Neues Parteiprogramm: SPÖ will "raus aus dem eigenen Schrebergarten"

PK ZUR ´BILANZ �BER DAS SCHWARZ-BLAUE VERARMUNGSPROGRAMM´: KERN
PK ZUR ´BILANZ �BER DAS SCHWARZ-BLAUE VERARMUNGSPROGRAMM´: KERN(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Das neue Parteiprogramm soll auf einem Parteitag im Oktober beschlossen werden. Davor soll es eine Mitgliederbefragung geben. Ein Grundsatzpapier soll ein "Denkanstoß" für die Diskussion sein.

Die SPÖ hat am Montag ein Grundsatzpapier für ihr neues Parteiprogramm vorgelegt, das auf einem Parteitag im Oktober beschlossen werden soll. Davor soll nach einer intensiven Diskussion im Juni eine Mitgliederbefragung darüber stattfinden. Der vorgelegte Entwurf ist bewusst allgemein gehalten und soll einen Denkanstoß für die Diskussion liefern, wie Parteichef Christian Kern erläuterte.

Die SPÖ sieht es durchaus als Vorteil, dass der Prozess jetzt in der Oppositionsrolle geführt werden kann. Opposition sei für die SPÖ die Zeit der Vorbereitung auf die nächste Regierungsbeteiligung, sagte Kern bei einem Hintergrundgespräch. Es soll ein Programm für eine "progressive Volkspartei" werden. Die SPÖ sehe sich im politischen Spektrum "Mitte-Links", beanspruche aber das politische Zentrum für sich.

"Raus aus dem eigenen Schrebergarten"

Als Überbegriffe für das Programm nannte Kern Innovation und Gerechtigkeit. Die SPÖ wolle sowohl für jene Menschen da sein, die Globalisierung als Chance begreifen als auch für jene, die Angst vor der Modernisierung haben. Wenn sich die Sozialdemokratie als starke Kraft der Gerechtigkeit, der Modernisierung und Demokratisierung präsentiere, dann sei die Mehrheitsfähigkeit nicht gefährdet. Es gehe um die Schaffung von Wohlstand und den Umgang mit dem Finanzkapitalismus. Kern geht davon aus, dass es in zehn bis 20 Jahren ein anderes Sozialstaatsmodell geben wird.

Wie die beiden Bundesgeschäftsführer Andrea Brunner und Max Lercher in dem gemeinsamen Hintergrundgespräch mit Kern erläuterten, soll der Entwurf nun bis April breit und flächendeckend diskutiert werden. Dabei sollen nicht nur Mitglieder, sondern auch die Zivilgesellschaft, NGOs und Wissenschafter eingebunden werden. Man wolle frischen Input und "raus aus dem eigenen Schrebergarten", formulierte Kern - im Gegensatz zum ersten Entwurf von Josef Cap und Karl Blecha, der nicht ausreichend über den Tellerrand hinausgeblickt habe.

Mitgliederbefragung im Juni

Die Diskussion soll auf vier Schienen ablaufen. Online kann man sich auf der Website www.zukunftsprogramm.at informieren; wer aktiv mitarbeiten will, muss sich als Gast-Mitglied registrieren. Für lokale Veranstaltungen gibt es einen Leitfaden für Gemeinden und Bezirke. Als dritte Schiene sind Mitgliederräte vorgesehen, wo nach irischem Vorbild 60 ausgewählte Mitglieder und zehn Gastmitglieder diskutieren. Schließlich sei auch ein Austausch mit der Zivilgesellschaft vorgesehen, NGO-Mitglieder können dabei auch Blog-Beiträge liefern.

Im Mai sollen diese Inputs ausgewertet und der Entwurf dann im Juni einer Mitgliederbefragung unterzogen werden. Diese soll nicht nur online, sondern auch per Brief und in Wahllokalen erfolgen. Wenn trotz der intensiven Einbindung der Mitglieder ein Nein herauskommen sollte, "dann reden wir weiter", meinte Kern. Für den SPÖ-Vorsitzenden geht es aber vor allem um die Berücksichtigung der Bedürfnisse der Mitglieder und um Mobilisierung und Partizipation. Seit Juni 2016 hat die SPÖ rund 7.000 neue Mitglieder gewonnen, davon knapp 2.200 Gastmitglieder. Erstmals seit langem ist der Mitgliedersaldo wieder positiv.

Wahl des Parteivorsitzenden nach britischem Vorbild?

In diesem Zusammenhang schloss Kern auch nicht aus, dass im Zuge der Organisationsreform künftig im Statut die Urwahl des Parteivorsitzenden durch die Mitglieder nach britischem Vorbild verankert wird. Konkretisieren will die SPÖ im Statut jedenfalls, dass schlagende Burschenschafter nicht gleichzeitig SPÖ-Mitglieder sein können. In einem Seitenhieb warf Kern hier der FPÖ und den Burschenschaftern vor, dass eine Unterwanderung der staatlichen Organe durch Geheimbünde drohe. Als Beispiel nannte er die Uni-Räte, in die die FPÖ Menschen "am Rande der Rechtsradikalität" entsenden wolle.

Nach der verlorenen Nationalratswahl will die SPÖ auch ihre Kampagnenfähigkeit abseits der klassischen Medien stärken. Kern gestand hier zu, dass die SPÖ in diesem Bereich vor allem gegenüber der FPÖ Aufholbedarf habe. Neben der Stärkung der digitalen Präsenz gehe es aber auch um die Aktivierung der Mitglieder und eine Stärkung der regionalen Strukturen. Die personelle Erneuerung habe die SPÖ bereits eingeleitet.

Kern geht davon aus, dass sein geschäftsführender Klubobmann Andreas Schieder trotz seiner Niederlage in der Kampfabstimmung um die Führung der Wiener SPÖ im Amt bleibt. Man könne nicht die politische Existenz verlieren, weil man eine demokratische Abstimmung verloren hat. Und Spekulationen um seinen eigenen Rücktritt bezeichnete Kern als "völligen Schwachsinn".

(APA)

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