Nationalrat schafft Möglichkeit zur 60-Stunden-Woche

APA/ROLAND SCHLAGER
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Das Finale der Nationalratssaison bringt kommende Woche einen programmierten Aufreger. Die Ausweitung der Höchstarbeitszeit wird mit Sicherheit am Donnerstag die Wogen hoch gehen lassen.

Das Finale der Nationalratssaison bringt kommende Woche einen programmierten Aufreger. Die Ausweitung der Höchstarbeitszeit wird mit Sicherheit am Donnerstag die Wogen hoch gehen lassen. Am Tag davor hat die Koalition wohl einen ruhigeren Tag, wird doch mit dem Familienbonus ein klassisches Wohlfühlthema behandelt.

Die Stimmung im Parlament war zuletzt so schlecht wie lange nicht. Das drückte sich auch in der Absage des geplanten Mitarbeiterfests am Heldenplatz aus, das am Donnerstag die Abgeordneten auch den Bürgern näher hätte bringen können. Nachdem die anderen Fraktionen die Festplanung von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) nicht goutierten, sagte dieser den Event ab - Nebeneffekt: es wird auf den Ersatztag Freitag verzichtet und nur an zwei Tagen debattiert.

Die größeren Aufreger hat man sich dabei für den Donnerstag aufgehoben. Nachdem sich Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) den Fragen der Abgeordneten gestellt hat, kommt die Arbeitszeit auf die Agenda. Zwar bleiben 8-Stunden-Tag und 40-Stunden-Woche grundsätzlich erhalten, maximal kann aber künftig zwölf bzw. 60 Stunden gearbeitet werden. Dass die elfte und zwölfte Stunde freiwillig sind, beruhigt SPÖ und Liste Pilz nicht, glauben sie doch, dass die Realität eine andere sein wird.

Fremdenrechtspaket auch auf der Agenda

Kaum ist dieses Thema abgehakt, kommt gleich die nächste heikle Materie zum Aufruf, wieder einmal ein Fremdenrechtspaket, das eine Verschärfung im Asylrecht bringt. Besonders kritisch gewürdigt wurde in der Begutachtung, dass Flüchtlingen eine Kostenbeteiligung zu ihrem Verfahren abverlangt werden kann und die Möglichkeit geschaffen wird, die Handys der Asylwerber zu durchsuchen, um ihren Anreiseweg zu klären.

Auch nicht jedermann schmecken dürfte, dass Österreich künftig einer EU-Vorgabe folgend systematisch Daten von Flugpassagieren sammeln und verarbeiten wird. Erfasst werden nicht nur Name, Geburtsdatum, Adresse und Kontaktangaben der Flugpassagiere, sondern auch andere Informationen, über die Fluglinien verfügen, beispielsweise Reiseverlauf, Zahlungsinformationen, Gepäcksangaben oder Namen von Mitreisenden.

Von Experten fast durchwegs positiv aufgenommen wurde, dass künftig Schaulustige, die Rettungseinsätze behindern oder Handyfotos von Unfallopfern machen, mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Euro rechnen müssen. Das gilt freilich erst dann, wenn sie sich trotz Abmahnungen nicht an die Anordnungen der Exekutive halten.

300-Euro-Rente steht am Donnerstag auf der Agenda

Ebenfalls auf der Donnerstag-Tagesordnung findet sich, dass auf Anregung der Volksanwaltschaft die Heimopferrenten ausgeweitet werden. Damit haben auch Personen, die als Kinder oder Jugendliche in Spitälern, in der Psychiatrie oder in städtischen Kinderheimen misshandelt wurden, Anspruch auf die 300 Euro-Rente.

Das Positiv-Thema der Plenarwoche schlechthin wird schon am Mittwoch abgehakt. Ab kommendem Jahr gilt im Steuerrecht ein Familienbonus, das ist ein Absetzbetrag von bis zu 1.500 Euro pro Kind und Jahr, wenn ausreichend Einkommensteuer bezahlt wurde. Bei Familien mit Jugendlichen über 18 Jahre beträgt die Entlastung bis zu 500 Euro im Jahr, solange Familienbeihilfe bezogen wird. Für gering verdienende Alleinerzieher- und -verdiener ist ein Kindermehrbetrag von zumindest 250 Euro pro Kind vorgesehen.

Ein Prestige-Projekt von Reformenminister Josef Moser (ÖVP) ist die Streichung von 2.450 nicht mehr benötigten Gesetzen und Verordnungen. Konkret geht es um Bestimmungen, die vor dem 1. Jänner 2000 kundgemacht wurden und nach Ansicht der jeweils zuständigen Ministerien obsolet geworden sind.

"Beraten statt Strafen"

"Beraten statt Strafen" soll künftig die Devise im Verwaltungsstrafrecht lauten. Damit müssten etwa Betriebe in Zukunft bei geringfügigen Verwaltungsübertretungen erst im Wiederholungsfall Strafe zahlen. Eine Freude wird auch der Versicherungswirtschaft gemacht. Das Rücktrittsrecht bei Lebensversicherungen wird nämlich neu geordnet, und das tendenziell zu Ungunsten der Konsumenten. Bisher galt, dass mangelhaft über ihr Rücktrittsrecht aufgeklärte Versicherungsnehmer potenziell ewig von ihrem Vertrag zurücktreten können.

Es gibt aber auch weniger erfreuliches für die Wirtschaft. Der eigentlich bereits beschlossene Deckel für Unternehmer-Strafen bei fehlerhaften Anmeldungen fällt nun doch wieder. Ursprünglich hätten die Bußen ab 2019 mit maximal 855 Euro abgegolten werden können.

(APA)

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