Ärztekammer empfiehlt "Patienten, aus Elga auszutreten"

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Die Regierung will persönliche Daten für die Forschung freigeben, darunter auch die Gesundheitsakte Elga. Stimmt nicht, heißt es von Gesundheitsministerin Hartinger-Klein: Der Zugriff auf die Daten müsse ausgeschlossen werden.

Persönliche Daten der Österreicher könnten bald vergleichsweise einfach zu haben sein. Zumindest, wenn es um "Forschungszwecke" geht. Konkret plant die Regierung, dass Universitäten, Fachhochschulen, Museen, aber auch Forschungsabteilungen von Industrieunternehmen und Einzelpersonen im In- und Ausland ab 2019 Zugriff auf die in der Elektronischen Gesundheitsakte Elga gespeicherten Daten erhalten können. Dazu müssen sie lediglich um eine Genehmigung beim Verkehrsministerium ansuchen.

Ein Vorhaben, das nicht nur Datenschützer, sondern auch die Ärztekammer und die Neos zu harscher Kritik veranlasst. "Ich finde das eine Katastrophe. Der Datenschutz von hochbrisanten und persönlichen Patientendaten ist nicht gewährleistet", sagte Vizepräsident Harald Mayer am Mittwoch. Elga sei ein System, das nur den behandelnden Ärzten den Zugriff auf die Daten erlauben solle. "Und dann nimmt man das her, um bezahlte Forschungsarbeit zu machen", kritisierte Mayer: "Man braucht dafür nur ein Gesetz zu ändern." Offenbar seien die Patientendaten in Elga nicht sicher, führte Mayer weiter aus: "Jetzt kann man den Patienten nur empfehlen, aus Elga auszutreten."

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Ähnlich empört reagierten die Neos: Wissenschaftssprecherin Claudia Gamon stößt sich insbesondere daran, dass personenbezogene Daten durch das Löschen des Namens nicht ausreichend geschützt wären. "Wenn man immer noch eine Identifikation wie die Postleitzahl hat, kann das bei vielen Individuen auf die jeweilige Person zugeordnet werden", warnte die Abgeordnete. Dass der Zugriff auf Elga nur möglich wäre, wenn die Gesundheitsministerin der dafür nötigen Verordnung zustimmt, beruhigte sie nicht. Sie würde gerne wissen, "warum es (im Gesetz, Anm.) drin steht, wenn das Ministerium nicht vorhat, es anzuwenden".

>>> Welche Informationen in "Registern" gespeichert sind

Außerdem kritisierte Gamon zahlreiche "schwammige" Formulierungen im Gesetz - etwa unter welchen Bedingungen die Auskunftsrechte für betroffene Bürger gegenüber Forschungseinrichtungen eingeschränkt werden dürfen. Dies soll nämlich der Fall sein, wenn die Erreichung der Forschungsziele durch Datenauskunft oder durch Berichtigung falscher Daten "voraussichtlich unmöglich gemacht oder ernsthaft beeinträchtigt" werden. "Das kann alles heißen", meinte Gamon.

Hartinger-Klein: Keine Freigabe für Elga-Daten

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) reagierte am Mittwoch umgehend auf die aufbrandende Kritik. Per Aussendung betonte sie, dass sie sich klar gegen die Weitergabe von Elga-Daten für Forschungszwecke stelle. "Wie Justizdaten und das Strafregister müssen ebenso Elga-Daten im Forschungsorganisationsgesetz ausgeschlossen werden", so die Ministerin.

Hartinger-Klein kündigte einen entsprechenden Abänderungsantrag für das vom Ministerrat bereits ins Parlament geschickte Gesetz an, "um diese hochsensiblen Gesundheitsdaten zu schützen". Schon in der Begutachtung habe das Ministerium eine missverständliche Formulierung abgelehnt. "Wie im Elga-Gesetz geregelt, werden auch künftig nur die Patienten selbst und ausschließlich die tatsächlich behandelnden Ärzte Elga-Daten abfragen dürfen. Die Patienten können immer kontrollieren, wer Einsicht auf ihre Daten hat", versicherte Hartinger-Klein. Die Elga-Gesundheitsdaten werden auch nur in Österreich gespeichert.

Auf einen Blick

Beschlossen hat die Regierung die Änderungen schon am 21. März - mit der Novelle des Forschungsorganisationsgesetzes (FOG). Sie ist in einem der 13 "Datenschutz-Anpassungsgesetze" der Regierung zu finden. Das Ermächtigungsgesetz liegt derzeit im Parlament.

Zugriff - nur Daten der Justiz und das Strafregister werden explizit ausgeschlossen - erhalten sollen ab 2019 nicht nur Universitäten, Fachhochschulen und Museen, sondern auch Forschungsabteilungen von Industrieunternehmen und Einzelpersonen im In- und Ausland, die beim Verkehrsministerium um eine Genehmigung ansuchen.

Während Universitäten und Industrie die Pläne begrüßen, warnen Datenschützer vor einem Missbrauch ähnlich dem aktuellen Facebook-Skandal. 

(APA/Red.)

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