Türkei-Spionage in Österreich

BVT-Chef Peter Gridling.
BVT-Chef Peter Gridling.(c) APA/EXPA/MICHAEL GRUBER (EXPA/MICHAEL GRUBER)
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BVT-Chef Peter Gridling warnt: Die Türkei nütze türkische Vereine in Österreich für eigene Zwecke aus. Indessen ist die Zahl der Extremismusdelikte gesunken.

Wien. Staatliche Stellen der Türkei würden verstärkt versuchen, Einfluss in Österreich zu gewinnen – etwa indem sie die Strukturen türkischer Vereine in Österreich für eigene Zwecke ausnützten. So würden diese Vereine aufgefordert, „politische Gegner bekannt zu geben“. Die betroffenen Personen würden dann – zum Beispiel bei der Einreise in die Türkei – Repressalien ausgesetzt. Außerdem gebe es seitens der Türkei immer wieder Versuche, bestimmte, in Österreich lebende Personen „mit nachrichtendienstlichen Methoden auszuspähen“.

Dieses Thema stand am Donnerstag bei der Präsentation des neuen Verfassungsschutzberichts durch den Leiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), Peter Gridling, und der Generaldirektorin für die öffentliche Sicherheit, Michaela Kardeis, auf der Tagesordnung. Insgesamt ergibt der Rückblick auf das abgelaufene Jahr, dass sowohl die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten als auch jene der linksextremistischen Delikte gesunken ist (siehe Grafik).

Bei den rechtsextremen Taten fiel auf, dass speziell die Zahl der Anzeigen wegen Verstößen gegen das Verbotsgesetz (Verbot zur Wiedererrichtung der NSDAP) rückläufig ist: von 884 (Jahr 2016) auf 798 (2017). Von allen rechtsextremistischen Tathandlungen (1063) waren 660 im eigentlichen Sinne rechtsextremistisch. 227 waren fremdenfeindlich/rassistisch, 39 antisemitisch und 36 islamfeindlich. Bei 101 Taten war die Motivlage gemischt oder unspezifisch.

Hinsichtlich der antisemitischen Taten sagte Gridling: „Der Antisemitismus ist nicht auf rechtsextreme Kreise beschränkt.“ Auch in muslimischen Gemeinden gebe es „eine starke antisemitische Haltung“. So entstehe „ein hohes Gefährdungspotenzial“.

Auch die Identitären – die in Österreich führenden Köpfe dieser Bewegung stehen kommende Woche in Graz vor Gericht – finden sich in dem Bericht: Identitäre „haben durch zahlreiche islam-, fremden- und asylfeindliche Aktionen für Aufmerksamkeit im öffentlichen Raum gesorgt“.

Ruinierte FPÖ-Wahlplakate

Bei den linksextremen Taten (463 Anzeigen im Jahr 2016, 307 im Jahr darauf) stachen jene heraus, die sich wegen der Nationalratswahl ereigneten. Das waren in erster Linie Sachbeschädigungen von Wahlplakaten der FPÖ. Ansonsten traten linksautonome Aktivisten etwa durch Störversuche bei Veranstaltungen von deutschnationalen Burschenschaftern in Erscheinung.

Das Problem der aus Österreich kommenden terroristischen Kämpfer in den Jihad-Gebieten (Syrien, Irak) blieb zuletzt überschaubar. Bis Ende 2017 wurden 105 Personen (darunter etliche Tschetschenien-Flüchtlinge) gezählt, die sich nach wie vor als Foreign Fighters betätigen. Weiteren 55 Personen war zwar die Ausreise aus Österreich gelungen, sie wurden aber im Jihad getötet. 94 weitere wurden mittlerweile als sogenannte Rückkehrer registriert. Und 59 Personen hatten bisher vor, sich von Österreich kommend dem Jihad anzuschließen, wurden aber an der Ausreise gehindert. Was den islamistischen Terror betreffe, „müssen wir jederzeit damit rechnen, dass so etwas auch bei uns passieren kann“, erklärte der BVT-Chef.

Hinsichtlich der nun beginnenden EU-Ratspräsidentschaft Österreichs hat das BVT fünf große Gipfel als besonders gefährdet eingestuft. Zudem werde Österreich nun „Operationsgebiet ausländischer Nachrichtendienste“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2018)

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