Meischberger: "Lust, Grasser meine Freundschaft aufzukündigen"

Meischberger, Grasser und Anwalt Wess.
Meischberger, Grasser und Anwalt Wess.(c) APA (Georg Hochmuth)
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Ticker Verhandlungstag 36 Der Lobbyist Walter Meischberger wurde im Buwog-Prozess mit seinem Tagebuch und dem - kurzzeitigen - Zerwürfnis mit Karl-Heinz Grasser konfrontiert. Die "Presse" berichtete live aus dem Wiener Straflandesgericht.

Wie viel sollen Freunde über einander wissen? Wie viel wissen sie? Und ab wann wird Wissen zu einer Belastung? Um diese Fragen kreiste der 36. Verhandlungstag im Korruptionsprozess rund um Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger sowie weitere zwölf Angeklagte. Der Grund: die Tagebucheinträge des „strategischen Beraters“ Meischberger vom Oktober 2009. Damals war gerade publik geworden, dass Meischberger ein Millionenhonorar, das er für seine Beratung des letztlich siegreichen „Österreich-Konsortiums“ rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen erhalten haben will, nicht versteuert hatte. Ebenso wenig 200.000 Euro, die er von der Baufirma Porr für seine jahrelange Arbeit lukriert haben will. (Die Staatsanwaltschaft ortet hingegen Schmiergeld, das sich Grasser, Meischberger sowie die Mitangeklagten Peter Hochegger und Ernst Karl Plech via der Konten „400.815“, „Natalie“ und „Karin“ aufgeteilt hätten.)

Grasser habe davon nichts gewusst, sei nun aber ins „mediale Trommelfeuer“ geraten. Denn: Der Ex-Finanzminister und Meischberger waren bekanntlich seit ihren gemeinsamen Polit-Anfängen bei der FPÖ befreundet. Und zwar so gut, dass Meischberger Grasser in dessen Zeit als Minister „strategisch beraten“ hatte.

Stoff „für die nächste Scheißgeschichte“

Und nicht nur Grasser. Wie Meischberger am Mittwoch erläuterte, war er nicht nur für den Ex-Minister tätig, sondern habe nebenher auch ein Magazin herausgegeben, habe andere Kunden „strategisch beraten“ – er sei schlichtweg seinem „Brotberuf“ nachgegangen. Grasser habe das gewusst, aber nicht, wer Meischbergers Kunden waren. Klar sei aber stets gewesen, dass Meischberger nichts tun würde, was der Republik oder Grasser schaden könnte. Oder gar gegen das Gesetz verstoße. Aber: „Dass dann einiges danebengegangen ist und dass wir heute hier sitzen und dass er keine Freude damit hat, das verstehe ich auch“, sagte Meischberger und räumte so eine „Missstimmung“ im Herbst 2009 ein. Grasser habe sich damals hintergangen gefühlt, so der 58-Jährige. Mittlerweile hätten sich Grasser und er aber ausgesprochen.

Damals habe man sich hingegen zeitweise nicht ausstehen können. „Ich habe gut Lust, ihm meine Freundschaft aufzukündigen, ernsthaft“, hatte Meischberger etwa am 25. Oktober in grüner Tinte in seinem Tagebuch notiert. Der Auslöser: Grasser hatte mit einem Journalisten gesprochen und diesem so Stoff „für die nächste Scheißgeschichte in der er sich auf meine Kosten versucht herauszuputzen“ geliefert.

„I hab Angst ghabt“

Zu dem Ärger über den ehemals engen Freund mischte sich bei Meischberger damals die Sorge um sein Hab und Gut. Er habe plötzlich Steuerschulden in Millionenhöhe gehabt. Gegen ihn (und auch Grasser) wurde von der Staatsanwaltschaft ermittelt. „I hab Angst ghabt“, sagte er heute. Und zwar davor, sein Haus und seine Wohnung auf Ibiza zu verlieren. Um das zu verhindern, habe er seinen „väterlichen Freund“ Plech kontaktiert. Diese habe für ihn ja Geld in Immobilienprojekte investiert – Geld, das auf dem Konto „Karin“ lag (dieser Deal wurde von den beiden dann 2009 in einer Immobilieninvestmentvereinbarung verschriftlicht und rückdatiert, so Meischberger).

Als Meischberger Plech um die Rückabwicklung der Vereinbarung bat, um zu Geld für die Tilgung seiner Schulden zu kommen, sei dieser weniger erfreut und wenig kooperativ gewesen, habe er Meischbergers Gelder doch als langfristige Investitionen (in seine) Immobilien gesehen. Das Ganze habe sich letztlich sehr langwierig gestaltet, räumte Meischberger ein. Genutzt habe es ihm nichts: „In der Zwischenzeit habe ich eh alles verloren.“

Zuletzt wurde von Richterin Marion Hohenecker noch die Bürogemeinschaft von Grasser und Meischberger thematisiert – die 2009, rund um das Aufkommen der Buwog-Affäre, jäh endete. Dazu durfte auch Grasser (der bislang nicht einvernommen wurde und sich die Zeit im Großen Schwurgerichtssaal so gestaltet, dass er eifrig Notizen anlegt) kurz etwas sagen: Nämlich, dass er - wie Meischberger - davon ausgegangen war, dass man diese schon vor September 2009 beendet hatte.

Die Verhandlung wird am Donnerstag um 9:30 Uhr im Wiener Landesgericht für Strafsachen fortgesetzt. „Die Presse“ wird wieder live berichten.

Die Vorwürfe auf einen Blick

Causa Buwog: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro). Gekommen sein soll das Geld von dem im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ – geflossen über Umwege auf diverse Konten. Die Zahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist die Frage: Hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern?

Causa Terminal Tower: Wie beim Buwog-Deal soll auch hier ein „Tatplan“ (bei Privatisierungsprojekten serienweise „mitschneiden“) befolgt worden sein. Und zwar: Grasser soll einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower geflossen sein soll.

Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe, lediglich Peter Hochegger legte ein Teilgeständnis ab. Es gilt die Unschuldsvermutung. 

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