Opernball 2010: Franzobels Arigona-Show

(c) APA (Georg Hochmuth)
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Ioan Holenders letzte Opernball-Konferenz war wie ein Theaterstück. Eines, das nun mit der Frage weitergeht, ob Franzobel mit Arigona Zogaj kommt.

Es war seine Show. Das wusste er und so wollte er es haben. Ioan Holender, der während seiner Amtszeit als Wiener Staatsoperndirektor nie ein Hehl daraus gemacht hat, dass er auf die Abhaltung des Staatsballs in „seinem“ Haus gerne verzichten könnte, gab sich diesmal gut gelaunt. Die üblichen Seitenhiebe auf die Medien („Es ist schon erstaunlich, es sind mehr Fotografen und Kameraleute da als Journalisten.“) und den Generaldirektor des ORF („Es ist ja fein, dass er sich bei dieser Gelegenheit in die Tiefen der Oper begibt.“) waren auch schon bissiger.

Es war seine letzte Opernball-Pressekonferenz und doch gab es viele Neuerungen. Die bisher eher steife Pressekonferenz früherer Jahre wurde zu einer perfekt inszenierten Vorstellung der Ballnacht am 11. Februar. Und eben auch zu einem ersten großen „Goodbye“ für Holender.

Alles dreht sich, alles bewegt sich – rund um Holender. Und weil der sichtlich gebauchpinselte Direktor immer wieder demonstrativ nicht zuhörte oder mit dem ebenfalls anwesenden ORF-Chef Alexander Wrabetz tuschelte, war ihm etwas entgangen.

Der österreichische Dichter Franzobel hatte einen pointierten Text über den Opernball, „den großen staatlichen Maturaball“, verfasst und ihn selbst vorgetragen. Ein fast schon erwartbarer Text über den Opernball aus Sicht eines Literaten, der aber zumindest eine Überraschung barg: Er würde gerne mit Arigona Zogaj zum Ball kommen, wenn man ihn ließe, schloss er seinen Text. Eigentlich ein Scherz, den er schon in seinem jüngsten Stück „Österreich ist schön“, das auch das Schicksal des Mädchens behandelt, formuliert hat. Dennoch. Hier blieb diese aufgeworfene Frage zunächst unbeantwortet. Weder Ball-Chefin Désirée Treichl-Stürgkh noch Holender reagierten.

Erst nach der Pressekonferenz darauf angesprochen zeigten sich beide positiv angetan. Holender fand die Idee gut. „Auf dem Ball sind viele andere 17-jährige Mädchen, warum nicht auch sie“, sagte er. Treichl-Stürgkh ließ ihren Worten Taten folgen. Bereits am Nachmittag hatte sie zwei Karten für Franzobel und Zogaj aufgestellt. Dabei ist sich das Mädchen mittlerweile gar nicht mehr sicher, ob sie sich „damit etwas Gutes tut“, sagte Franzobel danach der „Presse“. Er habe sie zwar im Dezember gefragt, ob sie Lust hätte, mit ihm zum Opernball zu gehen, damals habe sie auch zugesagt, nun sei sie aber noch am Überlegen. Franzobel sieht den Besuch des jungen Mädchens, deren geplante Abschiebung seit 2007 immer wieder für Schlagzeilen sorgt, jedenfalls als „gutes Zeichen, der Staat soll ihr etwas zurückgeben.“

Dass Zogaj der Opernball mit seinem Trubel gefallen würde, glaubt Franzobel schon. „Und es gibt ja auch eine Disco“. Berührungsängste zwischen ihr und anderen Gästen sieht er nicht: „Ab einem gewissen Alkoholspiegel findet eine Fraternisierung quer durch die Besucher statt.“ Ob die Fotografen ihr überhaupt die Chance geben würden, sich mit anderen Besuchern zu fraternisieren, ist freilich zweifelhaft.

Für die Inszenierung der Pressekonferenz – mit Lesungen, Videofilmen und Fotos – war Lois Lammerhuber verantwortlich. Der Fotograf schenkt dem scheidenden Operndirektor zudem einen zehn kg schweren, über 600 S. dicken Bildband mit Fotos von und Texten über alle Inszenierungen aus Holenders Amtszeit. Die männlichen Ballgäste dürfen den samtroten Band am Ende der Ballnacht mit nach Hause schleppen. Er ist die Herrenspende.

Künstlerisch anspruchsvoll wird die Balleröffnung, bei der man Fréderic Chopin gedenkt, der heuer 200.Geburtstag hat. Das Scherzo No.1, Opus 20 wählte Choreograf Giorgio Madia wegen des speziellen Wienbezugs aus: Chopin hat das Stück hier komponiert. An Polen, die Heimat des Musikers, sollen die Kostüme der Balletttänzer in den polnischen Landesfarben rot-weiß erinnern. Die Gesangseinlage kommt diesmal von 13 Solistinnen und Solisten der Staatsoper, die ein Best-of-Medley diverser Opern singen werden, das Dirigent Alfred Eschwé zusammengestellt hat. Auch einem ehemaligen Operndirektor gedenkt man: dem vor 150 Jahren geborenen Gustav Mahler. Der nach ihm benannte Saal im ersten Stock wird historisch dekoriert, in Vitrinen zeigt man Ausstellungsstücke aus seiner Zeit.

Was Holender an dem Spektakel in seinem Opernhaus wirklich lieb gewonnen hat, hat wenig mit dem Ball an sich zu tun. Es ist die leergeräumte Oper am Morgen danach, in der heuer zum achten Mal Mozart's „Zauberflöte“ für Kinder gratis gezeigt wird. Holender spielt darin traditionell einen Baum. Auch die Show wird er sich heuer – ein letztes Mal – nicht nehmen lassen.

Auf Einen Blick

Der Opernball am 11.Februar 2010 ist der elfteund letzte unter der Direktion von Ioan Holender, der dritte unter der Leitung von Desirée Treichl-Stürgkh und Eva Dintsis. Er steht künstlerisch unter den Mottos „200 Jahre Frédéric Chopin“ und „150 Jahre Gustav Mahler“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2010)

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