Meischberger: "Grasser war schon verstört"

Meischberger und Grasser im Wiener Straflandesgericht
Meischberger und Grasser im Wiener Straflandesgericht(c) APA/HELMUT FOHRINGER/APA-POOL (HELMUT FOHRINGER/APA-POOL)
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Ticker Verhandlungstag 34 Walter Meischberger musste im Buwog-Prozess zu seiner Selbstanzeige, seinen Konten und seinem Vertrauten Karl-Heinz Grasser Stellung beziehen. Die "Presse" berichtete live aus dem Wiener Straflandesgericht.

Etliche Konten, noch mehr Kalendereinträge – und eine Selbstanzeige. Drei Themen, die den 34. Verhandlungstag in Österreichs bislang größtem Korruptionsprozess dominierten. Dazu Stellung beziehen musste der „wohl berühmteste Trauzeuge weltweit“, Walter Meischberger. Und das tat er, mal lachend, mal ungerührt, mal leicht zögernd. Letzteres etwa, als er sagte: „Er war schon sehr verstört.“ Wen er meinte? Den früheren Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Der Hintergrund: das Aufploppen der „Buwog-Affäre“ im September 2009.

Damals schrieb der heute mitangeklagte PR-Berater Peter Hochegger Meischberger eine SMS. Der Inhalt: Ein Journalist habe herausgefunden, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 eine millionenschwere Provision geflossen sei. Und dass es einen Medienbericht dazu geben werde. Meischberger traf sich daraufhin mit seinem ehemaligen Geschäftspartner und schlug vor, dass dieser die Affäre auf sich nehme. Dazu kam es aber nicht, vielmehr zu zwei Selbstanzeigen. Wobei: „Die strafrechtliche Relevanz habe ich damals nicht gesehen“, beteuerte Meischberger. Er habe gedacht, er müsste die Provision gar nicht versteuern. Erst sein Steuerberater Gerald Toifl (heute ebenfalls Angeklagter) habe ihm das erklärt und „über Nacht“ eine Selbstanzeige formuliert.

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Meischberger hingegen hätten damals ganz andere Gedanken geplagt: Zum einen, dass er gar nicht wusste, um welche Summen es genau ging, sodass Toifl zunächst nur eine „geschätzte Selbstanzeige“ einbringen konnte. Zum anderen, „dass die politische Debatte den Karl-Heinz Grasser voll treffen wird“. Diesen habe er freilich auch gleich angerufen. Das Ergebnis: eine „getrübte“ Stimmung. Denn, so Meischberger, bis zu diesem Zeitpunkt habe Grasser ja nicht gewusst, dass er und Hochegger einst das „Österreich-Konsortium“ um Immofinanz und Raiffeisenlandesbank Oberösterreich beraten hätten, welches letztlich den Zuschlag bekam.

"Frühstücke" und "der Tag der Tage"

Zuvor hatte Richterin Hohenecker Meischberger nach  Kalendereinträgen aus den Jahren 2002 bis 2005 gefragt. Und zwar solche, die in Grassers Kalender notiert waren (u.a. ein „Frühstück mit Meischi“), sowie solche, die in Meischbergers elektronischem Kalender erfasst waren (u.a. „Tag der Tage“). Zumeist konnte der frühere FPÖ-Generalsekretär damit nichts anfangen, mit dem „Tag der Tage“ aber doch sehr viel. Das war der 15. Juni 2004, schilderte er – der Tag, als der Ministerrat den Zuschlag der Bundeswohnungen beschlossen hat. 

Weniger erfreulich als diese Erinnerung, gestaltete sich für Meischberger die Besprechung seiner Aktienkäufe. So erzählte der 58-Jährige, dass ihm Grasser 2007, damals nicht mehr Finanzminister, den Schweizer Vermögensberater W. empfohlen habe, weil Meischberger Aktien der MIP (Meinl International Powers, wo Grasser im Management saß) kaufen wollte. Man habe telefoniert und W. habe ihm vorgeschlagen, einen Kreditvertrag zu machen, sodass er für ihn langfristig Wertpapiere erwerben könne. Meischberger willigte ein – und überwies von seinem Konto „Walter“/400.815 (das die Staatsanwaltschaft hingegen Grasser zurechnet, Anm.) 500.000 Euro an die Mandarin – eine Briefkastenfirma in dem Steuerparadies Belize.

"Wurscht" wo die Aktien sind

Als im November 2008 eine MIP-Hauptversammlung näher rückte, wollte er sich vor dieser drücken, um nicht als Aktionär in Erscheinung treten zu müssen. Mit W. schloss er deshalb einen Securities-Lending-Vertrag, W. lieh sich also Meischbergers Aktien aus. Letztlich erschien W. aber doch nicht bei der Versammlung, denn er hätte Meischbergers Namen nennen müssen – wie sich, gemäß Meischbergers Schilderungen, „sehr kurz“ vor dem Termin herausgestellt hatte.

Als sich dann bei der MIP eine „feindliche Übernahme" abgezeichnete, ging es darum, die Aktien „zurückzuholen“. Konkret: Im Oktober 2008 wurden 223.421 MIP-Aktien von Meischberger bei der Mandarin „eingeliefert“. Am 24. April 2009 wurden rund 85.000 davon zur Liechtensteinischen Landesbank auf das Konto „Natalie“ und am 24. September auf das Konto „Walter“/400.815 gut 138.000 zurückgeholt. Wobei, so Meischberger: „Auf welches Konto was überwiesen wurde, dem wird in der ganzen Verhandlung viel zu viel Bedeutung beigemessen.“ Ihm sei das damals „wurscht“ gewesen.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bewertet die Causa bekanntlich anders: Sie geht in ihrer Anklageschrift davon aus, dass die Buwog-Provision in Wahrheit eine Schmiergeldzahlung war. Und dass sich diese Grasser, Meischberger und der mitangeklagte Immobilienmakler Ernst Karl Plech über die drei Konten „Walter“/400.815, „Natalie“ und „Karin“ aufgeteilt hätten. Außerdem geht sie davon aus, dass auch die Aktien, die über „Walter“ liefen, nicht Meischbegers, sondern Grassers waren. Die Genannten bestreiten das vehement.

Die Verhandlung wird am 5. Juni fortgesetzt.

Die Vorwürfe auf einen Blick

Causa Buwog: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro). Gekommen sein soll das Geld von dem im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ – geflossen über Umwege auf diverse Konten. Die Zahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist die Frage: Hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern?

Causa Terminal Tower: Wie beim Buwog-Deal soll auch hier ein „Tatplan“ (bei Privatisierungsprojekten serienweise „mitschneiden“) befolgt worden sein. Und zwar: Grasser soll einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower geflossen sein soll.

Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe, lediglich Peter Hochegger legte ein Teilgeständnis ab. Es gilt die Unschuldsvermutung. 

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