Fremdenrecht: „Infame Unterstellung“ gegen Asylrichter

(c) APA/ROLAND SCHLAGER
  • Drucken

Anonymer „Insider“ klagt in Zeitung über das Bundesverwaltungsgericht. Was ist dran an den Vorwürfen gegen ein Gericht, das immer wieder in die Schlagzeilen kommt?

Wien. Um die Vollziehung des Asylrechts ist es in Österreich schlecht bestellt. Diesen Eindruck musste gewinnen, wer den „Kurier“ vom Sonntag las. Am Asylgericht – gemeint ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG), die Kontrollinstanz für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) – herrschten „Willkür und Schlamperei“. Die Zeitung beruft sich auf einen gewissen „Herbert“, der seinem Ärger über fragwürdige positive Asylentscheidungen, suspekte Beziehungen zwischen Anwälten und Richtern und ein Versagen der Kontrollmechanismen Luft macht.

„Nichts davon entspricht dem, was ich und andere AnwältInnen in tausenden (!) von Verfahren vor dem BVwG beobachtet haben“, erwiderte auf Facebook Georg Bürstmayr, Anwalt mit Erfahrung im Fremdenrecht und (erfolgloser) Kandidat der Grünen bei der Nationalratswahl. Bürstmayr sorgt sich um den Rechtsstaat und befürchtet eine Kampagne, mit der das Gericht schlechtgemacht werden solle.

Faktum ist, dass das Gericht an knapp mehr als 40 Prozent der Entscheidungen des BFA etwas auszusetzen hat. Diese werden ohne mündliche Verhandlung und meist von Nichtjuristen getroffen, und es fällt auf, dass das BFA so gut wie nie vor dem Gericht erscheint, um seine Entscheidung zu verteidigen. Es liegt aber in der Natur der Sache, dass das Gericht anders als die Behörde entscheiden kann; im Übrigen wird es selbst vom Verwaltungsgerichtshof kontrolliert.

„Herberts“ Kritik gipfelt in der Vermutung, dass Verwaltungsrichter eine Agenda verfolgten und Asylwerbern mit fadenscheinigen Argumenten Asyl gewährten. Der (SPÖ-nahe) Präsident des Gerichts, Harald Perl, habe die Order ausgegeben, so oft wie möglich positiv zu entscheiden. Das bestreitet nicht nur Perl selbst im „Kurier“. Auch Michael Fuchs-Robetin, Sprecher der BVwG-Mitglieder in der Richtervereinigung, weist diesen Vorwurf zurück: „Das ist eine infame Unterstellung“, sagt Fuchs-Robetin zur „Presse“. Damit würde die Weisungsfreiheit der Richter verkannt. „Eigentlich ist es der Vorwurf des Amtsmissbrauchs“ – auch gegen den, der einer solchen Weisung folgen würde.

Umstritten ist das BVwG seit seiner Gründung im Jahr 2014. Dabei war es ein rechtsstaatlicher Fortschritt, dass sich Bürger gegen Bescheide der Verwaltung nun direkt an Richter wenden können. Allerdings entscheiden am BVwG Personen ohne langjährige Richterausbildung, die der Verwaltung entstammen. Zudem kamen bei den Richterposten auffallend viele Personen aus rot-schwarzen Ministerkabinetten zum Zug.

Umstritten war die ablehnende Entscheidung des BVwG zur Dritten Piste in Schwechat, die vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde. Landespolitiker riefen dazu auf, dem Gericht wieder Macht wegzunehmen. Und auch im Zusammenhang mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) geriet das BVwG zuletzt in den Mittelpunkt. So wurde die Suspendierung von BVT-Chef Peter Gridling aufgehoben.
Eine Entscheidung, die einem anderen Herbert – diesfalls Innenminister Herbert Kickl – nicht gefallen haben dürfte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.