NS-Lieder: Künstler verurteilen "neo-nationalsozialistische Propaganda"

Literaturnobelpreis-Trägerin Elfriede Jelinek
Literaturnobelpreis-Trägerin Elfriede Jelinek (c) REUTERS (Leonhard Foeger)
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Elfriede Jelinek bis Hubert von Goisern: Die Verse im Buch der Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt "rufen zum Massenmord auf", kritisiert eine Künstler-Initiative.

Eine prominent besetzte Künstler-Initiative verurteilt das Holocaust-Opfer verspottende und rassistische Liederbuch der Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt scharf. Die Verse verherrlichten den Massenmord und "rufen zum Massenmord auf", heißt es in einer unter anderem von Literaturnobelpreis-Trägerin Elfriede Jelinek getragenen Erklärung.

Das Liedbuch der Burschenschaft, der bis vor kurzem auch der niederösterreichische FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer angehört hat (nach Aufkommen der Affäre stellte er seine Mitgliedschaft ruhend), enthält in Anspielung auf die Ermordung von rund sechs Millionen Juden im "Dritten Reich" etwa die Textzeile: "Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million."

Diese Werke "sind Verhetzung"

Die Künstlerinitiative schreibt dazu, es gebe keine harmlose Begründung, die die Existenz solcher Lieder in einem Studentenliederbuch erklären könnte: "Literarisch-musikalische Werke wie die der Germania verstoßen nicht nur gegen das Wiederbetätigungsverbot, sie sind Verhetzung."

Lieder und Verse wie die der Germania verfolgten keinerlei künstlerische Absicht, sie dienten allein dem ideologischen Zweck der Wiederbelebung und Durchsetzung nationalsozialistischen Gedankenguts, schreibt die Künstler-Initiative und urteilt abschließend: "Sie sind neo-nationalsozialistische Propaganda."

Unterfertigt ist das Schreiben von mehr als 100 Künstlern, unter ihnen etwa Erni Mangold, Karl Markovics, Erwin Wurm, Peter Weibel, Peter Rosei, Arno Geiger, Franzobel, Michael Heltau, Paulus Hochgatterer, Michael Köhlmeier und Hubert von Goisern.

Auch von politischer Seite reißt die Kritik an der Affäre, in der die Staatsanwaltschaft mittlerweile gegen vier Personen wegen des Verdachts auf Wiederbetätigung ermittelt, nicht ab: Erst gestern hatte Bundespräsident Alexander Van der Bellen den Rücktritt Udo Landbauers gefordert. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) betonte am Tag vor der niederösterreichischen Landtagswahl, sie schließe eine Zusammenarbeit mit dem FPÖ-Spitzenkandidaten nach dem Urnengang aus: "Wer den Ruf Niederösterreichs schädigt, kann kein Partner sein."

Auf einen Blick

Wegen des einschlägigen Liederbuchs der Verbindung "Germania zu Wiener Neustadt", der auch der niederösterreichische FPÖ-Spitzenkandidat, Udo Landbauer, angehört, hat nun die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen vier Personen aufgenommen. Im Raum steht der Vorwurf der Wiederbetätigung.

In dem 300 Seiten starken Liederbuch, das die Burschenschaft aufgelegt hat, sind unter anderem diese Zeilen abgedruckt: "Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.'" Und an anderer Stelle: "Da schritt in ihre Mitte ein schlitzäugiger Chines': 'Auch wir sind Indogermanen und wollen zur Waffen-SS.'"

Landbauer streitet ab, von dem Lied gewusst zu haben. Seine Mitgliedschaft bei der Burschenschaft stellte er ruhend. Medientermine, wie einen Skikurs im Rahmen seines Niederösterreich-Wahlkampfes, wurden abgesagt.

(APA/Red.)

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