VfGH: Umstrittener Jurist Hauer von ÖVP und FPÖ nominiert

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Hauer unterrichtet an der Universität Linz öffentliches Recht. Der schlagende Burschenschafter geriet wegen einer Aussage über den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in die Kritik.

ÖVP und FPÖ schicken Andreas Hauer in den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Ein entsprechender Antrag wurde am Donnerstag im Nationalrat eingebracht und mit den Stimmen von 105 der 183 Abgeordneten beschlossen.

Hauer unterrichtet an der Universität Linz öffentliches Recht und ist an sich fachlich unumstritten. Allerdings hat der Burschenschafter in der Vergangenheit mehrfach mit umstrittenen Äußerungen von sich reden gemacht. Unter anderem hatte Hauer den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vor mehreren Jahren als "mitverantwortlich für die multikriminelle Gesellschaft" bezeichnet.

Vor allem in der FPÖ gilt Hauer als gut vernetzt. Er ist Mitglied bei der schlagenden Verbindung Corps Alemannia Wien zu Linz. Bei dieser sind auch die oberösterreichischen Landesräte Manfred Haimbuchner und Günther Steinkellner Mitglieder.

Stefan "unterstützt" Hauers "Kritik" an EGMR

Noch vor der ersten Wortmeldung der Opposition rückte gleich zu Beginn der Debatte im Parlament der ÖVP-Abgeordnete Wolfgang Gerstl zur Verteidigung des schwarz-blauen Vorschlags aus: Er habe nachgeforscht, ob es an Hauer "irgendeine Kritik in den vergangenen zwei Jahrzehnten" gegeben habe, sagte Gerstl. Er habe sich nicht nur bei der Kollegenschaft des Universitätsprofessors, sondern auch bei der Hochschülerschaft erkundigt: "Bis zum Zeitpunkt der Bestellung gab es keine einzige Kritik an Professor Hauer."

Auch FPÖ-Abgeordneter Harald Stefan wies die Kritik zurück. Hauer habe in Wahrheit aus Sicht der Opposition "nur einen Makel: Er wurde von uns, der FPÖ, vorgeschlagen". Der Uni-Professor sei aber "ein hervorragender Kandidat", der auch in der Fachwelt nur positiv aufgefallen sei. "Er ist idealtypisch geeignet, Mitglied des Verfassungsgerichtshofs zu werden." Zur Kritik an Hauers Äußerungen sagte Stefan, es sei "ganz normal", dass Universitätsprofessoren die Urteile von Höchstgerichten kritisierten: "Diese Kritik muss zulässig sein, abgesehen davon, dass ich sie inhaltlich sogar unterstütze."

"Untragbar", "Armutszeugnis"

Zuletzt hatte Hauers mögliche Nominierung für Unmut bei der Opposition gesorgt, die an die Regierung appellierte, den Juristen nicht zu nominieren. Die Ernennung Hauers wäre ob des "juristischen Staraufgebots", das sich im Vorfeld dem Parlament als Kandidaten präsentiert habe, ein "Armutszeugnis der Sonderklasse", hieß es da etwa aus der SPÖ. Hauers enge Verknüpfung mit deutsch-nationalen schlagenden Burschenschaften war ebenfalls ein Kritikpunkt für SPÖ-Justizsprecher Johannes Jarolim: "Die von ihm repräsentierte Gedankenwelt hat nicht im VfGH gelebt zu werden", sagte er über Hauer. Auch die Neos hatten sich heftig gegen Hauers Kandidatur und mögliche Nominierung gestellt und nannten ihn "untragbar".

Am Dienstag hatte es ebenfalls geheißen, dass sich im Wirtschaftsflügel der Koalitionspartei ÖVP Widerstand gegen Hauers Nominierung formiere. So sei die Möglichkeit im Raum gestanden, einen Gegenkandidaten zu ihm zu unterstützen.

Auch bei der Nominierung Hauers am Donnerstag meldete sich die Opposition zur Wort. Der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder erklärte, Hauer sei beim Hearing der rund 40 Kandidaten nicht im Spitzenfeld derer gewesen, "die fachlich überzeugt haben". Kritik übte Schieder auch an Hauers Mitgliedschaft in der schlagenden Verbindung Corps Alemania Wien zu Linz. Anstatt Hauer schlug Schieder wie bereits angekündigt vor, für die Rechtsanwältin und Örak-Vizepräsidentin Marcella Prunbauer-Glaser zu stimmen.

Auch Neos-Abgeordneter Nikolaus Scherak rief - wie bereits am Vortag angekündigt - zur Wahl eines Alternativ-Kandidaten auf, nämlich von OGH-Richter Gottfried Musger. Auch er kritisierte einmal mehr die Aussagen Hauers. Darüber hinaus warf er ÖVP und FPÖ vor, das Hearing nicht ernst genommen zu haben, indem schon im Vorfeld bekannt wurde, wen die Regierungsfraktionen nominieren wollen.

Alfred Noll von der Liste Pilz knüpfte an dieser Kritik an. Man entwürdige damit die Kandidaten "und setzt auch die Institution herab, für die sich diese Kandidaten bewerben - und überdies hinaus dieses Haus." Das Prozedere des Hearing bezeichnete Noll wegen dessen Kürze als "Farce". Hauer selbst hält auch er für ungeeignet - und zwar, weil sich im Gesamtbild gezeigt habe, dass Hauer kein Mann sei, "dem der Schutz von Grund- und Menschenrechten ein grundsätzliches Anliegen ist".

57 Stimmen entfielen schluessendlich auf den Vorschlag der SPÖ, Marcella Prunbauer-Glaser, für den Vorschlag der Neos, Gottfried Musger, votierten zehn Abgeordnete.

(APA)

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