Wie viele Konten kann man brauchen, Herr Meischberger?

Walter Meischberger am Donnerstag im Wiener Landesgericht
Walter Meischberger am Donnerstag im Wiener LandesgerichtAPA/HELMUT FOHRINGER/APA-POOL
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Ticker Verhandlungstag 32 Mindestens drei Konten, sechs Länder, zwei Provisionen, etliche Tranchen an Geld: Walter Meischberger, Zweitangeklagter im Korruptionsprozess um die Affären Buwog und Terminal Tower, hat im Wiener Straflandesgericht Erklärungsbedarf.

Walter Meischberger, laut Eigendefinition „strategischer Berater“ und der wohl „berühmteste Trauzeuge weltweit“, hat im Wiener Landesgericht für Strafsachen einiges zu erklären. Etwa, warum er seine „Leistungen“ rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 (er will, gemeinsam mit dem mitangeklagten PR-Berater Peter Hochegger, dem Österreich-Konsortium zum Zuschlag verholfen haben) oder für die Porr (für deren einstigen Generaldirektor Horst Pöchhacker er jahrelang tätig gewesen sein will) nicht als solche deklarierte. Stattdessen wurde auf falsche Rechnungstitel gesetzt. Meischberger rechtfertigte das damit, dass die Unternehmen und er „diskret“ hätten vorgehen wollen. So diskret, dass für die Geldflüsse – in Tranchen – ein komplizierter Weg über das Ausland und über mehrere Konten gewählt wurde.

Kaum verwunderlich, dass Meischberger zur Beantwortung der Frage von Richterin Marion Hohenecker – „Wie viele Konten kann man brauchen, Herr Meischberger?" – heute, Donnerstag, etwas weiter ausholen musste. Ja, er habe wohl „überdurchschnittlich viele“ Konten, meinte der frühere FPÖ-Generalsekretär und Trauzeuge des Hauptangeklagten im Korruptionsprozess um die Affären Buwog und Terminal Tower, Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Aber für jedes eine Begründung.

Von Booten und einer gedrittelten Lebensplanung

Der Reihe nach: Er habe bei einer Vernissage, die er gemeisam mit dem mitangeklagten Immobilienmakler Ernst Karl Plech besucht habe, Bankangestellte der Hypo Investmentbank Liechtenstein, einer Tochtergesellschaft der Hypo Vorarlberg, kennengelernt. Bald sei mit einem davon, W., eine Freundschaft entstanden – und zugleich eine berufliche Verbindung. Gemeinsam mit seinem „väterlichen Freund“ Plech habe er, Meischberger, im April 2001 das Konto „Millenium" eröffnet – der Name sei dem Jahrtausendwechsel geschuldet gewesen, aber auch einem damals auf den Markt gekommenen Boot. Mit diesem habe man geliebäugelt, es aber nie angeschafft. Plech habe etwa 5000 Schilling eingezahlt, mehr sei auf „Millenium" nicht passiert. Er, Meischberger, habe bald ganz auf dieses Konto vergessen.

Im Oktober 2001 habe Meischbeger dann „mein Konto" in Liechtenstein gegründet – „Walter“ mit der Kontonummer „400.815“. Er habe das „aus privaten Gründen“ geheim halten wollen. Zwei weitere Konten seien alsbald ins Leben gerufen worden: „Natalie“ und „Karin“ – wobei Plech der Gründer und wirtschaftlich Berechtigte von letzterem war, wobei Meischberger „lange geglaubt“ habe, dass er es ins Leben gerufen habe. Sicher sei jedenfalls: „Es war mein Geld, das dahin gekommen ist.“ Er habe diese Drittellösung gewählt, um für unterschiedliche Lebensabschnitte vorzusorgen – die nahe, die weitere und die ganz ferne Zukunft.

Ins Stocken geriet Meischberger, als er die beiden Konten „Nati“ und „404.235“ erklären sollte. Ersteres sei wohl als Nachfolger von „Natalie“ gedacht gewesen, meinte er. Dass die beiden parallel existiert hätten, das habe er erst in der Vorbereitung auf den Prozess bemerkt. Mit dem Konto „404.235“ habe er wohl „Erbrechtliches“ im Sinn gehabt, dies aber nicht mehr realisiert, mutmaßte der Ex-Politiker.

Wien - Zypern - Italien - USA - Schweiz - Liechtenstein

Wie aber kam das Geld dorthin? Dafür hätten sich Meischberger und sein Bankberater W. immer wieder in Wien, im Hotel am Stephansplatz, getroffen. Von dort habe W. die jeweiligen Summen dann auf die Reise nach Zypern geschickt (zur Briefkastenfirma Astropolis des mitangeklagten PR-Beraters Peter Hochegger). Von dort wiederum floss das Geld weiter an einen „italienischen Nationalpark“, dann in den US-Bundesstaat Delaware, wo die Gesellschaft Omega ihren Sitz hatte, sowie in die Schweiz und weiter nach Liechtenstein auf die genannten Konten. Zu dieser „Konstruktion“ habe ihm W. geraten, weil sie „diskret“ und „steuerschonend“ und offenkundig „üblich“ gewesen sei, meinte Meischberger.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bewertet die Situation freilich anders. Sie rechnet das Konto „400.815“ Grasser zu und vermutet, dass er darüber seinen Anteil an den „Bestechungszahlungen“ – einerseits für den entscheidenden Tipp für den Bundeswohnungen-Zuschlag, andererseits für die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower – erhalten habe. Die Genannten bestreiten die Vorwürfen – ausgenommen Hochegger. Er legte zu Prozessbeginn im Dezember ein Teilgeständnis ab, wonach ihm der Bankangestellte W. bei einem Treffen einen Zettel gezeigt habe, auf dem die Konten „Natalie“, „Karin“ und „400.815“ notiert gewesen seien. W. habe dazu gesagt, „Natalie“ gehöre Meischberger, „Karin“ Plech und „400.815“ „eurem Partner, dem Herrn Grasser“.

Die Verhandlung wird am 23. Mai fortgesetzt.

Die Vorwürfe auf einen Blick

Causa Buwog: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro). Gekommen sein soll das Geld von dem im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ – geflossen über Umwege auf diverse Konten. Die Zahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist die Frage: Hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern?

Causa Terminal Tower: Wie beim Buwog-Deal soll auch hier ein „Tatplan“ (bei Privatisierungsprojekten serienweise „mitschneiden“) befolgt worden sein. Und zwar: Grasser soll einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower geflossen sein soll.

Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe, lediglich Peter Hochegger legte ein Teilgeständnis ab. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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