Meinl-Reisinger: 94,7 Prozent für die neue Parteichefin der Neos

MITGLIEDERVERSAMMLUNG NEOS: STROLZ / MEINL-REISINGER
MITGLIEDERVERSAMMLUNG NEOS: STROLZ / MEINL-REISINGER(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Beate Meinl-Reisinger stellte sich in der Stadthalle der Wahl und wurde von 520 der 549 Mitglieder gewählt.

Der Führungswechsel bei den Neos ist vollzogen. Die Pinken tauschten am Samstag den quirligen Parteigründer Matthias Strolz gegen die resolute Beate Meinl-Reisinger aus. Sie erhielt bei einem Gegenkandidaten respektable 94,7 Prozent*. Inhaltliche Umwälzungen sind mit der neuen 40-jährigen Chefin nicht zu erwarten. Sie kündigte an, den bisherigen Kurs der Mitte halten zu wollen.

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* Die Neos korrigierten im Laufe der Mitgliederversammlung die Zahl der abgegebenen Stimmen bei der Vorsitzendenwahl, denn es wurden versehentlich zehn Stimmen doppelt gezählt. Damit wurden 549 und nicht 559 Wahlzetteln abgegeben. Am Ergebnis für Meinl-Reisinger ändert sich dadurch aber kaum etwas, sie hat eine Zustimmung von 94,7 und nicht 94,8 Prozent.

"Die Menschen in der Mitte ertragen diese permanente Polarisierung nicht mehr. Sie wollen Lösungen. Dieser Mitte will ich eine laute Stimme geben", sagte Meinl-Reisinger bei der Mitgliederversammlung in der Wiener Stadthalle. "Ich werde nicht nach links und nicht nach rechts, sondern nach vorne gehen."

Neos hätten sich "aus einer Wut heraus gegründet", Wut über den Stillstand und den Parteienstaat. "Dieser Wut wollten wir eine konstruktive Stimme verleihen." Im Mittelpunkt stünden dabei Grundwerte wie Freiheit, Eigenverantwortung, Selbstbestimmtheit, die liberale Demokratie, die offene Gesellschaft und Rechtsstaatlichkeit. Und genau diese Werte seien in den letzten Jahren "stark in Bedrängnis gekommen".

Das gemeinsame Europa werde mittlerweile nicht nur von den Rechten, sondern auch von den Konservativen infrage gestellt. Die Meinungs- und Pressefreiheit werde angegriffen, der Justiz die Daumenschrauben angelegt, die Menschenrechte scheinen verhandelbar. In diesem Umfeld bilde Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) "unheilige Achsen" mit Populisten wie Viktor Orban und Matteo Salvini, kritisierte Meinl-Reisinger. Kurz betätige sich in der Asylpolitik innerhalb der EU als Pyromane. "Er hat viel Öl ins Feuer gegossen und schaut jetzt zu, wie schön es lodert."

"Wir Liberale dürfen nicht blind sein"

Sie warnte aber auch davor, dass "wir Liberale nicht blind sein dürfen" und aus Toleranz Intoleranz dulden. "Wir dürfen dem politischen Islam keinen Millimeter die Tür aufmachen. Aber ich halte dem Halbmond nicht das Kreuz entgegen, sondern die aufgeklärte säkulare Demokratie", sagte Meinl-Reisinger.

Der scheidende Parteichef Strolz rief in seiner Abschiedsrede die Neos dazu auf, gegen den voranschreitenden Demokratieabbau anzukämpfen. Vor einigen Jahren hätte sich keiner gedacht, dass in ganz Europa so viele Rechte aufstehen und mit der "großen Abrissbirne" gegen die Gemeinschaft fahren. Es sei unvorstellbar, wie sehr der Rechtsstaat unter Druck gerät. "Wir sind die Generation, die den Kampf um unsere liberale Demokratie führen muss. Und wir sind bereit, diesen Kampf zu führen", so Strolz. Dass er in dieser schwierigen Zeit die Partei verlässt, hält Strolz für richtig: "Der Schritt ist sehr stimmig. Ich bin der tiefen Überzeugung, dass wir alles haben, dass es gut weitergeht. Es ist alles da, wir sind komplett."

Strolz wurde mit zahlreichen Danksagungen, viel Applaus und witzigen Geschenken verabschiedet. Er bekam neben einem Obstbaum und Wollsocken auch ein Abschiedsvideo, in dem er von seinen Wegbegleitern als "großes Kind, leicht crazy und nicht trinkfest" beschrieben wurde. Strolz bedankte sich, verabschiedete sich mit "Ciao" und ging seinen neuen Baum umarmend von der Bühne.

(APA/red.)

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