Nationalrat: Türkis-Blau und Liste Pilz im Moral-Clinch

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NATIONALRAT SONDERSITZUNG: PILZAPA/ROLAND SCHLAGER
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Bei einer Aktuellen Stunde im Nationalrat gab es eine Zwischenbilanz der türkis-blauen Regierung; Kanzleramtsminister Gernot Blümel verwies auf den "neuen Stil". Peter Pilz nannte die ÖVP hingegen ein "neues Geschäftsfeld" für KTM-Chef Stefan Pierer.

Für ÖVP und FPÖ ist die neue Bundesregierung die umsetzungsstärkste Regierung aller Zeiten, für die Opposition steht Türkis-Blau indes für soziale Kälte und eine Politik für die Vermögenden. Entlang dieser Fronten verlief am Mittwoch die von der Liste Pilz beantragte Aktuelle Stunde im Nationalrat. Thema: "Neue Regierung, alte Politik: Freunderlwirtschaft statt Gerechtigkeit".

Liste-Pilz-Gründer Peter Pilz warf ÖVP und FPÖ eine Politik für Unternehmer wie KTM-Chef Stefan Pierer vor, der im jüngsten Nationalratswahlkampf knapp 440.000 Euro an die ÖVP gespendet hatte. Pierer habe mit der ÖVP ein "neues Geschäftsfeld" entdeckt, das sich für ihn allein durch die Pläne der Senkung des Unfallversicherungsbeitrags bereits nach elf Monaten rechne. "Die ÖVP ist für die da, die sich etwas leisten können", meinte Pilz. Kritik übte Pilz auch an der FPÖ-Rolle. Die einstige "Partei des kleinen Mannes" würde bei der Bagatellisierung von Sozialbetrug oder der Einführung des Zwölf-Stunden-Tages einfach zusehen.

Neos: "Neuer Stil" Message Control und Superlative

Die SPÖ-Abgeordnete Eva Maria Holzleitner warf der Regierung unsoziale Politik vor. Beim Familienbonus würden Alleinverdienerinnen mit Almosen abgespeist, bei der Mindestsicherung rund 46.000 Kinder in eine armutsgefährdende Situation schlittern. "Das ist der Stempel der sozialen Kälte in Österreich."

Für Neos-Mandatar Niki Scherak zeichne sich der "neue Stil" der Regierung vor allem durch Superlative und Message Control in der Vermarktung aus. Vom viel zitierten "Sparen im System" könne etwa keine Rede sein, wenn man sehe, dass die Mitarbeiteranzahl in den Ministerkabinetten einen absoluten Höchststand erreicht habe.

Blümel: "Schlechter Vollzug" der Mindestsicherung

Für die Regierung wies Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) die Kritik zurück. Er verwies auf den "neuen Stil" und die Umsetzung des Regierungsübereinkommens. Die Regierung mache Schluss mit der Schuldenpolitik und habe einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorgelegt. Kleine und mittlere Einkommen würden entlastet, man spare im System und nicht bei den Menschen. In puncto Mindestsicherung betonte der Minister die Regierungslinie, dass diese Hilfsmaßnahme bei der Einführung nie als "soziale Hängematte" gedacht gewesen sei. Durch den "schlechten Vollzug in einigen Bundesländern" sei daraus aber de facto ein bedingungsloses Grundeinkommen geworden.

ÖVP-Klubchef August Wöginger meinte in Richtung Pilz, dieser solle aufhören, erfolgreiche Unternehmer zu verunglimpfen, die für viele tausende Arbeitsplätze sorgen. Grundsätzlich meinte Wöginger: "So viel weiter gebracht wie in den letzten fünf Monaten hat eine Bundesregierung noch nie." Die Bundesregierung stehe zur Senkung der Lohnnebenkosten, ergänzte FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz. Das sichere Arbeitsplätze.

Blümel, Wöginger und Rosenkranz nutzten die Aktuelle Stunde zur Regierungsbilanz ihrerseits, um den gerade wieder ins Parlament eingezogenen Pilz und seine Liste zu kritisieren. "Schauen sie sich in den Spiegel und kehren sie vor ihrer eigenen Tür", meinte VP-Klubchef Wöginger punkto Moral und Ethik in Richtung Pilz. FPÖ-Klubchef Rosenkranz bezeichnete Pilz als "selbst ernannten Gralshüter der Würde des Hauses". Rosenkranz kritisierte auch die von der Arbeiterkammer ausbezahlte 5000 Euro-Pension an den Liste Pilz-Abgeordneten Bruno Rossmann: "Wenn man von Privilegienstadl reden will, dann schauen Sie dort hin."

(APA)

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