Buwog-Prozess. Im Korruptionsverfahren um Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, den Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger und 13 weitere Angeklagte tun sich Widersprüche auf.
Wien. Er kenne sich auch nicht (mehr) aus – mit all seinen Konten, den vielen Ein- und Auszahlungen, den Geldflüssen über Zypern, die USA, Italien, die Schweiz, Liechtenstein, den „diskreten Konstrukten“ und so weiter. Und wenn Walter Meischberger – nach Karl-Heinz Grasser der Zweitangeklagte im Buwog-Prozess – den Erhalt von 200.000 Euro vom Baukonzern Porr erklären soll, gerät er in Widerspruch zu Aussagen anderer Angeklagter. Im Gerichtsjargon würde man sagen: Meischberger ist ins Schwimmen geraten.
Am Donnerstag, dem 32. Tag des Prozesses um die Privatisierung von Bundeswohnbaugesellschaften und um die Übersiedlung von Finanzbehörden in den Linzer Terminal Tower (beide Projekte sind laut Anklage von Korruption begleitet worden), geht es um die verschlungenen Pfade, auf denen Kundengelder ihren Weg zu Meischberger fanden. Der Ex-FPÖ-Generalsekretär war ja nach seinem Ausstieg aus der Politik zum Lobbyisten geworden.
Die Bank im Hotel
Da waren diese Treffen in einem Zimmer des Hotels am Stephansplatz. Dort habe Meischbergers Liechtensteinischer Bankberater W. „alle paar Wochen einen Banktag“ abgehalten. Das sei selbst ihm „ungewöhnlich vorgekommen“ so Meischberger. Aber: „Ich habe dem W. Bargeld im Hotel gegeben. Ich wollte ein Konto, von dem in meiner Umgebung keiner etwas weiß.“ Umgekehrt habe er sich auch Geld im Hotel in bar auszahlen lassen.
Wie berichtet, stehen drei Liechtenstein-Konten im Mittelpunkt der Anklage, weil dorthin die Buwog-Provision, knapp zehn Millionen Euro, geflossen sein soll: das Konto „Natalie“, das Konto „Karin“ und das Konto „400.815“. Ersteres ordnet die Anklage Meischberger zu, Zweiteres dem mitangeklagten (aber wegen Krankheit abwesenden) Immobilienmakler Ernst Plech – und Letzteres soll für Grassers Provisionsanteil gedacht gewesen sein. Alle Beteiligten bestreiten diese Vorwürfe. Meischberger: „Es war alles mein Geld.“ Richterin Marion Hohenecker stellt eine rhetorische Frage: „Wie viele Konten braucht man eigentlich?“
So wirklich nachvollziehen, wann aus welchem Titel welche Summen auf welches Konto geflossen sind, kann der Zweitangeklagte nicht mehr. Er verweist auf seinen Bankberater W. Dieser werde ohnedies als Zeuge aussagen.
Derweil macht sich Grasser eifrig Notizen. Er muss weiter auf seine Einvernahme warten. Dass Meischbergers Ausführungen wacklig sind, dürfte ihn aber nicht gerade freuen, hat Letzterer doch von einer engen beruflichen Verbundenheit („Habe Grasser politisch beraten“) berichtet.
Eine Zahlung, zwei Versionen
Auch hinsichtlich einer unter falschem Rechnungsgrund verbuchten, übers Ausland gelaufenen 200.000-Euro-Zahlung des Baukonzerns Porr an Meischberger haben sich zuletzt Widersprüche aufgetan. In einem internen E-Mail eines früheren Porr-Managers an einen früheren Raiffeisen-Leasing-Manager ist von „Vermittlungsprovision an Herrn Meischberger“ in Sachen Terminal Tower (TT) die Rede. Der Staatsanwalt sieht hier Bestechungsgeld. Und Meischberger sagt etwas ganz anders: Das Geld habe er nicht in der TT-Sache erhalten, sondern weil er als Berater der Porr tätig war.
Wie auch immer: Dass er einst einen „diskreten Geldkreislauf“ habe aufbauen wollen, gibt Meischberger zu. Auf die Frage „Warum denn das?“ lächelt der „strategische Berater“ (Eigendefinition) die Richterin an und sagt dann: „Das hat private Gründe, Frau Rat. Vielleicht können wir das einmal privat besprechen.“ Ein solches Gespräch schließt die Prozessleiterin aber ausdrücklich aus.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2018)