Grasser-Prozess

Hochegger war drin, stand aber nicht drauf

Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics
Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Ticker Verhandlungstag 13 Der frühere Immofinanz-Chef Petrikovics schilderte die Erstellung von Scheinrechnungen, räumte "folgenschwere Fehler" ein und hoffte, dass Ex-Finanzminister Grasser ihm "nicht bös" ist. Die "Presse" berichtete live aus dem Wiener Straflandesgericht.

„Es war wie Murphy's Law - wenn es schiefgeht dann gänzlich.“ Worte, die der frühere Immofinanz-Chef und heutige Angeklagte Karl Petrikovics am 13. Tag des Korruptionsprozesses rund um die Affären Buwog und Terminal Tower gelassen ausgesprochen hat. Und damit das Geschehen vor mehr als vierzehn Jahren durchaus pointiert wiedergab.

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Worum es geht? Um den Verkauf der rund 60.000 Bundeswohnungen (Buwog, WAG, EBS und ESG) durch die Republik Österreich an das „Österreich-Konsortium“ rund um Immofinanz und Raiffeisen Landesbank Oberösterreich im Jahr 2004. Petrikovics habe damals von dem Lobbyisten Peter Hochegger erfahren, wie viel zumindest geboten werden müsse, um den Zuschlag zu erhalten. Dafür sollte der Steirer dann ein Erfolgshonorar erhalten. Allerdings: auf diskrete Art und Weise, um den Netzwerker nicht zu „verbrennen“. Soll heißen: Um ihn später eventuell wieder „verwenden“ zu können. Auch Hochegger habe den Wunsch geäußert, dass weder sein Name noch „Buwog“ auf den Rechnungen steht.

"Folgenschwere" Scheinrechnungen 

Angefertigt wurden folglich „Scheinrechnungen“, führte Pretikovics in seiner Einvernahme durch Richterin Marion Hohenecker aus. Und diesen lag ein kompliziertes Konstrukt zugrunde: So legte Hochegger mehrere Rechnungen an die Konzerngesellschaft CPB CFC (Constantia Privatbank Corporate Finance Consulting), die laut Petrikovics als eine Art Zahlstelle im damaligen Constantia-Immofinanz-Konzern gedient habe. Abgerechnet habe der - nunmehr Mitangeklagte - Ex-Immofinanz-Manager Christian Thornton. Dieser sei sehr verlässlich gewesen, meinte Petrikovics, ein „hochintelligenter“ Mitarbeiter, der sein Vertrauen genossen hatte.

Und dem offenkundig Fehler unterlaufen seien – „folgenschwere“. Denn: Das Geld an Hochegger wurde in Tranchen überwiesen – man habe hierfür Projekte in Osteuropa zur Verschleierung ausgesucht. Warum mehrere und nicht ein einziges? Weil es ein einziges in der Höhe von 9,6 Millionen Euro (ein Prozent des Gesamtkaufpreises, Anm.) nicht gegeben habe, rechtfertigte Petrikovics. Bei der Überweisung sei es dann passiert, dass 300.000 Euro zu viel an Hochegger gegangen seien – keinem sei das zunächst aufgefallen. Hochegger selbst hat die Summe bis heute nicht zurückgezahlt, weshalb er auch wegen Unterschlagung angeklagt ist.

Thorntons Fehler, Meischbergers Fehlen

Bei diesem Fehler aber blieb es nicht: Thornton habe den Auftrag, das Honorar für Hochegger prozentuell von der Buwog zu berechnen, wohl zu wörtlich genommen und nur von der Buwog, und nicht vom Gesamtpaket der Bundeswohnbaugesellschaften, berechnet. Ein Missverständnis – oder anders: Murphy's Gesetz eben.

Neben den Fehlern, die heute, Mittwoch, im Großen Schwurgerichtssaal ausgewälzt wurden, kam es aber auch zu einem Fehlen: Der mitangeklagte Trauzeuge von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger, ließ sich „aus privaten Gründen“ entschuldigen und blieb der Verhandlung fern.

Anwesend war freilich der Hauptangeklagte Grasser – diesmal allerdings nur in Verstärkung eines Anwaltes, Norbert Wess. Und er wurde auch prompt von Petrikovics erwähnt. So schilderte der frühere Immofinanz-Chef, dass er den Minister im Jahr 2004 in St. Moritz bei einem Wirtschaftsforum getroffen habe, zu dem seine Firma eingeladen hatte. Der damalige Minister habe dort eine Rede gehalten – und zwar nach dem deutschen Finanzminister, der ein ausgezeichneter Rhetoriker gewesen sei („Wenn mir jetzt der Herr Magister Grasser nicht bös' ist, es war schwierig für ihn“). In den letzten Minuten des 13. Verhandlungstages kam Grasser übrigens auch zu Wort. Auf eine Frage der Richterin, wann denn die Körperschaftssteuer auf 25 Prozent gesetzt wurde, antwortete dieser knapp: „Ab 2005.“

Causa Buwog auf einen Blick

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der rund 60.000 Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro/ein Prozent des Kaufpreises). Gekommen sein soll das Geld vom im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium – gegangen über Umwege auf diverse Konten.

Die Zahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist: Hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser Insider-Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern?

Grasser sowie die übrigen 13 Angeklagten bestreiten die Vorwürfe und plädieren auf "nicht schuldig". Der Ex-Lobbyist Peter Hochegger hat ein Teilgeständnis abgelegt. Es gilt die Unschuldsvermutung. 

Der Liveticker zum Nachlesen: 

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