Nach "Spritztour"-Spot drohen Disziplinarstrafen

Darabos: Heeres-Spot ist
Darabos: Heeres-Spot ist "sexistisch und schwachsinnig"Screenshot youtube.com
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Konsequenzen für die Verantwortlichen des Bundesheer-Werbespots: Minister Darabos schaltete die Disziplinarkommission ein. Die Grünen wollen wissen, wie teuer das Video war.

WIEN. Die „Spritztour im Panzer“, als die der umstrittene Werbespot des Bundesheeres am Donnerstag zweifelhafte Berühmtheit erlangte, endet nun mit einem Totalschaden für die verantwortlichen Offiziere: Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) schaltete am Freitag die Disziplinarkommission ein und kündigte scharfe Konsequenzen an. Denn der Film sei nicht nur „sexistisch“, sondern auch „in keinster Weise mit dem Minister abgesprochen“ gewesen, sagte sein Sprecher Stefan Hirsch zur „Presse“.

Darabos habe erst Donnerstagfrüh davon erfahren, als der Spot schon drei Tage auf der Heereshomepage und der Videoplattform „YouTube“ online gewesen war. Nach heftiger Sexismus-Kritik von vielerlei Seiten, unter anderem vom deutschen Frauenministerium, zog der Minister die Notbremse.

"Na Mädels, Lust auf eine Spritztour?"

Der Film zeigt einen kahlköpfigen Mann, der breitbeinig da sitzt auf der Motorhaube seines Sportwagens, umringt von vier jungen Damen. Er will sie mitnehmen, auf eine „Spritztour im flotten Flitzer“. Doch plötzlich braust ein Panzer durch den Nebel. Ein Soldat entsteigt ihm, fährt lässig mit der Hand übers Kanonenrohr und fragt: „Na, Mädels? Lust auf eine Spritztour?“

Als die Mädels, ihr Glück kaum fassen könnend, zu hüpfen beginnen, bringt der Soldat die Botschaft an: „Kommt zum Bundesheer, da könnt ihr Panzer fahren!“ Dann fährt er selbst los, die Damen lassen den Macho stehen („Vergiss es, ich will mit großen Dingern fahren“) und laufen jubelnd hinterher.

"Heer4U"-Spot

„So deppert, dass es genial ist“

Das Video ist Teil der Werbeaktion „Heer 4 You“, die dem akuten Rekrutenmangel beim Heer Einhalt gebieten soll. Denn während sich die Zivildienerzahl im vergangenen Jahrzehnt nahezu verdoppelt hat, werden die Präsenzdiener in den Kasernen immer weniger. Was für Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) keine Rechtfertigung sein darf für gefilmten „Sexismus“: Sie frage sich schon, wie so etwas produziert werden kann, hieß es am Freitag aus ihrem Büro.

Hinter dem Spot steht Oberst Johann Millonig aus der Heeres-Marketingabteilung. Er macht kein Hehl daraus, dass die Idee vom ukrainischen Militär abgekupfert ist (siehe Video ganz unten), und verteidigt im Gespräch mit der „Presse“ seine Idee: Natürlich sei Provokation das Motiv hinter dem Film gewesen, „aber der Sexismus-Vorwurf ist keinesfalls gerechtfertigt.“ Er habe nach bestem Wissen gehandelt und sei betrübt, dass sich die disziplinären Maßnahmen nun gegen ihn und seinen Abteilungsleiter richten, sagte Millonig.

Dass der Eklat dem Videospot innerhalb von nur 24 Stunden rund 400.000 Clicks bescherte, bestätigt den Offizier jedoch in seiner These: „Unser Clip ist so deppert, dass er schon wieder genial ist.“

Grüne: Wie viel kostete der Spot?

Die Grünen haben indessen eine parlamentarische Anfrage eingebracht. Sie wollen von Darabos unter anderem wissen, wer mit der Realisierung des Spots betraut war, ob das Video unter Billigung des Verteidigungsministers online gestellt wurde und ob das Bundesheer Werbung mit sexistischen Klischees für "notwendig" erachtet.

Nicht zuletzt wird angefragt, wie hoch die Kosten für den Spot waren, der nach nur drei Tagen wieder von der Webseite des Verteidigungsministeriums genommen wurde, und auch künftig nicht mehr für die Kampagne "Heer4U" eingesetzt wird.

Ukrainischer Spot

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2010)

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