vergangene Woche zugeben, dass er das Privatleben der Schöffen "gegoogelt" hat. Sollten sich diese in der Vergangenheit im Internet negativ zu Grasser und/oder anderen Angeklagten geäußert haben, könnte die Verteidigung darin eine Befangenheit orten - und darauf drängen, dass der betroffene Schöffe aus dem Verfahren ausgeschieden wird.

>>> Dossier: Der Grasser-Prozess [premium]

(APA)

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