"Sind nicht in Bosnien!": Zwischenruf bei Zadic-Rede kam von ÖVP-Abgeordnetem

Zadic bei ihrer Rede am Montag
Zadic bei ihrer Rede am MontagAPA/ROLAND SCHLAGER
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Untergriffige Zwischenrufe während der Rede der Liste-Pilz-Abgeordneten Alma Zadic am Montag im Nationalrat sorgen für Diskussionen. ÖVP-Mandatar Johann Rädler tätigte den Zwischenruf "Sie sind nicht in Bosnien!".

Der Zwischenruf "Sie sind nicht in Bosnien! Verwechseln Sie das nicht!" in Richtung der Liste-Pilz-Abgeordneten Alma Zadic stammt von ÖVP-Mandatar Johann Rädler. Das teilte der ÖVP-Klub Dienstagmittag mit. Rädler habe dies jedenfalls nicht abwertend gemeint, hieß es weiter.

Die Aussage während der Rede Zadics war nicht - wie ursprünglich im vorläufigen stenografischen Protokoll vermerkt - von FPÖ-Mandatar Werner Neubauer getätigt worden. Neubauer hatte das ursprüngliche Protokoll der Sitzung beeinspruchen lassen, der stenografische Dienst des Parlaments versuchte danach erneut, die Aussage zuzuordnen.

Zur Person

Johann Rädler, ÖVP, ist seit 2002 Abgeordneter zum Nationalrat, Präsident des Österreichischen Zivilschutzverbandes und seit 2000 Bürgermeister von Bad Erlach (Niederösterreich). Er ist aktuell Mitglied in den parlamentarischen Ausschüssen für Konsumentenschutz, Umwelt und Verkehr.

Rädler ließ wissen, dass er den Satz getätigt habe. Der ÖVP-Abgeordnete gab an, dass Zadic im Plenum über Österreich als unsicheres Land gesprochen und er daraufhin den Zwischenruf getätigt habe. Rädler habe jedoch "viele positive Berührungspunkte mit Bosnien" und sei mehrmals im Jahr auch dort, hieß es aus dem ÖVP-Klub.

Zadics Herkunft "nicht das erste Mal" Thema

Zadic war in der gestrigen BVT-Sondersitzung am Wort und wollte unter anderem wissen, wie Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) den Schutz der Geheimdienst-Beamten sicherstellen wolle. Daraufhin kam der Zwischenruf: "Sie sind nicht in Bosnien! Verwechseln Sie das nicht!" Die Liste-Pilz-Mandatarin - sie stammt aus Bosnien - erklärte am Dienstag: "Das ist eine Frechheit und nicht das erste Mal, dass meine Herkunft in eine Sachdebatte hineingezogen wird. Das hat nichts mit dem BVT zu tun und ist nicht vereinbar mit der Würde des Hauses."

Gleich danach kam es zu einem weiteren Zwischenruf, laut Protokoll von FPÖ-Mandatar Wolfgang Zanger: "Alma, bei mir bist du sicher!" Zadic erklärte dazu, dass sie diese Aussage am Rednerpult nicht selbst vernommen hat, sie aber von anderen Mandataren gehört und im Protokoll festgehalten wurde. Jedenfalls sei sie "sexistisch und nicht in Ordnung". Auf einem via Twitter verbreiteten Video-Ausschnitt der Sitzung sind die Zwischenrufe deutlich zu hören. Insgesamt habe es während Zadics Rede 30 Zwischenrufe, vorwiegend aus den Reihen der FPÖ, gegeben, hieß es vonseiten des Parlaments.

FPÖ: "Das ist nicht rassistisch"

Die FPÖ wies am Dienstagvormittag die Vorwürfe zurück, ehe Neubauer das Protokoll beeinspruchen ließ. "Es ist nicht klar, ob das aus unserem Sektor oder von der ÖVP kam", meinte Generalsekretär Christian Hafenecker. Er selbst habe gehört, dass jemand "Wir sind hier nicht in Bosnien" gerufen habe: "Das ist eine Feststellung und nicht fremdenfeindlich. Das ist nicht rassistisch." Hafenecker verwies viel eher darauf, dass Bosnien "Nachholbedarf" in der Sicherheitspolitik habe. Auch ortet er in der zweiten Aussage keinen Sexismus: "Was daran frauenfeindlich sein soll, weiß ich nicht." Hafenecker verwies auch auf den "Gesamtzusammenhang", habe doch Zadic Innenminister Kickl "beschimpft" - da könne es schon zu emotionalen Zwischenrufen kommen, so die Ansicht des FPÖ-Politikers.

Zu den Aussagen war es ausgerechnet in jener Sondersitzung gekommen, bei der in der Früh bei Peter Pilz' Angelobung fast alle weiblichen Abgeordneten den Saal verließen, auch FPÖ-Mandatarinnen. Der Generalsekretär meinte dazu noch, wenn man über Frauenrechte diskutieren wolle, sollte sich Zadic überlegen, ob sie noch in der Liste Pilz sitzen will.

"Irrtümlich" geführter FPÖ-Politiker

Die stenografische Abteilung des Parlaments ließ schließlich wissen, sie habe den untergriffigen Zwischenruf "irrtümlich" Neubauer zugeordnet. Das vorläufige Protokoll sei geändert worden. Die Abteilung versuche nun, den Zwischenruf zuzuordnen - was sich durch Rädlers Eingeständnis erübrigt haben dürfte. Zangers Zwischenruf war nicht beeinsprucht worden, er ist weiterhin im Protokoll zu finden.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), der während Zadics Rede auch den Vorsitz geführt hatte, kündigte an, die Zwischenrufe in der Parlamentssitzung am Mittwoch zu thematisieren. Sobotka erwäge auch einen nachträglichen Ordnungsruf. Die untergriffigen Aussagen habe Sobotka selbst nicht vernommen, erklärte am Dienstag sein Sprecher. Er distanziere sich aber klar von dieser Art von Zwischenrufen.

Handlungsbedarf sieht auch die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ). Sie kritisierte bereits während der Sitzung die Art, wie Debatten verlaufen. Die Ausdrucksweise würde zunehmend die Würde des Hauses verletzen, sie wolle dies daher bei der nächsten Präsidiale thematisieren.

Zadic: "Wer immer das war, soll dazu stehen" 

"Wer immer das war, soll dazu stehen", forderte Zadic am Dienstagvormittag. Liste Pilz-Klubchef Bruno Rossmann sprach bei einer Pressekonferenz am Dienstag von "ungeheuerlichen Vorfällen" und forderte von allen FPÖ-Abgeordneten, die Zadic beleidigt haben, sich bei ihr noch vor der morgigen Nationalratssitzung zu entschuldigen. Bei der Angelobung von Pilz hätten alle Frauen den Sitzungssaal verlassen, auch jene von der FPÖ, "die mir bisher nicht mit Feminismus aufgefallen sind", sagte Rossmann. Er bezeichnete die Zwischenrufe als "schwerwiegend sexistisch und rassistisch".

Konsequenzen forderte auch SOS Mitmensch. In einer Aussendung wurde gefordert, dass die Parlamentspräsidenten und die Parteivorsitzenden aller Parteien diese Äußerungen scharf verurteilen.

>> Ausschnitt der Rede auf Twitter

(APA)

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