"Keine Toleranz": Task Force für Strafrecht startet

Es sei ihr auch „ein großes Anliegen, den Opferschutz weiter auszubauen und die aktive Täterarbeit zu fördern“, sagte Edtstadler.
Es sei ihr auch „ein großes Anliegen, den Opferschutz weiter auszubauen und die aktive Täterarbeit zu fördern“, sagte Edtstadler.(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Die Reformgruppe rund um Staatssekretärin Karoline Edtstadler nahm am Dienstag ihre Arbeit auf. Die Regierung will die Strafen bei Gewalt- und Sexualdelikten weiter verschärfen. Die Vorschläge dafür sollen 2019 vorliegen.

Wien. „Bei Gewalt- und Sexualdelikten darf es keine Toleranz geben, und Taten und Strafen müssen im richtigen Verhältnis zueinander stehen. Einmal mehr betonte ÖVP–Staatssekretärin Karoline Edtstadler am Dienstag, warum die Einrichtung der von ihr geleiteten Task Force zur Strafrechtsreform nötig sei.

Der Startschuss für die dafür eingerichtete Lenkungsgruppe fiel am gestrigen Dienstag im Kanzleramt im Beisein mehrerer Regierungsmitglieder. In weiterer Folge sollen nun zwei Arbeitsgruppen eingesetzt werden. In einer wird es um Verschärfungen im Strafrecht gehen, die andere Gruppe soll sich den Themen Opferschutz und aktive Täterarbeit widmen.

Zur Mitwirkung eingeladen werden dafür verschiedenste Institutionen – von Opferschutzverbänden über Bewährungshelfer bis hin zu Anwälten und Richtern. Es sei ihr auch „ein großes Anliegen, den Opferschutz weiter auszubauen und die aktive Täterarbeit zu fördern“, sagte Edtstadler.

Das Projekt der Regierung bezüglich der höheren Strafen ist aber umstritten. Denn erst Anfang 2016 trat eine große Strafrechtsreform in Kraft. Die unter dem damaligen von der ÖVP nominierten Justizminister Wolfgang Brandstetter ausgearbeiteten Regeln brachten bereits schärfere Strafen bei Gewaltdelikten. ÖVP-Chef Sebastian Kurz hatte jedoch schon im Nationalratswahlkampf 2017 eine weitere Verschärfung, insbesondere beim Mindeststrafmaß gefordert.

Die überwiegende Mehrheit der Strafrechtsprofessoren sowie Vertreter von juristischen Berufen und auch Opferschutzverbände hatten sich skeptisch zu Edtstadlers Plänen einer weiteren Strafverschärfung geäußert. Und appelliert, erst einmal die Auswirkungen der vergangenen Reform abzuwarten. Im Staatssekretariat ist man aber guter Dinge, dass die eingeladenen Institutionen nun trotzdem Vertreter in die Arbeitsgruppe entsenden werden. Edtstadler hatte zuletzt erklärt, dass manche der bisherigen Urteile bei Gewalt- und Sexualdelikten nicht dem „natürlichen Rechtsempfinden“ der Bevölkerung entsprechen würden.

Reform von 2016 evaluieren

Bis zum kommenden Herbst soll das Justizministerium nun auch der Task Force darlegen, wie sich die Reform 2016 ausgewirkt hat. Es „gilt, die seit zwei Jahren in Kraft stehenden Bestimmungen zu evaluieren, um dann an den richtigen Stellen nachschärfen zu können“, erklärte Edtstadler. Die damalige Novelle hatte zum Ziel, ein Ungleichgewicht zwischen Vermögens- und Gewaltdelikten zu beseitigen. Auch neue Delikte (etwa der „Po-Grapsch-Paragraf“) wurden eingeführt. Zu beachten ist, dass die damals eingeführten höheren Strafen nur für Delikte gelten, die ab 2016 verübt wurden. Weswegen es noch nicht viele Urteile nach der neuen Rechtslage gibt.

Für Diskussionen hatte im Vorfeld der Task Force auch der Umstand gesorgt, dass diese nicht von Justizminister Josef Moser, sondern von Edtstadler als Staatssekretärin im Innenministerium geleitet wird. Die ÖVP hatte dies mit der Erfahrung Edtstadlers als Richterin begründet. In der Lenkungsgruppe ist das Justizministerium aber mit Generalsekretär Christian Pilnacek vertreten. Daneben entsenden auch das Familien-, das Sozial-, das Innen- und das Gesundheitsministerium Beamte in die Lenkungsgruppe.

Im ersten Halbjahr 2019 will die Task Force Vorschläge für Änderungen im Strafrecht machen, die dann vom Parlament beschlossen werden müssten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2018)

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