Grasser-Prozess

Thornton-Einvernahme: "Enttäuscht, belogen und in die Irre geführt"

Christian Thornton
Christian ThorntonAPA/GEORG HOCHMUTH/APA-POOL
  • Drucken

Sein ehemaliger Chef, Karl Petrikovics, habe ihn als "Werkzeug" missbraucht, sagt der mitangeklagte Ex-Immofinanz-Mitarbeiter.

Eine Abrechnung mit seinem früheren Chef hat Christian Thornton, ehemals Leiter des Rechnungswesens in der Immofinanz- und Constantia-Gruppe, am Donnerstag im Korruptionsprozess rund um Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere durchgeführt. "Enttäuscht, belogen und in die Irre geführt", sei er von seinem damalige Vorgesetzten und jetzigen Mitangeklagten Karl Petrikovics worden. Letzterer habe ihn als "Werkzeug" missbraucht, sagte Thornton. So behaupte Petrikovics etwa, er - Thornton - habe die Idee gehabt, die Villacher Eisenbahnwohnbaugenosssenschaft ESG von der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich (RLB OÖ) zu kaufen. Das stimme aber nicht.

Petrikovics sage auch, er habe den Auftrag bekommen, die Buwog-Provision der RLB OÖ beim Verkaufspreis der ESG zu berücksichtigen. "Ich hatte diesen Auftrag nie", so Thornton, und er habe auch mit niemanden von der RLB darüber gesprochen. Weiters stimme es nicht, dass er an einer Abschlussrunde zum ESG-Verkauf teilgenommen hätte. "Ich habe dort nicht teilgenommen", sagte Thornton, der für das Rechnungswesen in der Constantia-Immofinanz-Gruppe zuständig war.

"Ist Ihnen das nicht komisch vorgekommen?"

Belogen sei er von Petrikovics insofern geworden, als dieser ihm gesagt habe, der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Immofinanz und Peter Hochegger, der Grundlage für die Provisionsüberweisungen an die zypriotische Hochegger-Gesellschaft Astropolis war, liege beim Notar Brix. Tatsächlich lag er aber beim Immofinanz-Notar Bieber. Erst als er in der Anklageschrift von einer Hausdurchsuchung bei Bieber wegen dem Geschäftsbesorgungsvertrag mit Hochegger las, habe er davon erfahren.

"Ist Ihnen das nicht komisch vorgekommen?", wollte Richterin Marion Hohenecker von Thornton wissen. "Damals nicht". Zudem habe es sich bei der Kanzlei Bieber Brix wohl um die größte Notariatskanzlei in Wien gehandelt. Allerdings: Wenn Petrikovics Bieber genannt hätte, hätte er, Thornton, vermutlich bei diesem nachgefragt, da er ihn von vielen Geschäftsfällen kannte.

Thornton schilderte auch den harschen Management-Stil seines früheren Chefs: "Petrikovics war stolz darauf, dass er die Immofinanz, Immoeast und 'der' Entscheidungsträger ist", so Thornton. Und jetzt, vor Gericht, schiebe Petrikovics alles ab, auch auf ihn. "Warum will Petrikovics Sie hineinziehen?" fragt die Richterin. "Weil er Verantwortung abwälzen will", lautete die Antwort von Thronton. Generell sei das Arbeitsklima in der Immofinanz-Gruppe "sehr angespannt" gewesen. "Wenn man bei Petrikovics nachgefragt hat, hat man sich entweder anschreien lassen müssen oder den Job verloren", sagte Thronton.

Er habe zum Beispiel nicht einmal die Handynummer seines Chefs gehabt. Es habe immer geheißen: "Er ruft an. Er meldet sich". Petrikovics habe nie schriftlich mit ihm kommuniziert. Er, Thornton, habe Informationen und Unterlagen aufbereiten und abliefern dürfen und sei dann weggeschickt worden.

Causa Buwog auf einen Blick

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der rund 60.000 Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro/ein Prozent des Kaufpreises). Gekommen sein soll das Geld vom im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium – gegangen über Umwege auf diverse Konten.

Die Zahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist: Hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser Insider-Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern?

Grasser sowie die übrigen 13 Angeklagten bestreiten die Vorwürfe und plädieren auf "nicht schuldig". Der Ex-Lobbyist Peter Hochegger hat ein Teilgeständnis abgelegt. Es gilt die Unschuldsvermutung. 

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

„Habe immer zum Wohl der Republik gehandelt“: der Angeklagte Karl-Heinz Grasser (r.) mit Anwalt Manfred Ainedter.
Buwog-Prozess

Grassers Schlussworte: „Nichts Unrechtes getan“

Am 168. Verhandlungstag sprachen Karl-Heinz Grasser und Co. ihre Schlussworte. Damit fiel der Startschuss für die länger dauernden Beratungen des Richtersenats.
Buwog-Prozess

Grasser: "Immer nur die Interessen der Republik im Sinne gehabt"

Er sei unschuldig und hoffe auf ein "gerechtes Urteil“, sagt der Ex-Finanzminister am letzten Hauptverhandlungstag im Buwog-Prozess.
Grasser-Anwalt Norbert Wess: "Wenn die WKStA schon mich gerne beleidigt, sollte sie berücksichtigen, dass sie auch das Gericht lächerlich macht."
Buwog

„Es kann nur einen Freispruch geben“

Im Buwog-Prozess rechneten die Ankläger zuerst mit Karl-Heinz Grasser ab, nun fordern die Verteidiger einen Freispruch.
Manfred Ainedter und Karl-Heinz Grasser
Buwog-Prozess

Plädoyer: Grasser wurden "beste Jahre seines Lebens genommen"

Anwalt Manfred Ainedter fordert für Ex-Minister Karl-Heinz Grasser einen Freispruch von allen Anklagepunkten. Zeugen hätten vor Gericht gelogen, die Staatsanwälte falsch gehandelt.
Die Ankläger Alexander Marchart und Gerald Denk.
Schlussplädoyers

„Grasser hat kassiert, er ist schuldig“

Buwog-Prozess: Die Plädoyers der beiden Oberstaatsanwälte gerieten zu einer unerbittlichen Abrechnung mit Karl-Heinz Grasser. 2,5 Millionen Euro Bestechungsgeld habe der seinerzeitige Finanzminister in seine eigene Tasche fließen lassen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.