Söder und Kurz: "Nicht jeder hat das Recht, in Europa zu leben"

'REGIERUNGSKONFERENZ' MIT BAYRISCHER LANDESREGIERUNG: PK SOeDER / KURZ
'REGIERUNGSKONFERENZ' MIT BAYRISCHER LANDESREGIERUNG: PK SOeDER / KURZAPA/ROLAND SCHLAGER
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Statt länderübergreifender Wirtschaftspolitik ging es in Linz um länderübergreifende Ideen in puncto Migrationspolitik. Ministerpräsident Söder sprach von der Gefährdung der europäischen Demokratie, Kanzler Kurz bemühte Kanzler Kreisky.

Mit betontem Duzen eröffneten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Pressekonferenz nach dem gemeinsamen Regierungstreffen in Linz. "Lieber Sebastian", meinte da etwa Söder, "wir sprechen die gleiche Sprache mit dem richtigen Akzent".

Söder, der seit März 2018 Bayerns Regierungschef ist und sich im Oktober der Wiederwahl stellen muss, und Kurz waren auf Initiative von Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer ins Linzer Landhaus gekommen. Die ursprüngliche Idee sei gewesen, das "besondere Verhältnis", die "traditionelle Freundschaft" zwischen dem deutschen Freistaat und der Republik hervorzuheben, erzählte Stelzer; ein spezielles Augenmerk gelte da dem "pulsierenden Wirtschaftsraum" im Innviertel, wo sich entlang der österreichisch-bayerischen Grenze Firmen wie KTM angesiedelt haben.

Um Grenzen ging es dann auch, aber in einem etwas anderen Sinne: Im Lichte der aktuellen Asylpolitik-Debatte in Deutschland, die von CSU-Chef Horst Seehofer befeuert wurde, wollten Kurz und Söder hauptsächlich nachbarschaftliche Unterstützung für die politische Herangehensweise des jeweils anderen demonstrieren. Themen wie die Vernetzung von Start-ups aus Bayern und Österreich und strategische Hochschulpartnerschaften wurden also nur in der Einleitung erwähnt, ebenso die unterschiedlichen Haltungen Bayerns und Österreichs beim Brenner-Transit.

"Bayern selbstverständlich Teil Deutschlands"

Stattdessen gab es eindeutige gemeinsame Signale in Richtung der deutschen Bundesregierung, bestehend aus CDU/CSU und SPD. Kurz zitierte dafür etwa Kreisky, der gesagt habe: Wenn er Urlaub mache, fahre er am liebsten nach Bayern - da sei er nicht mehr in Österreich und noch nicht in Deutschland. "Wir sehen das nicht so, wir haben einen anderen Blick auf Bayern", fügte der Kanzler hastig an, Bayern sei in Augen der österreichischen Bundesregierung "selbstverständlich Teil Deutschlands". Die betont gemeinsame Linie der Österreicher und der Bayern in Sachen Flüchtlingspolitik stellten Kurz und Söder dennoch als Gegenstück zu Berlin in die Auslage. Ohne Bayern, meinte Söder etwa im Verweis auf den nun anstehenden Mini-EU-Gipfel zu Migration und Asyl am Sonntag, hätte sich Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zuletzt nicht so schnell bewegt. "Die Bayern sind im Kern sehr friedliebend", sagte Söder fast schon drohend, "aber sehr entschlossen", wenn es darauf ankäme.

Der Mini-EU-Gipfel habe aber nicht die deutsche Innenpolitik zum Thema, meinte Kurz, der auf eine "geeinte Bundesregierung" in Deutschland hoffe. Söder nannte die aktuelle Diskussion über die Haltungen Merkels und Seehofers "keine personelle", sondern eine "sachliche Frage". Generell werde Söder "gute Ideen" aus Österreich mit nachhause nehmen, so könne auch er sich vorstellen, Sach- statt Geldleistungen für Asylsuchende zu implementieren. Auch die Indexierung des Kindergeldes - wie in Österreich - wünsche er sich.

"Auf Dauer ein Problem für die Demokratie"

Beide Politiker pochten auch auf eine gesamteuropäische Lösung in Sachen Migrationspolitik. Man teile die politische Überzeugung, Europas Außengrenzenschutz ausbauen zu müssen; auch die sogenannten "Schutzzentren" an Afrikas Nordküste, die über bilaterale Abkommen eingerichtet werden sollten, sind sowohl für Kurz als auch für Söder eine Notwendigkeit.

Der österreichische Bundeskanzler erklärte zudem einmal mehr, für ihn gebe es nur zwei Möglichkeiten, wie die Migrationsfrage gelöst werden könnte: entweder durch geschlossene Binnengrenzen - oder durch geschlossene EU-Außengrenzen. Letzteres bevorzuge er. Die "Schutzzentren" seien für ihn "definitv" Teil der Lösung: "Nicht jeder hat das Recht, in Europa zu leben", meinte Kurz, der sich für Resettlement-Programme aussprach, die von nationalen Regierungen gesteuert werden könnten. So könnten sich Regierungen aussuchen, welche Menschen sie ins Land ließen, sagte der Kanzler - der hinzufügte, dass er sich vorstellen könne, dass je nach regierender Partei auch unterschiedliche Gruppen zugelassen werden können. Eine Frist setzte Kurz der europäischen Diskussion bis September.

Söder merkte an, er denke, es werde "auf Dauer ein Problem für die Demokratie" in Europa geben, sollte die EU sich nicht zum stärkeren Schutz der Außengrenzen entscheiden: "Nur der Schutz nach außen garantiert Liberalität." Mit der Beantwortung der Migrationsfrage werde man "erkennen können, ob Europa funktioniert oder nicht funktioniert".

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