Landbauer ist aus der „Schusslinie“

FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer sei eine „integre, honorige Persönlichkeit“, so Landesparteichef Walter Rosenkranz.
FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer sei eine „integre, honorige Persönlichkeit“, so Landesparteichef Walter Rosenkranz.(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Udo Landbauer legt alle politischen Funktionen zurück. Damit soll Schaden von der FPÖ abgehalten werden. Eine spätere Rückkehr stellt man ihm allerdings bereits in Aussicht.

St. Pölten. Neun Tage nach der Enthüllung des NS-Liederbuch-Skandals und vier Tage nach der niederösterreichischen Landtagswahl war es gestern, Donnerstag, dann doch so weit: FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer kündigte seinen Rückzug an – und zwar aus allen politischen Ämtern. Er wird also weder Landesrat werden noch Landtagsabgeordneter und Stadtrat in Wiener Neustadt bleiben.

Der Druck ist offenbar zu groß geworden. Offiziell sahen bis zuletzt weder Landbauer noch Parteichef Heinz-Christian Strache Grund für einen kompletten Rückzug aus der Politik. Die rote Linie sei in diesem Fall, wie Strache noch am Tag zuvor sagte, nicht überschritten worden. Sein türkiser Koalitionspartner im Bund hat das allerdings mit zunehmendem internationalen und medialen Druck anders gesehen. „Ich für mich in der ÖVP weiß, wie ich die Entscheidung treffen würde“, sagte Kanzler Sebastian Kurz am Mittwoch vor laufenden Kameras klar in Richtung Strache.

Inoffiziell dürfte der Rücktritt zu dem Zeitpunkt auf bundespolitischer Ebene bereits paktiert gewesen sein. Nach vielen Telefonaten und einem Treffen zwischen Kanzler Kurz und Vizekanzler Strache am Dienstagabend war klar, dass Landbauer nicht haltbar sein wird. Idealerweise sollte ihn allerdings niemand zum Rückzug zwingen müssen. Die Entscheidung darüber sollte aus optischen und taktischen Gründen im Land, in der niederösterreichischen FPÖ, fallen oder von Landbauer selbst getroffen werden.

Eine „Medienhatz“

Die Zeichen dafür standen ohnehin nicht schlecht. Denn der Druck im Land war seit Tagen hoch. Bereits kurz vor der Wahl hat Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) angekündigt, nicht mit der „Person Landbauer“ zusammenzuarbeiten.

Sie konnte ihn rein rechtlich zwar nicht als Landesrat verhindern, drohte (indirekt) aber damit, Landbauer zu isolieren und ihm ein irrelevantes Ressort zu geben. Die nächsten fünf Jahre wären für die niederösterreichische FPÖ dadurch schwierig geworden.

So kam es am Donnerstag tatsächlich zum schrittweisen Rückzug. Am Vormittag wurde bekannt, dass die FPÖ nicht Landbauer, sondern ihren bisherigen niederösterreichischen Klubobmann, Gottfried Waldhäusl, in die Landesregierung entsenden wird. Zu Mittag legte der 31-Jährige dann alle politischen Funktionen zurück. Seine Mitgliedschaft in der FPÖ stellte er ruhend.

Als Schuldeingeständnis sind diese Schritte keinesfalls zu werten. Vielmehr sei der Rückzug, wie Landbauer sagte, Konsequenz einer „Medienhatz“. Sein Haus in Wiener Neustadt sei „belagert“ worden. Seinem Umfeld wolle er das nicht mehr zumuten. Durch den Entschluss „nehme ich vor allem meine Familie aus der Schusslinie“, sagte Landbauer, der sich nach seiner Stellungnahme in den Urlaub verabschiedete. Mit seinem Rücktritt hat Landbauer wohl auch die FPÖ ein Stück aus der „Schusslinie“ genommen. Landbauer halte damit, wie Strache selbst sagte, „Schaden von der FPÖ ab“. Das verlange großen Respekt und Anerkennung.

„Politische Rehabilitierung“

Die erhielt Landbauer gestern auch von FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky: Der Rücktritt sei „ein sehr mutiger Schritt eines untadeligen und aufrechten Politikers“. Landbauer sei „unwissend und unschuldig Opfer einer politischen und medialen Hetze“ geworden. Deshalb stehe ihm auch der Weg zurück in die FPÖ offen. „Sobald alles aufgeklärt ist und Landbauer seine Unschuld dokumentiert hat“, gebe es das Angebot der „völligen politischen Rehabilitierung“.

Mit dieser Meinung dürfte Vilimsky nicht allein sein. Die freiheitliche Familie stehe „voll und ganz“ hinter Landbauer, sagte auch Niederösterreichs Landesparteichef Walter Rosenkranz. Er sei sicher, dass Landbauer, den er als „integre, honorige Persönlichkeit“ bezeichnet, „reingewaschen“ wird. Bereits am Wahlabend sagte er: „Auf so ein politisches Talent wie Landbauer wird man nicht verzichten können.“

Der Koalitionspartner im Bund atmete auf. „Ich anerkenne die Entscheidung von Vizekanzler Heinz-Christian Strache und der FPÖ“, sagte Kurz und betonte die Durchsetzungskraft des FPÖ-Chefs in auffallender Weise. Es sei jedenfalls „die richtige Konsequenz“ Landbauers gewesen.

AUF EINEN BLICK

Die Causa Landbauer. Der niederösterreichische FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer ist kurz vor der Landtagswahl unter Beschuss geraten. Grund dafür war ein Liederbuchmit antisemitischen und rassistischen Texten. Dieses wurde in Landbaues Burschenschaft, der Germania zu Wiener Neustadt, 1997 neu aufgelegt. In einem der Texte hieß es: „Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.‘“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2018)

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