Pilnacek zur Causa BVT: "Muss die Abläufe ein bisschen entmystifizieren"

Der Generalsekretär des Justizministeriums, Christian Pilnacek
Der Generalsekretär des Justizministeriums, Christian PilnacekAPA/HELMUT FOHRINGER
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Der Generalsekretär im Justizministerium beschwichtigt: Die Einsatzgruppe, die die Hausdurchsuchung beim Verfassungsschutz durchgeführt hat, habe "eine normale Streifenadjustierung" getragen. Die SPÖ kritisiert ÖVP und FPÖ scharf.

Der Generalsekretär des Justizministeriums, Christian Pilnacek, ist nach seiner Pressekonferenz am Freitagnachmittag auch am Abend ausgerückt, um die Causa BVT zu klären. Hintergrund sind bekanntlich umstrittene Hausdurchsuchungen im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Bundespräsident Alexander Van der Bellen zeigte sich diesbezüglich bereits "irritiert", die Opposition kündigte eine Sondersitzung des Nationalrates an, berief den Nationalen Sicherheitsrat ein - und liebäugelte zuletzt mit einem Untersuchungsausschuss.

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Pilnacek war indes in der "ZiB 2" des ORF bemüht, die Aufregung zu minimieren. "Man muss diese ganzen Abläufe ein bisschen entmystifizieren", betonte er. Demnach sei für die Hausdurchsuchung  keine anonyme Anzeige aus dem Vorjahr entscheidend gewesen, sondern "es sind im Februar vier Zeugen aufgetreten, die die fallführende Staatsanwältin selbst vernommen hat". Aus deren Angaben hätte sich ein "konkreter und begründeter Tatverdacht ergeben", so Pilnacek.

Das Innenministerium sei gesetzlich dazu verpflichtet, bei einem Verdacht auf eine strafbare Handlung, den zur Anzeige zu bringen. Sicherstellungen seien ebenfalls gestattet, per gerichtlicher Bewilligung. Auch das sei geschehen. Dritter Punkt, führte der Generalsekretär aus, sei die Durchführung: "Die Staatsanwaltschaft verfügt nicht über Exekutivkräfte, daher muss das Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Inneres hergestellt werden." Der in Berichten mehrfach genannte Peter Goldgruber, Generalsekretär im Innenministerium, habe jedenfalls "keinen Einsatzbefehl geben" können. Doch, so räumte Pilnacek ein: "Er war einbezogen."

Eine weitere Mystifikation, so Pilnacek, sei die aufgekommene Darstellung, wonach die "Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität" mit Sturmhauben und schussischeren Westen vorgegangen sei. "Die Polizeibeamten haben bei den Einsätzen standardmäßige Unterziehschutzwesten, ebenso wie Polizeierkennungswesten getragen. Die Bewaffnung bestand in Form der Dienstpistole – und diese wurde verdeckt unter der Kleidung getragen", führte er aus. "Es war eine normale Streifenadjustierung."

Dass bei dem Einsatz auch Beweismittel "zu aktuellen Fällen" sichergestellt worden seinen - etwa über einen weiblichen Neonazi -, bestätigte Pilnacek nicht direkt. Er bestätigte aber, dass es neben den privaten Dateien der Leiterin des Extremismusreferats "weitere Sicherstellungen" gegeben habe. Welche Dateien sichergestellt wurden, werde "Gegenstand der Berichterstattung" sein.

SPÖ-Kritik an Kurz und "My Little Pony"-spielenden Kickl

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher kritisierte indes am Samstag Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) scharf. Während letzterer "My Little Pony" spiele (eine Anspielung auf Kickls Besuch bei der Reiterstaffel in München), "versinkt der Verfassungsschutz in einer Staatsaffäre" und auch bei den Messerattentaten in Wien-Leopoldstadt werde "das eklatante Versagen des Innenministeriums sichtbar", schrieb Lercher in einer Aussendung. Er verwies darauf, dass der verdächtige Afghane bereits mehrmals in Haft gesessen sei und zwei Anträge auf freiwillige Ausreise gestellt habe.

Nach Ansicht des SPÖ-Bundesgeschäftsführers hat aber auch Bundeskanzler Sebastian Kurz "zur mangelhaften Sicherheitslage in Österreich einiges beigetragen". Der ÖVP-Chef inszeniere sich zwar als Mahner vor Migration, habe aber als Verantwortlicher für die Integration versagt. Auch als Außenminister könne Kurz für die Aushandlung von Rückführungsabkommen keinen Erfolg vorweisen.

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky wies die Kritik umgehend zurück. Die SPÖ-geführte Regierung habe 2015 "mit ihrer Willkommenspolitik die Asylantenkriminalität erst so richtig nach Österreich importiert", konterte er am Samstag.

Kurz zusammengefasst

In der vergangenen Woche soll es zu Hausdurchsuchungen beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs gekommen sein. Schwerbewaffnete Beamte der "Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität" sollen mit Sturmhauben und schusssicheren Westen die Räumlichkeiten des BVT sowie Privatwohnungen durchsucht haben. Hintergrund ist der Vorwurf des Datenmissbrauchs sowie Veruntreuung von Geldern. Drei Mitarbeiter wurden suspendiert.

Laut Medienberichten soll bei den Durchsuchungen auch Datenmaterial beschlagnahmt worden sein, das in keinem direkten Zusammenhang zu dem laufenden Ermittlungsverfahren steht. So sei angeblich die Festplatte der Leiterin des BVT-Extremismusreferats Sibylle Geißler kopiert und mitgenommen worden.

Am Donnerstag schaltete sich das Justizministerium in die Affäre ein. Es soll überprüft werden, ob die Staatsanwaltschaft richtig gehandelt hat und wie es zu den Durchsuchungen auf Anordnung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) kam.

>>> Bericht in der "ZiB 2"

(hell/APA)

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