U-Ausschuss zu BVT kommt vorerst nicht

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++ THEMENBILD ++ BUNDESAMT FUeR VERFASSUNGSSCHUTZ UND TERRORISMUSBEKAeMPFUNG (BVT)APA/HERBERT NEUBAUER
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Der SPÖ-Antrag für einen U-Ausschuss wurde mit ÖVP/FPÖ-Mehrheit zurückgewiesen. Die Sozialdemokraten wollen jetzt den Verfassungsgerichtshof anrufen.

Die SPÖ hat sich mit ihrem Antrag für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Causa Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) im Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats eine Abfuhr geholt. Mit schwarz-blauer Mehrheit wurde der Antrag zurückgewiesen, sagte ein Sprecher der Parlamentsdirektion Donnerstagabend. Die SPÖ will sich nun an den Verfassungsgerichtshof wenden. Klubobmann Andreas Schieder gibt dazu um 10 Uhr eine Stellungnahme ab.

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Abgelehnt wurde das allein von der SPÖ eingebrachte Begehren mit der Begründung, dass der Untersuchungsgegenstand zwar zeitlich, aber nicht inhaltlich entsprechend abgegrenzt wurde.

Der Geschäftsordnungsausschuss wertete das SPÖ-Verlangen mit Koalitionsstimmen als "gänzlich unzulässig". Grundlage dafür war ein Gutachten des Rechts- und Legislativdienstes des Parlaments, das auf Ersuchen von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) erstellt wurde.

Schieder: "Lassen uns nicht mundtot machen"

SPÖ-Klubchef Andreas Schieder zeigte sich darüber erbost und kündigte die Anrufung des VfGH an. "Schwarz-Blau wehrt sich gegen Aufklärung", sagte er: "Das war heute ein schwarzer Tag für den Parlamentarismus. Es ist drübergefahren worden mit Geschäftsordnungstricks, auf Basis eines dünnen, nichtssagenden Gutachtens." Dahinter stehe Ex-Innenminister und damit auch BVT-Verantwortlicher Sobotka, "der heute seine Macht als Nationalratspräsident genutzt hat, damit kein Licht in die Sache kommt".

In dem angesprochenen Papier wird darauf verwiesen, dass laut Verfassung der Gegenstand der Untersuchung nur ein "bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes" sein kann. "Das Verlangen in der vorliegenden Fassung beschreibt den Untersuchungsgegenstand in sehr allgemeiner Weise, sodass davon ausgegangen werden muss, dass im Zuge der Einsetzung und Tätigkeit des Untersuchungsausschusses Konflikte über Zulässigkeit und Umfang des Gegenstandes und der daraus in Folge erwachsenden Verpflichtungen entstehen", so die Einschätzung der Parlamentsjuristen.

Schieder lässt das nicht gelten. "Man sieht, das ist ein vorgeschobenes Argument. Wir werden uns sicher nicht mit juristischen Spitzfindigkeiten und Tricks mundtot machen lassen." Man wolle nun alle rechtlichen Möglichkeiten ausnützen und daher den VfGH anrufen, was innerhalb von zwei Wochen geschehen muss und der innerhalb von vier Wochen zu entscheiden hat. Ob die SPÖ einen neuen Antrag einbringen wird, falls sie beim Höchstgericht kein Gehör findet, ließ Schieder offen. Für Freitag kündigte er eine Pressekonferenz in der Causa an.

Einen Gang der SPÖ zum VfGH würde er begrüßen, sagte Walter Rosenkranz, Klubobmann der FPÖ, "dann bekommen wir eine Handlungsanleitung, was geht und was nicht".

Wöginger: SPÖ kann sich Gang vor Verfassungsgericht sparen

ÖVP-Klubobmann August Wöginger hat Donnerstagabend in Abrede gestellt, dass seine Fraktion die Aufklärung in der Causa verhindern will. "Der U-Ausschuss zum BVT soll kommen", betonte er, "aber die SPÖ muss ein verfassungskonformes Verlangen stellen."

Bei dem heutigen Antrag sei das nicht der Fall gewesen, das habe der unabhängige Legislativdienst des Parlaments festgestellt. Der Gang zum Verfassungsgerichtshof sei nun eine Möglichkeit. Aber: "Das könnte sich die SPÖ ersparen, sie braucht nur einen verfassungskonformen Antrag einbringen. Dann kann man das im April bei den Plenartagen über die Bühne bringen."

Von einem brüsken Abschmettern könne jedenfalls keine Rede sei, auch habe man die SPÖ nicht überrascht oder auflaufen lassen. Die Sozialdemokraten hätten weiterhin alle Möglichkeiten. Er sei auch Vorsitzender des Geschäftsordnungsausschusses, so Wöginger, und er sei bereit, ganz rasch eine weitere Sitzung einzuberufen.

Kickl zweifelte an Sinnhaftigkeit

Beim ÖVP-Regierungspartner FPÖ hatte man am Donnerstag eine gewisse Ablehnung des U-Ausschusses zum BVT heraushören können - bei Innenminister Herbert Kickl nämlich, der freilich in den letzten Tagen zentrale Figur in den Geschehnissen rund um das im Innenministerium angesiedelte Bundesamt gewesen war. Bei einer Pressekonferenz stellte er die Sinnhaftigkeit eines U-Ausschusses zur Causa infrage, denn: Die Staatsanwaltschaft würde sich ohnehin mit dem Sachverhalt beschäftigen.

Einstimmig beschlossen wurde hingegen ein weiterer U-Ausschuss zur Causa Eurofighter, wobei sich der Untersuchungszeitraum statt bis 2016 nun bis ins Jahr 2017 erstreckt. Der U-Ausschuss kann somit mit der nächsten Nationalratssitzung starten.

Neos-Chef: Ausschuss kommt sicher

Neos-Klubobmann Matthias Strolz hat sich am Donnerstagabend überzeugt gezeigt, dass der "Untersuchungsausschuss zum Bundesministerium für Inneres" kommen wird. "Das ist nur eine Frage der Zeit", meinte er in einer Aussendung. ÖVP und FPÖ würden diese Aufklärung nur verzögern, aber nicht blockieren können. "Eine inhaltliche Präzisierung des Untersuchungsgegenstandes macht Sinn, und gerne bieten wir hierzu unsere Mitarbeit an. Unser Vorschlag lautet, dass die SPÖ das aktuell vorliegende Verlangen zurückzieht und wir gemeinsam an einer Präzisierung arbeiten", bot Strolz an. "Es braucht eine starke Allianz gegen schwarz-blaue Vernebelung."

Auf einen Blick

Die Durchsuchung beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung fand Ende Februar statt. Auf Antrag der Korruptionsstaatsanwaltschaft erfolgte (mit richterlicher Genehmigung) die Beschlagnahmung zahlreicher Daten. Die SPÖ argwöhnt, dass die Konfiszierungen über den Ermittlungsinhalt hinausgingen.

(Red.)

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