Aus für Pflegeregress: Bund sagt Ländern 340 Millionen Euro zu

Ein letztes Mal noch leitete Wiens Bürgermeister, Michael Häupl, die Landeshauptleutekonferenz.
Ein letztes Mal noch leitete Wiens Bürgermeister, Michael Häupl, die Landeshauptleutekonferenz. (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Die Landeshauptleute tagten ein letztes Mal mit Michael Häupl. Im Pflegebereich gingen Bund und Länder aufeinander zu – in anderen Bereichen aber nicht.

Wien. Manchmal sind Verhandlungen am Ende doch nicht so kompliziert. Selbst dann, wenn sie Bund und Länder führen. So wie am Freitag, als die Landeshauptleute bei ihrer traditionellen Konferenz auf Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) trafen. Unter anderem ging es um den finanziellen Ausgleich der Kosten, die für die Länder mit der Abschaffung des Pflegeregresses entstehen. Die Landeschefs forderten 465 Millionen Euro, der Bund wollte nicht mehr als 100 Millionen zusätzlich ausgeben. Am Ende wurden es maximal 340 Millionen Euro.

Ein „faires Angebot“, wie es der Vorarlberger Landeshauptmann, Markus Wallner (ÖVP), nannte. Kärntens Peter Kaiser (SPÖ) formulierte es etwas forscher: „Was es wiegt, das hat's: Es ist nur recht, und nicht billig, dass die Regierung auch die finanzielle Verantwortung übernimmt“, sagte er. „Nichts anderes haben sich die Länder und vor allem auch die pflegebedürftigen Menschen erwartet.“

Wenn das Geld nun aber reicht – haben die Länder dann den finanziellen Bedarf vor den Verhandlungen bewusst zu hoch bemessen? Nein, meinte Wallner. Die Berechnungsarten seien nur unterschiedlich gewesen. In manchen Bundesländern hätte man zum Beispiel alternative Wohnformen im Pflegebereich einkalkuliert – und das habe eben zu einem höheren Endbetrag geführt.

Extrakosten sind noch nicht budgetiert

Ende des Jahres soll allerdings abgerechnet werden. Dann wird entschieden, wie viel Geld die Bundesländer in den kommenden Jahren erhalten. Sollte mehr Geld nötig sein, gibt es das aber nicht automatisch. Dann müsse man wieder verhandeln. „Wenn es mehr ist, müssen wir eben darüber reden“, meint der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ). Wobei er, Häupl, dann nicht mehr dabei sein wird: Für ihn ist es die letzte Landeshauptleutekonferenz, schon kommende Woche gibt er sein Amt an Michael Ludwig ab.

Budgetiert sind die 340 Millionen für die Pflege übrigens nicht, wie Löger am Freitagnachmittag bestätigte. Seine Budgetziele werde er allerdings trotzdem erreichen. Wie? Er setzt dabei auf Einsparungen in anderen Bereichen, die er allerdings nicht näher definierte. Der Finanzminister geht ohnehin davon aus, dass die Mehrkosten der Länder Ende des Jahres noch geringer sein werden als der fixierte Betrag.

Die Länder sagten Löger wiederum zu, dass sie keinen Gebrauch vom Konsultationsmechanismus machen. Das ist eine weitere kuriose Vereinbarung zwischen Bund und Ländern: Beschließt eine Gebietskörperschaft eine Regelung, die finanzielle Nachteile für eine andere hat, muss sie die Kosten selbst tragen.

Eine Arbeitsgruppe für Artikel 12

Aber wie gesagt, die Verhandlungen sind nur manchmal so unkompliziert. Bei einem anderen Thema sind Bund und Länder noch weit von einer Einigung entfernt: nämlich bei der Abschaffung des Verfassungsartikels 12, „den eh niemand kennt, außer vielleicht ein paar Spezialisten“, wie Häupl meinte.

Rechtlich ist der Artikel aber dennoch heikel, denn er regelt die gemischten Zuständigkeiten von Bund und Ländern. In Zukunft soll für jeden Bereich nur noch eine Gebietskörperschaft verantwortlich sein. Bei manchen Themen wie dem „Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge“ ist das noch harmlos. Doch im Spitalsbereich und im Armenwesen würde eine Neuregelung der Kompetenzen weitreichende Folgen haben – je nachdem, welche Gebietskörperschaft den Bereich übernimmt.

Beispielsweise bei der Mindestsicherung, die in den Bereich Armenwesen fällt: Derzeit hat jedes Bundesland verschiedene Regelungen für die Sozialhilfe. Der Bund wünscht sich ein österreichweites Modell – hat aber bisher nur bedingt ein Mitspracherecht. Auch die Finanzierung des Gesundheitswesens muss noch geklärt werden, genauso wie die Zuständigkeiten beim Elektrizitätswesen.

Die offenen Fragen sollen – wie so oft – von einer Arbeitsgruppe geklärt werden: Je vier Vertreter des Bundes und der Länder sollen bis Ende des Jahres ihre Vorschläge dazu liefern.

Wenig Verhandlungsspielraum sehen die Länder hingegen bei der Abschaffung der Notstandshilfe, die die Regierung plant. Menschen, die derzeit diese finanzielle Hilfe erhalten, würden dann in die Mindestsicherung fallen, und das würde (wie bei der Pflege) wiederum zu Mehrkosten für die Länder führen. Sollten die Pläne umgesetzt werden, wollen die Landeshauptleute auch in diesem Bereich mehr Geld vom Bund erhalten. Löger wollte sich dazu am Freitag allerdings nicht äußern. Die Notstandshilfe sei bei der Landeshauptleutekonferenz kein Thema gewesen. Alles Weitere werde sich in den kommenden Monaten zeigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2018)

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