Minister Kickl will, dass keine Asylanträge mehr auf EU-Boden gestellt werden können. EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos hat der Idee eine Absage erteilt.
Wien. Österreich hat zum Auftakt des EU-Ratsvorsitzes eine radikale Reform des EU-Asylwesens ins Gespräch gebracht. Demnach sollen keine Asylanträge mehr auf EU-Boden gestellt werden, heißt es in einem in der Vorwoche bei einem Treffen in Wien vorgelegten Papier, dessen Authentizität Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal dem „Profil“ bestätigt hat.
Er bezeichnete das Papier als „Denkanstoß auf Beamtenebene“. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) bekräftigte aber gegenüber „Österreich“ am Sonntag, dass es durchaus das Ziel sei, „mittelfristig“ Plattformen für Migranten in Afrika zu schaffen. Es müsse „klar sein, dass in diesen Zentren keine Asylanträge gestellt werden– denn dann beginnt die Schlepperei von vorn“. Die Zentren sollen auch nicht von der EU, sondern von afrikanischen Staaten betrieben werden.
Im vorliegenden Papier ist als mögliches Ziel definiert: „Schaffung eines neuen, besseren Schutzsystems, bei dem keine Asylanträge mehr auf EU-Boden gestellt werden, außer wenn Schutzsuchende aus direkten Nachbarstaaten kommen und wenn keine Schutzmöglichkeiten zwischen der EU und dem Herkunftsland vorhanden sind.“ Auch vor der Quotenverteilung von Flüchtlingen wird gewarnt – es würde die EU destabilisieren.
EU-Innenkommissar lehnt Vorschlag ab
EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos hat der Idee eine Absage erteilt. "Externe Verfahren sind derzeit weder machbar noch wünschenswert", sagte er dem "Kurier" (Montagsausgabe). "Wir wollen die irreguläre Migration stoppen. Aber wir werden nicht die Hilfe einstellen für jene, die Schutz brauchen. Die bevorzugte Route für schutzbedürftige Menschen sollte über einen sicheren und geordneten Weg erfolgen, über Ansiedelungsprogramme", so Avramopoulos Die EU-Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, auf diesem Weg binnen der nächsten zwei Jahre 50.000 Flüchtlinge aufzunehmen. Derzeit könne Asyl nur innerhalb Europas vergeben werden.
Auf die Frage, ob die offenen Grenzen innerhalb Europas gefährdet seien, antwortete der Grieche: "Sie wären es, wenn nichts unternommen würde, um die äußeren Grenzen zu schützen, und wenn nicht gegen das Weiterziehen von Asylsuchenden von einem EU-Land vorgegangen würde. Aber das ist nicht der Fall. Das Wesentliche an Schengen ist das Ausbleiben innerer Grenzkontrollen. Solche dürfen nur vorübergehend und in Ausnahmesituation stattfinden. Das darf nicht ewig dauern."
Kritik der Opposition
Von SPÖ und Grünen kam zu dem Vorschlag ebenfalls Kritik. Der burgenländische Landeshauptmann, Hans Niessl (SPÖ), sagte in der ORF-„Pressestunde“ am Sonntag, dass Vorschläge der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechen müssen. Für Außenstellen an den Grenzen gebe es aber Konsens, und er begrüße auch eine beschleunigte Frontex-Verstärkung. Der Grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon ortete, dass Österreich nun Viktor Orbán rechts überholen wolle. (ath)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2018)