Österreich hat vorgeschlagen, dass keine Asylanträge mehr auf EU-Boden gestellt werden sollen - ebensowenig in Auffanglagern in Nordafrika, betont Vizekanzler Strache.
Österreich möchte zum Auftakt seines EU-Ratsvorsitzes eine radikale Reform des EU-Asylwesens diskutieren. Das bekräftigte Vizekanzler Heinz-Christian Strache am Montag. Er verteidigte in einem Interview im Ö1-"Morgenjournal" die Forderung der Regierung, wonach Migranten in sogenannten "Anlandeplattformen" in Afrika keine Asylanträge stellen sollen. In einem Papier, das vorige Woche bei einem Treffen in Wien vorgelegt wurde, schlug Türkis-Blau bekanntlich vor, dass "keine Asylanträge mehr auf EU-Boden gestellt werden" sollen.
"Es muss klar sein, dass in diesen Zentren keine Asylanträge gestellt werden, denn sonst hätten wir ja eine weitere Anziehung und es beginnt die Schlepperei von vorne", sagte Strache im ORF-Radio.
Es sei "selbstverständlich klar, dass man die Probleme anderer Kontinente nicht lösen" könne. Doch: "Wir müsse überlegen, wie wir durch Investitionen vor Ort in Afrika den Menschen Perspektiven bieten können", so Strache. Denn: "Was man nicht will, ist eine Massenimmigration."
Auf die Frage, wo künftig Asylanträge gestellt werden sollen, meinte Strache, das sei ein "Diskussionsfeld, das offen ist." Das könnte zum Beispiel in Botschaften sein.
"Massenmigration aus Wirtschaftsgründen"
Auf den Einwand, dass es in vielen Krisenregionen keine Möglichkeit gebe, in Botschaften um Asyl anzusuchen, sagte der Vizekanzler: "Deshalb sind wir ja in einem Diskussionsprozess." Und weiter: "Aber selbstverständlich muss uns allen klar sein, dass wir die vielschichtigen Probleme anderer Kontinente nicht dadurch lösen werden können, dass wir die Transfers nach Europa organisieren." Ziel sei es, die "Massenmigration aus Wirtschaftsgründen" zu stoppen, sagte Strache.
Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal hatte das Papier, das vorige Woche vorgelegt wurde, als "Denkanstoß auf Beamtenebene" bezeichnet. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hatte danach aber gesagt, es sei durchaus das Ziel, mittelfristig Plattformen für Migranten in Afrika zu schaffen. In dem Text hatte es auch geheißen, dass auch dann keine Asylanträge mehr auf EU-Boden gestellt werden sollen, wenn Schutzsuchende aus direkten Nachbarstaaten kommen.
UNHCR: Asylantrag an Grenze muss möglich sein
Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR zeigte sich kritisch zu der Idee, Asylanträge nur noch außerhalb der EU stellen zu können. Es müsse weiterhin die Möglichkeit geben, an der Grenze einen Antrag stellen zu können, sagte der Leiter des UNHCR-Büros in Österreich, Christoph Pinter.
Jeder Mensch auf der Flucht habe das Recht, einen Asylantrag stellen zu können und es sei die Verpflichtung der Staaten, diesen auch zu prüfen. Die Genfer Flüchtlingskonvention habe "maßgeblich" den Schutzgedanken vor Augen.Dafür brauche es dringend "gemeinsame Lösungen".
Die Versorgung der Asylwerber müsse "nicht unbedingt" in der EU stattfinden, jedenfalls aber in Ländern, die gewisse Kriterien dafür erfüllen. Libyen komme dafür definitiv nicht in Frage, bekräftigte Pinter. Auch eine "Anlandeplattform" in dem nordafrikanischen Land kann sich der Österreich-Chef des UNHCR nicht vorstellen, wie er bereits vergangene Woche nach dem EU-Gipfelbeschluss zu den Plattformen wissen ließ.
Erneut appellierte Pinter an die österreichische Regierung, Wege der legalen Einwanderung zu fördern und sich wieder an Resettlement-Programmen zu beteiligen. Angesichts der rückläufigen Ankunftszahlen von Migranten in der EU könne man außerdem nicht davon sprechen, dass es eine neue Flüchtlingskrise gebe oder mit dieser gerechnet werden müsse, sagte Pinter zu entsprechenden Warnungen der österreichischen Bundesregierung in dem Papier.
>>> Strache im Ö1-"Morgenjournal"
(bin/APA)