NS-Opfer Herbert Löwy und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka sprechen im Doppelinterview über die Zeit des Nationalsozialismus und über die Aufarbeitung der Geschichte.
Die Presse: Was bedeutet das Gedenken an die NS-Zeit für Sie als Betroffenen?
Herbert Löwy: Angenehm ist es nicht, wenn man zurückdenkt, wenn man den Großteil der Familie verloren hat. Aber es ist schön, dass der Staat Österreich das macht und dass das nicht in Vergessenheit gerät.
Das war ja nicht immer so. Wie haben Sie den Umgang unseres Staates, unserer Gesellschaft mit der Vergangenheit erlebt?
Ich hatte ein herausstechendes Erlebnis. Das war vor ungefähr vier oder fünf Jahren in der Straßenbahn. Dort ist ein Herr in meinem Alter gesessen, der hat mich eingeladen, sich neben ihn zu setzen. Dann hat er angefangen auf die Jugend zu schimpfen. Zu unserer Zeit hat es so etwas wie Suchtgift nicht gegeben, hat er gesagt. Da bin ich schon aufmerksam geworden. Dann sagt er, Sie sind ja in meinem Alter, da waren Sie sicher auch bei der Fliegerabwehr, bei der HJ, da wissen Sie, wie da Zucht und Ordnung geherrscht hat. Ich habe gesagt, ich war nicht bei der HJ, ich war rassisch nicht dazu geeignet. Er dürfte das nicht verstanden haben und hat noch weiter geschwärmt von der Zeit und hat das so verherrlicht. Ich habe mich gewundert, dass es so etwas auch noch gibt. Ich habe das nicht ausgehalten, bin aufgestanden und ausgestiegen.